Mit genügend Feingefühl
Philosophieunterricht
Zu „Diskriminierung per Schulbuch“(RP vom 17. Februar):„Das Ungeheure, das einem Menschen eingeräumt wird, ist die Wahl, die Freiheit.“Dieses Zitat des Philosophen Kierkegaard scheint im Schulbereich keine Gültigkeit zu besitzen. Nach langjähriger eigener Lehrerfahrung in der Oberstufe bin ich doch sehr verwundert, dass eine bestimmte Themenstellung im Philosophieunterricht zwecks Diskussion über ethische Normen derartig hohe Negativ-Wellen geschlagen hat. Die in der Aufgabe angesprochene Thematik von Zwangsverheiratung
(eine durchaus noch gängige Praktik in so manchen Nicht-EU-Staaten) sowie eine so erwirkte Aufenthaltserlaubnis zu problematisieren, erscheint mir durchaus sinnvoll und wichtig. Hier werden konkrete Probleme aus dem Ethikbereich tangiert, darüber muss im Philosophieunterricht diskutiert werden dürfen, auch anhand eines konkreten Beispiels wie hier des türkischen, das als Beispiel ja keinen unmittelbaren Realitätsanspruch erhebt. Ich unterstelle einmal, dass der erwähnte Kollege die Diskussion insgesamt mit genügend Feingefühl gesteuert und das Thema durchaus kritisch beleuchtet hat. Stattdessen unterstellt Frau Krings in ihrem Beitrag dem Lehrer fehlendes Nachdenken bei der Unterrichtsvorbereitung, da er sonst die heikle Aufgabe aus einem zugelassenen Lehrwerk nicht hätte stellen dürfen, sondern die Textauswahl hätte „verhindern müssen“. Ein solches Statement hätte meines Erachtens dringend durch eine vorherige investigative Recherche in dem betroffenen Kurs (inklusive Lehrer) gestützt werden müssen. Weder der Philosophielehrer noch ein Schüler oder eine Schülerin kommen zum Diskussionsverlauf zu Wort. Ursula Hecht Mönchengladbach