Rheinische Post

Preise für Lebensmitt­el steigen weiter

Bereits nächste Woche werden zum Beispiel beim Discounter Aldi bestimmte Produkte teurer. Steigende Kosten treiben die Inflation – und das im gesamten Euroraum. Der Handelsver­band HDE sieht aber keinen Versorgung­sengpass.

- VON MISCHA EHRHARDT

Am Wochenende dürften die Druckmasch­inen beim Discounter Aldi Nord heißlaufen. Denn bereits für Montag plant die Supermarkt­kette, den Wurst- und Fleischwar­en in den Kühlregale­n neue Preisschil­der zu verpassen. „Seit Beginn des Ukraine-Kriegs gibt es Sprünge bei den Einkaufspr­eisen, die wir so noch nicht erlebt haben“, sagt Aldi-Nord-Kommunikat­ionschef Florian Scholbeck. Ebenfalls verteuern wird sich die Butter in den nördlichen Aldi-Filialen.

Nun ist Aldi Nord in Sachen Preiserhöh­ung keine Ausnahme, sondern ein Beispiel für viele andere Händler – insbesonde­re von Lebensmitt­eln. „Wir haben in den letzten sechs Monaten bereits deutlich steigende Lebensmitt­elpreise gesehen, insbesonde­re in den Bereichen Fleisch, Molkereipr­odukte und Gemüse“, sagt Stefan Genth, Hauptgesch­äftsführer des deutschen Einzelhand­elsverband­es

HDE. Nun aber habe sich die Situation durch den Krieg in der Ukraine noch einmal ganz deutlich verschärft. „Wir sehen, dass die Energie-, die Produktion­s- und die Logistikko­sten wesentlich höher sind. Dabei treffen die steigenden Sprit- und Energiepre­ise die Handelsunt­ernehmen direkt. Aber eben auch ihre Zulieferer, die Produzente­n – bis hin zur Landwirtsc­haft.“

Nach Angaben des Ifo-Institutes in München planen jüngsten Umfragen zufolge mindestens 94 Prozent der Unternehme­n, ihre Preise in den kommenden drei Monaten zu erhöhen. „Der Angriff Russlands auf die Ukraine treibt nicht nur die Energiekos­ten in die Höhe, sondern auch die Preise vieler Agrarrohst­offe“, sagt der Leiter der Ifo-Konjunktur­prognosen, Timo Wollmershä­user. Beim HDE heißt es, die ersten Handelsket­ten hätten schon mit Preisanheb­ungen begonnen. Zeitnah werde man das in allen Supermarkt­ketten an den Regalen ablesen können.

Neben höheren Kosten für Energie, Sprit und andere Rohstoffe treibt die Preise auch die Tatsache, dass Dünger und Tiernahrun­g vielfach aus Russland oder der Ukraine kommen. Diese Lieferunge­n fallen aus, also herrscht Knappheit, die die Preise treibt. Denn Russland und die Ukraine müssen nun als Lieferante­n ersetzt werden; neue Lieferkett­en müssen entstehen, sie bauen sich erst langsam auf.

Keine Sorgen müsse man sich allerdings machen, dass hierzuland­e die Nahrungsmi­ttel knapp werden, heißt es beim Handelsver­band HDE. „Wir haben in Deutschlan­d überhaupt keine Lebensmitt­elknapphei­t, weil wir in ganz vielen Bereichen mehr produziere­n, als wir selber verbrauche­n“, so Genth. Deswegen stoßen auch allerorts beobachtba­re „Hamsterkäu­fe“bei Speiseöl und Mehl auf Unverständ­nis bei den Verbänden. „Natürlich gibt es nach wie vor genügend Speiseöl hierzuland­e. Auch bei Mehl ist das der Fall. Deswegen kann man nur an die Kundinnen und Kunden appelliere­n, diese ‚Hamsterkäu­fe‘ zu unterlasse­n“.

Doch nicht nur in Deutschlan­d, sondern auch in anderen Weltregion­en und dem übrigen Europa steigen die Preise. So ist die Inflation im Euroraum im März auf 7,5 Prozent im Jahresverg­leich gestiegen – das stärkste Plus, das je im Euroraum gemessen wurde. In Deutschlan­d lag die Teuerung im März mit 7,3 Prozent nur leicht darunter.

Damit rückt zum einen das Ziel der Europäisch­en Zentralban­k in weite Ferne. Die Währungshü­ter in Frankfurt streben eine Inflations­rate von rund zwei Prozent an. Zum anderen steigt der Druck auf die EZB gegenzuste­uern. Im Sommer will die Zentralban­k ihre Anleihekäu­fe beenden. Beobachter gehen davon aus, dass es dann bereits in der September-Sitzung des Rates der EZB zu einer ersten Zinserhöhu­ng kommen könnte.

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