So wird man zum Skipper
Mit einer Jacht übers Wasser zu segeln, das ist für viele Menschen der Inbegriff von Freiheit. Doch wer auf See frei sein will, muss erst mal für Prüfungen büffeln. Und sich ein Boot beschaffen.
Jachtsegeln verbinden viele mit Freiheit. Und es wird beliebter. Erst recht seit Beginn der Corona-Pandemie. Diesen Eindruck bestätigt Christiane Perlewitz vom Deutschen Segler-Verband (DSV ). Die Anfragen nach Mitgliedschaften in Segelvereinen und das Interesse an Liegeplätzen haben zugenommen, sagt sie. Auch der Gebrauchtbootmarkt war zeitweise leergefegt. „Was noch schwimmt, wird gekauft und wieder fit gemacht“, sagen Insider.
Interessenten sollten sich mehr denn je unabhängig beraten und das Objekt ihrer Begierde von einem Gutachter prüfen lassen. Sonst folgt auf das Glücksgefühl beim Bootskauf bald die Ernüchterung, und die Reparaturkosten fressen das Ersparte auf.
Generell sollte man sich bewusst sein: Bootseigner sein, das klingt gut, ist aber kein billiger Spaß. Denn mit dem Kaufpreis ist es nicht getan. Liegeplatz, Wartung, Versicherung und Überwinterung verschlingen schnell Tausende Euro pro Jahr.
Viele Seglerinnen und Segler schließen sich deshalb zu Eignergemeinschaften zusammen, andere chartern lieber. „Wer sich nur ab und an ein Boot für den Urlaub ausleiht, zahlt dafür nicht mehr als für ein Hotel mit See- oder Meerblick“, schätzt Jochen Rieker, Chefredakteur des Segelmagazins „Yacht“.
Seine Hefte sind voll mit Angeboten von Charter-Firmen und sogenannten Jacht-Maklern wie Bavaria Yacht Broker, die – ähnlich wie Mietwagenvergleichsportale – Jachten von kleinen Vercharterern weltweit online anbieten. Der dritte Weg zur Charterjacht führt über große Anbieter wie Sunsail, die weltweit eigene Jachten vermieten.
Die schwimmende Ferienunterkunft verursacht abgesehen von etwas Kosten für Diesel keine Ausgaben mehr, wenn gesegelt oder in Buchten geankert wird. In Marinas und in Häfen fallen wie auf Camping-Plätzen Liegegebühren an. In Deutschland sind das meist weniger als 25 Euro pro Tag für ein zwölf Meter langes Schiff, im Mittelmeer zahlt man aber oft ein Vielfaches davon.
Bevor der Traum vom selbstständigen Jachtsegeln in Erfüllung gehen kann, muss man erstmal Segeln lernen. Der Sportbootführerschein (SBF) ist die Eintrittskarte. Für Binnengewässer benötigt man den SBF Binnen, für das Meer den SBF See, sofern das Boot einen mehr als 15 PS starken Motor hat. Auf die Prüfungen vorbereiten kann man sich etwa in
Vereinen, Segelschulen oder Online-Kursen. In der Theorie-Prüfung müssen 30 aus 300 möglichen Fragen im MultipleChoice-System beantwortet werden. Das ist keine Zauberei. Schwieriger sind da schon die Navigationsaufgaben auf Seekarten.
Bei der Praxis-Prüfung werden verschiedene Manöver abverlangt. Pflicht sind das An- und Ablegen sowie die Rettung eines über Bord gegangenen Menschen und für den SBF See noch Steuern nach Kompass und Peilen. Weitere Manöver können je nach Schein etwa Segel setzen und bergen oder kursgerechtes Aufstoppen sein.
Die Praxis-Ausbildung wird oft vernachlässigt, findet „Yacht“-Chefredakteur Rieker. Er rät bei der Wahl der Schule darauf zu achten, wie viel Stunden Fahrzeit bis zur Prüfung garantiert sind. „Das sind mitunter gerade mal 45 Minuten. Unserer Einschätzung nach sollten es fünf Stunden pro Person sein“, sagt Rieker.
Rein rechtlich reicht der einschließlich Prüfungsgebühren rund 500 Euro teure SBF See, um mit der eigenen Privatjacht über die Meere zu schippern. Wer beispielsweise im Urlaub ein Boot ausleihen möchte, muss jedoch bei den meisten Vercharterern den Sportküstenschifferschein (SKS) vorweisen. Dies ist zwar kein offizieller Führerschein, aber der einzig international anerkannte Nachweis, dass man eine Jacht sicher führen kann.
Die Prüfung beinhaltet mehr Theorie – etwa komplexere Navigation, um Routen notfalls ohne Zuhilfenahme moderner GPS-Geräte planen zu können – und vor allem mehr Praxis. „Erst in SKS-Kursen lernen viele Jachtsegeln“, sagt Skipper Andreas Lehn, der auf der italienischen Insel Elba Segelschüler ausbildet.
Ist auch der mit Schulung rund 500 Euro kostende SKSSchein bestanden und für Boote mit Funkgerät zudem noch die obligatorische Funkzeugnis-Prüfung abgelegt, steht der großen Freiheit auf See nichts mehr im Weg. Dennoch rät Jochen Rieker zur Vorsicht: „Segeln ist ein Erfahrungssport. Man sollte es anfangs ruhig angehen lassen, Skipper-Trainings absolvieren und vielleicht in Gemeinschaft anderer segeln – in geführten Flottillen zum Beispiel.“
Beim Flottillensegeln begleitet ein Führungsboot eine Gruppe von Charterjachten. Solche Flottillen bieten Service rund um die Routenplanung und Hilfestellung beim An- und Ablegen, erklärt Ingela Wilhelm von Sunsail. „Sie sind eine entspannte Form des Segelurlaubs und daher sehr gefragt.“