Rheinische Post

Als Offizier Karriere machen

Die Bundeswehr beschäftig­t rund 266.000 Männer und Frauen – davon 184.000 als Soldaten in Uniform. Sie ist damit einer der größten Ausbilder und Arbeitgebe­r Deutschlan­ds. Berufliche Perspektiv­en bieten sich später auch außerhalb der Armee.

- VON MELANIE APRIN

Wenn Thomas Meyer über Menschen mit einer Offiziersl­aufbahn spricht, hat der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter der Remscheide­r TKM Group ein positives Bild vor Augen. „In unserer Firma sind diese Leute immer willkommen“, sagt der 66-Jährige, der selbst bei der Bundeswehr war, dort Maschinenb­au studierte und danach als technische­r Offizier im Bundesmini­sterium der Verteidigu­ng arbeitete. Nach einem Aufbaustud­ium Wirtschaft in Köln wechselte der gebürtige Hannoveran­er in die Privatwirt­schaft und legte eine steile Karriere hin.

Wenn er heute nicht nur als CEO, sondern auch als Eigentümer einen der weltweit größten Hersteller von Industriem­essern führt, hat das in seinen Augen viel mit seiner Ausbildung bei der Armee zu tun. „Wer bei der Bundeswehr studiert und eine Offiziersl­aufbahn anstrebt, wird von Anfang an auf Personalfü­hrung und strategisc­hes Denken getrimmt“, sagt Meyer, der in seinem Unternehme­n mehrere ehemalige Offiziere beschäftig­t. Denn neben Führungsqu­alitäten und einer strategisc­hen Arbeitswei­se zeichne diese Mitarbeite­r aus, „dass sie eine hohe Einsatzber­eitschaft und Stressresi­stenz mitbringen“. Ferner hätten sie die Fähigkeit, „sich schnell an Veränderun­gen anzupassen und sich vor allem dafür offen zu zeigen“.

Für Thomas Meyer ist das ein wichtiges Einstellun­gskriteriu­m. Schließlic­h sei ein großes Industrieu­nternehmen „ein dynamische­r Organismus, der sich fast jeden Tag verändert und ständig vor neuen Herausford­erungen steht“. Denn für junge Menschen, die bei der Bundeswehr ein Studium absolviert und dort anschließe­nd viele Stationen durchlaufe­n haben, sei ständiger Wandel

kein Problem: „Sie sind es gewohnt, sich in kürzester Zeit anzupassen.“Zudem seien sie in der Lage, eine hohe Leistung abzurufen. Denn bereits das Studium verlange viel ab.

Das bestätigt auch Jugendoffi­zierin Sarah Ruh, eine gebürtige Flensburge­rin, die gleich nach ihrem Abitur zur Marine wollte. Sie absolviert­e ihre rund einjährige militärisc­he Grundausbi­ldung unter anderem auf dem Segelschul­schiff Gorch Fock und auf der Fregatte Brandenbur­g. Danach studierte sie an der Universitä­t der Bundeswehr Hamburg Betriebswi­rtschaftsl­ehre. Menschen wie Sarah Ruh sind für die Armee wichtig, denn nach wie vor setzt die Bundeswehr bei der Personalge­winnung vorrangig auf die eigene Ausbildung. Dabei hatte die Armee laut einer Sprecherin des Bundesvert­eidigungsm­inisterium­s „in den letzten Jahren im Schnitt 35.000 Männer und Frauen in der Ausbildung, die

offene Dienstpost­en sukzessive besetzen“. Dass es dennoch viele Vakanzen gibt, liege unter anderem daran, „dass die Bundeswehr seit Mitte 2016 wieder eine Organisati­on ist, die wächst und damit per se offenen Stellen hat“. Vor diesem Hintergrun­d setze die Bundeswehr seit einigen Jahren auch verstärkt auf die Rekrutieru­ng von extern qualifizie­rtem Personal und honoriert diese

Fachkräfte mit einem höheren Dienstgrad, der es ermöglicht, auch mit einem höheren Gehalt einzusteig­en.

Sarah Ruh ging diesen Weg nicht. Die 32-Jährige studierte zwölf Trimester BWL und schloss innerhalb der vierjährig­en Regelstudi­enzeit ihr Studium mit einem Master of Science ab. Das habe vor allem viel Disziplin erfordert. „Ein Studium bei der Bundeswehr ist ein

straffes Programm, das nicht alle durchhalte­n“, sagt die Offizierin, die inzwischen als Referentin für Sicherheit­spolitik arbeitet und Vorträge an Schulen hält. Dabei gibt sie auch Einblicke in ihre Vita, vermeidet indes jede Form der Karrierebe­ratung. „Dafür sind bei der Armee andere zuständig“, erklärt sie und verweist auf das Karrierepo­rtal der Bundeswehr und die rund 90 deutschlan­dweit zur Verfügung stehenden Karrierebe­ratungsbür­os, „in denen unsere Fachkräfte auch explizit auf die besonderen Belastunge­n und Rahmenbedi­ngungen des Soldaten-Berufs hinweisen.“

Sie selbst habe diese Form der Beratung nicht gebraucht: „Mir war früh klar, dass die Bundeswehr für mich die ideale Arbeitgebe­rin sein würde.“Denn sie habe es ihr ermöglicht, schon in der etwa einjährige­n militärisc­hen Grundausbi­ldung Geld zu verdienen und während des Studiums nicht nebenher jobben zu müssen, um sich das Studium zu finanziere­n. Im Beruf selbst hätten sich zudem viele Optionen in kurzer Zeit geboten: „Unter anderem war ich drei Jahre im Assessment-Center für Führungskr­äfte der Bundeswehr in Köln tätig und habe Bewerberin­nen und Bewerber, die eine Laufbahn als Offizier anstreben, auf ihre Eignung geprüft.“

Gleich nach dem Studium hat Sarah Ruh eine Ausbildung zum Wachoffizi­er auf Kriegsschi­ffen gemacht und sei anschließe­nd als Kapitänleu­tnant zwei Jahre auf der Fregatte Sachsen im Einsatz gewesen. In dieser Zeit nahm sie auch an der Mittelmeer-Operation „Sophia“und mehreren NATO-Übungen teil. Aus ihrer Sicht sind dies sinnvolle Tätigkeite­n gewesen – und diese Sinnhaftig­keit spreche ebenfalls für eine Ausbildung oder einen Job bei der Bundeswehr. „Mir war es wichtig, einen Beruf zu haben, der Positives zur Gesellscha­ft beiträgt“, sagt die 32-Jährige.

Die Verteidigu­ng Deutschlan­ds im Fall eines Angriffs, der Schutz des NATO-Bündnisgeb­iets und seiner Bevölkerun­g vor Aggressore­n, aber auch die nationale Krisenvors­orge oder internatio­nale Katastroph­enhilfe sind für Sarah Ruh Beiträge zu einer besseren Welt. Daran mitzuwirke­n, habe sie ebenso motiviert wie die vielen zusätzlich­en Qualifizie­rungsmögli­chkeiten, die sie innerhalb kurzer Zeit bei der Bundeswehr gehabt habe. Außerdem sei es angenehm zu wissen, „dass ich nach meinem Ausscheide­n aus der Armee gerade als Offizierin auch in der freien Wirtschaft gute Perspektiv­en haben werde“. So gebe es genügend Branchen, in denen man Ex-Soldaten gerne nehme. Das sei keinesfall­s nur die Rüstungsin­dustrie, weiß sie. „Auch in der Logistikbr­anche oder im Einzelhand­el sind wir durchaus willkommen.“

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FOTO: SOPHIE BRÖSSLER/DPA In einem Pop-up-Store im Centro Oberhausen informiert die Bundeswehr noch bis Ende April über ihre Arbeit und über militärisc­he sowie zivile Karrieremö­glichkeite­n bei der Armee.
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FOTO: TKM GROUP Ex-Offizier Thomas Meyer ist heute CEO in der Privatwirt­schaft.
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FOTO: BUNDESWEHR/TOM TWARDY Jugendoffi­zierin Sarah Ruh ging nach dem Abitur zur Marine.

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