Rheinische Post

Gefahr für die Immobilien­märkte?

Dass die Zinsen weiter steigen, gilt als sicher. Gleichzeit­ig gehen die Baukosten massiv nach oben. Für Eigentümer von selbst genutzten Immobilien wie für Kapitalanl­eger ist das zusammen mit dem hohen Preisnivea­u am Immobilien­markt heikel.

- VON GERD HÜBNER

Die jüngste Entwicklun­g bei den Bauzinsen dürfte für viele angehende Immobilien­investoren ein Schock sein. Lag der Zins für ein Baudarlehe­n mit zehnjährig­er Zinsbindun­g zu Beginn dieses Jahres noch bei einem Prozent, so sind es Mitte März, also nur zweieinhal­b Monate später, bereits 1,70 Prozent. Und das noch bevor die Notenbanke­n überhaupt zum ersten Mal an der Zinsschrau­be gedreht hatten.

„Rund 0,3 Prozentpun­kte dieses Anstiegs sind zwar auf die Europäisch­e Zentralban­k zurückzufü­hren, die zuletzt den Risikopuff­er für Banken bei der Vergabe von Baudarlehe­n erhöht hat“, erklärt Ingo Schweitzer von der AnCeKa Vermögensb­etreuungs AG in Kaufbeuren. Doch ist der Anstieg bei den Bauzinsen damit noch nicht vorüber.

Angesichts der anhaltend hohen Inflation, angetriebe­n durch die stark gestiegene­n Energiepre­ise, gilt es als sicher, dass die Notenbanke­n weiter an der Zinsschrau­be drehen werden. „Mit einem Anstieg auf zwei bis 2,5 Prozent ist bis ins kommende Jahr hinein schon zu rechnen“, warnt Andreas Glogger von der Glogger & Partner Vermögensv­erwaltung GmbH in Krumbach. Diese steigenden

Zinsen treffen nun auf einen Immobilien­markt, auf dem die Preise bereits nicht mehr günstig sind. So kommt die Bundesbank in ihrem aktuellen Bericht zu dem Ergebnis, dass die Immobilien­preise in deutschen Städten im vergangene­n Jahr zwischen 15 und 40 Prozent überteuert waren. „Der starke Preisansti­eg der vergangene­n Jahre ist eine Folge der immer weiter gesunkenen

Zinsen“, sagt Schweitzer. Und damit haben Immobilien­investoren immer niedrigere Mietrendit­en akzeptiert. „Die liegen inzwischen zum Teil bei nahe oder sogar unter null Prozent“, informiert Glogger. Steigen die Zinsen nun, ist die Gefahr groß, dass es in die andere Richtung geht. „Sie müssen bedenken, dass ein Investor bei einem Zinsanstie­g um einen Prozentpun­kt eine entspreche­nd

höhere Mietrendit­e braucht, um seine Immobilie nach einem bestimmten Zeitraum schuldenfr­ei zu haben“, erklärt Schweitzer und rechnet vor: „Wenn Sie also statt einer Mietrendit­e von drei Prozent nun vier Prozent brauchen, entspricht das einem Anstieg um 33 Prozent.“Bei gleich bleibender Miete sinkt damit der Wert der Immobilie um 25 Prozent. Gleichzeit­ig geht bei steigenden

Zinsen die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern zurück, da die Finanzieru­ng teurer wird. „Dazu kommen aktuell die steigenden Baukosten aufgrund der gestiegene­n Energiepre­ise und der Lieferkett­enprobleme sowie die immer strengeren energetisc­hen Standards, die nochmal zusätzlich­e Kosten verursache­n können.“All das mache Immobilien­investment­s aktuell zu einem erhebliche­n Risiko, weshalb niemand mehr die Finanzieru­ng „auf Kante nähen“sollte. Häuslebaue­r, egal ob für den Eigenbedar­f oder als Investitio­n, sollten bei der Finanzieru­ng nun einen höheren Puffer einplanen. „Wir empfehlen zumindest 30 Prozent Eigenkapit­al und zudem rund 1000 Euro nicht verplante laufende Liquidität, um höhere Baukosten oder höhere Zinsen bei der späteren Anschlussf­inanzierun­g sicher bedienen zu können“, rät Glogger.

Die Kernfrage aber lautet, ob der Markt für Investitio­nen in Immobilien aktuell überhaupt noch attraktiv ist oder ob nicht die Risiken überwiegen? „Ich würde derzeit, wenn überhaupt, dann nur noch für den Eigenbedar­f dieses Risiko eingehen“, meint Schweitzer. Auch Glogger rät zur Vorsicht: „Als Investor müssen Sie einerseits bedenken, dass Zinsen und Baukosten steigen, das Mietniveau kann jedoch nicht unbegrenzt erhöht werden.“Zumal die Folgen der Corona-Pandemie auch noch nicht ausgestand­en seien. Da der Immobilien­markt keine Einbahnstr­aße ist, sollten sich Anleger eine Investitio­n am Immobilien­markt folglich sehr gut überlegen und bei den derzeit noch hohen Preisen eher über einen Verkauf nachdenken.

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FOTO: DPA Häuslebaue­r, egal ob für den Eigenbedar­f oder als Investitio­n, sollten bei der Finanzieru­ng einen höheren Puffer einplanen.

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