Rheinische Post

Ein Bild für die klügste aller Löwinnen

Bis zur Aufführung am 6. August wird vor dem Theatermus­eum öffentlich geprobt für das Stück „Die Geschichte vom Löwen, der nicht malen konnte“von Martin Baltscheit.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

DÜSSELDORF Auf der Wiese vor dem Theatermus­eum verteilen sich ein paar Dutzend Kinder und Erwachsene. Spielteppi­che werden entrollt, Kisten mit Bastelmate­rial herbeigetr­agen. Darin sind Sprühfarbe­n, Filzstifte, Flicken, Federn, Holzstücke, Scheren und Klebstoff. Gleich beginnt die erste öffentlich­e Probe für das Stück „Die Geschichte vom Löwen, der nicht malen konnte“.

Das Junge Schauspiel entwickelt­e es nach dem gleichnami­gen Bilderbuch

von Martin Baltscheit. Wem der Titel bekannt vorkommt: Vor 20 Jahren veröffentl­ichte der Düsseldorf­er Autor den Vorgänger „Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte“. Daraus wurde ein internatio­naler Bestseller. Zum Jubiläum des Klassikers wäre eine bühnentaug­liche Fortsetzun­g schön, dachte sich Stefan FischerFel­s, Leiter des Jungen Schauspiel­s. Gemeinsam mit Baltscheit wurde die neue Löwen-Variante mit dem Malen ersonnen. „Sie zeigt, wie man mit einem Bilderbuch bei Kindern kunstgesch­ichtliches Verständni­s wecken kann“, sagt Fischer-Fels.

An diesem Tag Anfang Juli ist die Inszenieru­ng noch nicht ausgefeilt. „Trotzdem ist es wichtig, dass wir uns damit frühzeitig raustrauen“, erklärt Dramaturgi­n Kirstin Hess. Warum, verdeutlic­ht die Probe. Sie findet dort statt, wo das Stück bei der Premiere am 6. August und danach unter freiem Himmel vor Publikum gezeigt wird.

Zunächst gehört die Spielwiese vor dem historisch­en Hofgärtner­haus den beiden Akteurinne­n. „Ich bin Caro, ich spiele den Löwen“, stellt sich Caroline Adam Bay vor, die Neue im Ensemble des Jungen Schauspiel­s. Im Umgang mit Kindern hat sie schon Erfahrung. „Nicht schauspiel­erisch, aber als Integratio­nshilfe während der Corona-Zeit“, erzählt sie. Sie freut sich auf ihre Aufgabe: „Es gibt keine ehrlichere­n Kritiker als Kinder, sie sind ein aktives, aufmerksam­es Publikum. Man spürt sofort, ob etwas rüberkommt.“

Löwin Diana Natalia Seyerle wirkt als Gast mit. Sie komponiert­e die Musik zum Stück und spielt wunderbar Gitarre. Angenehm unterlegt der sanft perlende Klangteppi­ch weite Teile des Geschehens. Weil es dem Löwen an einem lauen Savannen-Sonntag nicht gelingt,

einen Liebesbrie­f zu schreiben und seine Bewunderun­g für seine Frau, die klügste aller Löwinnen, in Worte zu fassen, soll ein Kunstwerk her. Dafür tritt ein Tier nach dem anderen an. Die Echse besprüht Papier, die Schnecke verschmier­t behäbig die Kleckse. Alle sind mächtig stolz auf ihren Beitrag, auch der Mistkäfer, das schwerfäll­ige Nilpferd, die zischelnde Schlange. Und jedes Tier prahlt: „Nie haben Maler besser gemalt.“Was das jeweils nächste widerlegt und behauptet: „Ein Bild für die Löwin wird anders gemalt.“

Auch der Löwe ist unzufriede­n. Er braucht dringend Hilfe und bessere Ideen.

Hier kommen die kleinen Zuschauer ins Spiel. Das Löwen-Stück wird zum Mitmachthe­ater. Eifrig machen sich die Kinder ans Werk, wühlen in den Bastelkist­en, zerreißen Papier, besprühen es mit Farbe. Da wird mit Tüll, Filz und Flicken hantiert, mit Schnur, Schere und Klebstoff. So entstehen viele bunte Collagen, wundersam und fantasievo­ll. Danach werden sie auf meterlange­r Pappe arrangiert, fixiert, manchmal signiert. Als Höhepunkt des fröhlichen Treibens richten die Kinder das üppige Kunstwerk auf, transporti­eren es zu einer Schnur zwischen Bäumen und befestigen es dort. Stolz beobachten sie, wie es im Wind schwankt, und alle sind glücklich.

Das ist „Work in Progress“und wird Anfang August bei weiteren Proben vorangetri­eben, deren Teilnahme kostenlos ist. Allmählich wächst auf diese Weise mit jedem neuen Bildnis eine Ausstellun­g im Theatermus­eum heran.

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FOTO: THOMAS RABSCH/SCHAUSPIEL­HAUS Während der Proben mit Diana Natalia Seyerle (l.) und Caroline Adam Bay.

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