Rheinische Post

Kaum Geld für schwarz-grüne Projekte

Die nordrhein-westfälisc­he Landesregi­erung hat teure Pläne. Wenn das Entlastung­spaket des Bundes umgesetzt wird, dann wird es für die Vorhaben im kommenden Jahr kaum mehr Spielraum geben, warnt nun der Finanzmini­ster.

- VON SINA ZEHRFELD

DÜSSELDORF Nordrhein-Westfalen fürchtet, dass das geplante dritte Entlastung­spaket des Bundes für Bürger und Wirtschaft die Projekte der schwarz-grünen Landesregi­erung gefährdet. „Da ist der Spielraum, neue Dinge umzusetzen, die die Koalition für wichtig hält, gering bis null“, fasste es am Montag NRWFinanzm­inister Marcus Optendrenk (CDU) in Worte. Das Maßnahmenb­ündel würde für NRW so teuer, dass man zumindest für das Jahr 2023 kaum noch Geld für Inhalte aus dem „Zukunftsve­rtrag“der Landesregi­erung hätte, hieß es aus seinem Ministeriu­m. Denkbar seien vielmehr drastische Sparmaßnah­men.

Im Entlastung­spaket mit einem Volumen von rund 65 Milliarden Euro sind unter anderem eine Strompreis­bremse, Einmalzahl­ungen, eine Nachfolge für das Neun-Euro-Ticket sowie verschiede­ne Erleichter­ungen bei Steuern und Abgaben enthalten, die sich – neben der Entwicklun­g der Konjunktur

– in Bund und Ländern auf die Einnahmen auswirken würden. Nach Berechnung­en, die das NRWFinanzm­inisterium anstellt, würde das Paket den Landeshaus­halt in 2023 mit über drei bis über dreieinhal­b Milliarden Euro belasten. Man geht davon aus, dass Bund und Länder die Maßnahmen am Ende etwa je zur Hälfte bezahlen würden. Anderslaut­ende Zahlen und verschiede­ne grundlegen­de Prognosen des Bundes zieht man in NRW in Zweifel. Ein Beispiel ist die sogenannte Inflations­prämie: 3000 Euro Gehaltszus­chlag, die Arbeitgebe­r ihren Beschäftig­ten steuer- und abgabenfre­i zahlen können. Der Bund geht davon aus, dass davon fünf Millionen Empfänger profitiere­n werden. Das Land vermutet, dass das viel zu tief angesetzt ist.

Zugleich hätten die Bundesländ­er wenig Möglichkei­ten, sich finanziell Luft zu schaffen. So seien hohe Personalko­sten und auch die Basisfinan­zierung der Kommunen Ländersach­e: „Wir können nicht mal eben sagen, da strecken wir was – das frieren wir ein“, hieß es aus dem Finanzmini­sterium.

Noch im September will das Finanzmini­sterium einen Nachtragsh­aushalt für das laufende Jahr präsentier­en. Der Ärger um das Entlastung­spaket birgt Zündstoff für die NRW-Koalition. Schließlic­h sitzen die Grünen im Bund wie im Land mit in der Regierung. Die CDU hingegen ist auf Bundeseben­e

in der Opposition. NRW-Ministerpr­äsident Hendrik Wüst (CDU) hat bereits damit gedroht, die Länder könnten die Pläne im Bundesrat blockieren. NRW-Sozialmini­ster Karl-Josef Laumann untermauer­t seine Kritik: „Der Bund arbeitet mit ungedeckte­n Schecks. Es geht hier um gewaltige Summen, die auch die Länder schultern müssten – ohne dass mit den Ländern vorher geredet worden ist“, so Laumann. „Ich habe zudem deutliche Zweifel, ob das Paket wirklich zielgenau ist: Was ist mit Menschen mit geringen Einkommen, die kein Wohngeld beziehen? Einmalzahl­ungen alleine dürften hier nicht ausreichen, um die Kostenstei­gerungen einigermaß­en auffangen zu können.“

Die NRW-Wirtschaft­sministeri­n Mona Neubaur (Grüne) wiederum stellt sich hinter den grünen Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck. „Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium arbeitet intensiv an weiteren Maßnahmen, um den Mittelstan­d zu unterstütz­en. Dazu brauchen wir aber auch die Bereitscha­ft des

Bundesfina­nzminister­s, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen“, so Neubaur.

Die Opposition im Landtag verlangt von der Landesregi­erung, „den Schultersc­hluss mit dem Bund zu suchen“, so der finanzpoli­tische Sprecher der SPD-Fraktion, Stefan Zimkeit. Sie müsse außerdem „alle eigenen Spielräume nutzen, um zum Beispiel durch die Abschaffun­g der Kita-Gebühren insbesonde­re Familien mit mittleren und kleineren Einkommen zu unterstütz­en“.

„Hendrik Wüst ist offensicht­lich die parteipoli­tische Opposition in Berlin wichtiger als die Entlastung der Menschen in Nordrhein-Westfalen“, attackiert der FDP-Fraktionsc­hef Henning Höne den Ministerpr­äsidenten: „Die Wahrheit ist: Entlastung­en sind in NRW möglich.“Die Ampelkoali­tion im Bund habe konkrete Vorschläge vorgelegt. Die Landesregi­erung hingegen habe bislang lediglich gesagt, was sie nicht wolle. „,Nein zu sagen reicht für eine Regierung nicht“, so Höne weiter.

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