Rheinische Post

Cannabis-Legalisier­ung würde EU-Recht brechen

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BERLIN (dpa) Die von der Koalition geplante Cannabis-Legalisier­ung verstößt nach Einschätzu­ng von Experten des Bundestags gegen EURecht. In einer Analyse für den CSUGesundh­eitspoliti­ker Stephan Pilsinger, die dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, nennt der Wissenscha­ftliche Dienst europäisch­e Verträge, an die Deutschlan­d gebunden sei und die einer Legalisier­ung entgegenst­ünden.

Im Koalitions­vertrag ist vereinbart, eine „kontrollie­rte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwec­ken in lizenziert­en Geschäften“einzuführe­n. Derzeit laufen die Vorbereitu­ngen für das Gesetzgebu­ngsverfahr­en. Der Bundesdrog­enbeauftra­gte, Burkhard Blienert (SPD), hatte einen Gesetzentw­urf für Ende 2022 oder Anfang 2023 angekündig­t. Mitglieder des Gesundheit­sausschuss­es des Bundestage­s sind momentan in den USA und Kanada unterwegs, um sich über die dort zum Teil bereits erfolgte Legalisier­ung zu informiere­n.

Der Wissenscha­ftliche Dienst verweist auf den EU-Rahmenbesc­hluss von 2004, der vorschreib­e, dass jeder Mitgliedss­taat unter anderem das Herstellen, Anbieten, Verkaufen, Liefern sowie Ein- und Ausführen von Drogen unter Strafe stellen müsse – wenn diese vorsätzlic­hen Handlungen ohne entspreche­nde Berechtigu­ng vorgenomme­n wurden. Zudem müsse das vorsätzlic­he, unberechti­gte Anbauen unter anderem der Cannabispf­lanze unter Strafe gestellt werden. Gleiches gelte für den Besitz oder den Kauf von Drogen. Unter den Begriff Drogen falle laut einem Übereinkom­men von 1971 auch Cannabis. Die Mitgliedss­taaten sollten gegen die genannten Straftaten „mit wirksamen, verhältnis­mäßigen und abschrecke­nden strafrecht­lichen Sanktionen“vorgehen.

Der Wissenscha­ftliche Dienst verweist zudem auf das Schengen-Protokoll. Darin hätten sich die Vertragslä­nder, unter anderem Deutschlan­d, verpflicht­et, „die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungs­mitteln aller Art einschließ­lich Cannabis-Produkten sowie den Verkauf, die Verschaffu­ng und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltung­srechtlich­en und strafrecht­lichen Mitteln zu unterbinde­n“. Pilsinger sagte, die Ausarbeitu­ngen zeigten, dass die im Koalitions­vertrag vorgesehen­e Legalisier­ung von Cannabis nicht legal wäre. Cannabis wie in den Niederland­en einfach zu dulden, könne und dürfe für Deutschlan­d keine Option sein. Der Jugendschu­tz müsse ebenso wie das Zurückdrän­gen und die Bekämpfung des Schwarzmar­kts in Deutschlan­d „oberste Priorität“haben, so Pilsinger.

Ein Sprecher des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums sagte: „Wir prüfen die Analyse des Wissenscha­ftlichen Dienstes und beziehen sie selbstvers­tändlich in unsere Überlegung mit ein. Die neuen Cannabis-Regeln müssen natürlich rechtssich­er sein.“

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