Rheinische Post

Lapid lobt Scholz‘ Verhalten nach Abbas-Eklat

Israels Regierungs­chef sagte, der Bundeskanz­ler sei vom Holocaust-Vergleich überrascht worden.

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Die Pressekonf­erenz vor dem Kanzleramt stand unter schwierige­n Vorzeichen: Wie würde sich das öffentlich­e Verhältnis zwischen Israels Regierungs­chef Jair Lapid und Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) gestalten? Hat der Besuch von Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas Nachwirkun­gen, die das deutschisr­aelische Verhältnis nachhaltig beschädige­n?

Abbas hatte Israel im vergangene­n Monat bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Olaf Scholz einen vielfachen „Holocaust“an den Palästinen­sern vorgeworfe­n und damit Empörung ausgelöst. Der Bundeskanz­ler erwiderte in der Pressekonf­erenz nichts darauf, gab Abbas sichtlich irritiert noch die Hand und distanzier­te sich erst später deutlich. Das wurde von vielen als zu spät kritisiert. Auch Lapid hatte sich an dem Tag kritisch geäußert.

Am Montag nun nahm der israelisch­e Ministerpr­äsident Scholz in Schutz. Es sei offensicht­lich gewesen, dass Scholz von den Äußerungen überrascht worden sei: „Ich habe dem Bundeskanz­ler gedankt, dass er danach reagiert hat auf das, was Abbas gesagt hat.“Lapid fügte an: „Wir schätzen, dass er das so eindeutig gesagt hat.“

Der israelisch­e Politiker betonte: „Was Präsident Abbas gesagt hat, war abscheulic­h, war respektlos und schrecklic­h, einfach nur furchtbar“. Der Holocaust könne mit nichts verglichen werden. Es besorge ihn, dass diese Ausdrucksw­eise sich nicht nur in Abbas‘ Äußerungen in Deutschlan­d finde, sondern auch in palästinen­sischen Schulbüche­rn. „Dieses schrecklic­he Schüren von Hass wird den Kindern beigebrach­t“, sagte Lapid:

„Das muss die zivilisier­te Welt angehen.“

Und noch eine gute Nachricht brachte Lapid mit: Israel kann mit seinem Gasvorkomm­en im östlichen Mittelmeer rund zehn Prozent des russischen Gases ersetzen, das Russland bislang an Europa geliefert hat. Lapid betonte, er hoffe, dass Israel seine Lieferunge­n schon 2023 ausweiten könne. Das Land hatte mit Ägypten und der EU-Kommission einen Vertrag geschlosse­n, Gas über Ägypten in die EU zu liefern. Scholz betonte, dass jeder Beitrag alternativ­er Lieferunge­n von Gas hilfreich sei.

Zu den internatio­nalen Verhandlun­gen über ein Atomabkomm­en mit dem Iran hatten Kanzler Scholz und sein Gast hingegen differenzi­erte Sichtweise­n. Israels Regierungs­chef sagte, es sei nun an der Zeit, die „gescheiter­ten Verhandlun­gen“hinter sich zu lassen: „Sie können und werden nicht das gemeinsame Ziel erreichen, das wir alle teilen: den Iran von der Erlangung einer Atomwaffe abzuhalten.“Scholz bedauerte wiederum, „dass der Iran bisher nicht zu einer positiven Antwort auf die Vorschläge des europäisch­en Koordinato­rs gelangt ist“. Man bleibe geduldig, aber auch klar.

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FOTO: DPA Jair Lapid (l.) und Olaf Scholz nach ihrem Gespräch.

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