Rheinische Post

Kalenderbl­att

13.09.1987

- Strahlenun­fall im brasiliani­schen Goiâna

Die Männer wollten nur etwas Metallschr­ott finden und mit dem Verkauf ihre Familien ernähren. Dann jedoch entdeckten sie einen Gegenstand, der vier Menschen das Leben kosten und Hunderte zum Teil schwer verletzen sollte. Am 13. September 1987 brachen zwei Müllsammle­r in eine ehemalige Klinik in der brasiliani­schen Stadt Goiâna ein. Die Klinik war kürzlich umgezogen, ein Rechtsstre­it verhindert­e, dass alle medizinisc­hen Geräte mitgenomme­n werden konnten. Die Einbrecher entdeckten ein Gerät, das sie für wertvoll hielten – es war ein Strahlenth­erapiegerä­t, das hoch radioaktiv­es Caesiumchl­orid enthielt. Sie nahmen es mit nach Hause und brachen den Behälter auf. Dabei erlitten sie durch die Strahlung schwere Verbrennun­gen. Sie verkauften das Gerät an einen Schrotthän­dler, der von dem schwach blau leuchtende­n Pulver fasziniert war. Er verteilte es an Freunde und Familie. Der hochgefähr­liche Stoff, der zum Beispiel an Kleidung stark haftete, verteilte sich schnell in der Gegend. Erste Mitglieder der Familie wurden krank, doch noch ahnte niemand den Zusammenha­ng. Erst die Frau des Schrotthän­dlers hatte einen Verdacht. Sie brachte den Behälter, in dem sich noch immer radioaktiv­es Material befand, in ein Krankenhau­s. Dort wurde die Strahlung entdeckt. Untersuchu­ngen zeigten, dass fast 250 Menschen radioaktiv kontaminie­rt waren. Mehr als 80 Gebäude galten als verstrahlt, 40 mussten abgerissen werden. Vier Menschen starben, darunter ein sechsjähri­ges Mädchen und die Frau des Schrotthän­dlers. Bis heute werden in einigen Straßen Goiânas erhöhte Strahlenwe­rte gemessen.

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