Kritik an Impfstoff-Einkauf der EU
Der Europäische Rechnungshof deckt Mängel bei der Vakzin-Beschaffung auf.
BRÜSSEL/LUXEMBURG Die EU-Kommission hat zu Beginn der Corona-Pandemie vieles richtig gemacht – aber es gab und gibt noch viel Luft nach oben. Zu diesem Ergebnis kommt der Europäische Gerichtshof bei einer Überprüfung der EU-Tätigkeiten auf einem Feld, das für die Europäische Union sowohl beispiellos als auch mit ungewöhnlich hohen Ausgaben verbunden war: Es ging um Verträge im Volumen von 71 Milliarden Euro, um sich bis zu 4,6 Milliarden Impfdosen zu sichern.
Keine Kritik üben die Prüfer in ihrem am Montag veröffentlichten Bericht daran, dass die EU sowohl die Initiative zur Bündelung der Mitgliederinteressen ergriffen als auch massiv in Vorleistung gegenüber den Impfstoffherstellern getreten sei. Gewöhnlich dauere die Entwicklung eines neuen Impfstoffes zehn bis 15 Jahre. Dass die Europäische Medikamentenbehörde (Ema) stattdessen bereits neun Monate nach dem Ausrufen der Pandemie die bedingte Zulassung des ersten Impfstoffs empfehlen konnte, hatte auch damit zu tun, dass die EU Forschung, Entwicklung und Produktion mit Milliarden unterstützte. Diese Vorleistungen ließ sie sich dann bei den Lieferungen anrechnen und schaffte es so, dass bis Ende 2021 80 Prozent
der erwachsenen Bevölkerung in der EU geimpft werden konnten.
Letztlich also eine Erfolgsgeschichte. Es ist jedoch eine mit einem großen Aber. Sowohl Großbritannien als auch die USA seien schneller gewesen, erläutern die Prüfer. Der Rechnungshof weist darauf hin, dass die Kommission von Jahr zu Jahr härtere Verträge durchsetzen konnte. Er kritisiert zudem, dass sich Brüssel nie sonderlich dafür interessiert habe, welche Systeme andere Länder aufgebaut und ob diese möglicherweise besser funktioniert hätten. So habe die britische Regierung bereits im April 2020 eine Taskforce mit 200 Experten aus öffentlichem Dienst, Militär, Industrie und Wissenschaft eingesetzt, um Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Auch die US-Administration habe Experten in die Pharmafirmen geschickt, um Probleme schnell lösen zu können. Auf die Idee, eine eigene Taskforce zur Analyse und Unterstützung einzurichten, sei die Kommission aber erst im Februar 2021 gekommen. Besonders bemängeln die Prüfer, dass die Kommission weder Richtlinien für den Umgang mit künftigen Pandemien entwickelt noch sich für Schwachstellen ihres eigenen Vorgehens interessiert. Dringend empfehlen sie, das Beschaffungssystem der EU für Pandemiefälle mithilfe von Stresstests oder Simulationen zu prüfen.
Die Prüfer empfehlen dringend, das Beschaffungssystem mithilfe von Stresstests zu kontrollieren