Rheinische Post

Brisantes Treffen mit dem Ex

Erling Haaland und Robert Lewandowsk­i spielen in der Champions League mit ihren neuen Vereinen gegen ihre früheren Klubs Borussia Dortmund und Bayern München. Beide verbreiten aktuell Angst und Schrecken bei ihren Gegnern.

- VON MAX HÜTTEN

Der FC Bayern München und Borussia Dortmund sind für ihre Verhältnis­se etwas holprig in die Saison 2022/23 gestartet. Das könnte auch an den Abgängen ihrer zwei Topstürmer liegen. Robert Lewandowsk­i und Erling Haaland stürmen mittlerwei­le für den FC Barcelona beziehungs­weise Manchester City und beweisen auch in ihren neuen Vereinen, dass sie das Toreschieß­en nicht verlernt haben.

Der ehemalige Liverpool-Verteidige­r und heutige TV-Experte Jamie Carragher sagte zuletzt: „Ich denke, Haaland wird das i-Tüpfelchen in der Champions League sein. Wenn er in Madrid auswärts spielt, verlieren sie dieses Spiel nicht, sie gewinnen, sie stehen im Finale und ich denke, das ist der Unterschie­d, den Haaland machen wird.“Für Haaland stehen nach nur acht Pflichtspi­elen für sein neues Team bereits zwölf Tore auf dem Konto. Und das, obwohl die Citizens ihr komplettes System für den Norweger umgestellt haben.

Zuvor agierte das von Pep Guardiola trainierte Team häufig ohne echten Mittelstür­mer. Der Fokus lag auf schnellen Kombinatio­nen und Passstafet­ten. Das ist mit Haaland nur bedingt möglich. Dennoch findet die Mannschaft eine Lösung, den 22-Jährigen in Szene zu setzen und das recht unkonventi­onell: Sie lassen ihn einfach größtentei­ls außen vor. Das geordnete Angriffssp­iel der „Skyblues“läuft meist über Phil Foden, Kevin De Bruyne, Bernardo Silva oder Joao Cancelo. Haaland steht meist nur am Ende der Kette und haut den Ball in die Maschen.

Das spiegelt sich vor allem in der Statistik der Ballkontak­te wider. Haaland wird kaum am Spiel beteiligt, hatte zum Beispiel im Ligaspiel gegen Bournemout­h nur acht Ballkontak­te nach 74 Minuten. Auf die bisherige Premiere-League-Saison gesehen hat er eine unglaublic­he Quote: Zehn Tore bei 105 Ballkontak­ten. Eine etwas veränderte Rolle im Gegensatz zu seiner Zeit beim BVB, wo er auch am Ende der Kette stand, jedoch ebenfalls Dreh-undAngel-Punkt der Offensive war. Haaland selber scheint das nichts auszumache­n. Er trifft weiter, wie er will.

Bei Robert Lewandowsk­i sieht es ein bisschen anders aus. Der Pole hat seinen Platz bei Barcelona ebenfalls gefunden und traf in den ersten sechs Pflichtspi­elen gleich neun Mal. Der Unterschie­d zu Haaland: Seine Rolle scheint sich zu den vergangene­n Saisons im Bayern-Dress nicht verändert zu haben. Er spielt mit, er leitet ein und er trifft. Sein neuer Trainer Xavi lobt ihn überschwän­glich: „Robert ist unersättli­ch. Mir gehen die Lobeshymne­n aus, weil es nicht nur die Tore sind. Auch wie er spielt, wie er das Tempo des Spiels beherrscht.“Dass er mehr ins Spiel eingebunde­n wird, zeigt erneut die Statistik. Lewandowsk­i hat nach fünf Ligaspiele­n 193 Ballaktion­en, was 88 mehr sind als bei Haaland, obwohl er ein Spiel weniger hatte.

Dass Lewandowsk­i so dominant im Offensivsp­iel der Katalanen sein wird, hat sein neuer Verein wahrschein­lich nicht erwartet.

Dort dachte man zuerst, einen zweiten Stürmersta­r wie Pierre-Emerick Aubameyang in seinen Reihen zu haben, wäre nicht verkehrt. Nach den ersten Spielen mit dem amtierende­n Weltfußbal­ler ist ihnen dann jedoch aufgefalle­n: Hinter Lewandowsk­i ist kein Platz für eine zweite Nummer neun. Den Ex-Dortmunder Aubameyang gaben sie kurz vor Ende der Transferpe­riode an den

FC Chelsea ab. Genau aus diesem Grund hießen die Back-Up-Stürmer in seinen Bayern-Zeiten auch Sandro Wagner oder Eric Maxim Choupo-Moting.

Der FC Bayern hat sich schwergeta­n, Lewandowsk­i abzugeben. Eine wahre mediale Schlammsch­lacht, in der sich beide Parteien für eine gewisse Zeit querstellt­en, sorgte über den Sommer für viel Trubel. Lewandowsk­i wollte sich neben einem dicken Gehaltsche­ck auch den Traum von Spanien erfüllen. Der FC Bayern wollte nicht sein erfolgreic­hes System umstellen, was nach dem Abgang des Polen trotzdem geschah. Sie etablieren nun den Offensivfu­ßball, den Liverpool und Manchester City bisher geprägt haben: kein echter Mittelstür­mer, sondern eine ganze Reihe von Topstars, die alle Tore erzielen können.

Bewusst gegen einen echten Stoßstürme­r als Lewandowsk­i-Erbe habe er sich aber nicht entschiede­n, erklärte Bayern-Trainer Julian Nagelsmann.

Trotz des unschönen Abgangs blickt der deutsche Rekordmeis­ter mit Vorfreude auf das Spiel gegen seinen ehemaligen Topstar. Kapitän Manuel Neuer sagte: „Wir freuen uns jetzt auf Barca und Robert. Wir kennen Robert gut und wissen um seine Fähigkeite­n. Aber auch er weiß, dass es nicht einfach gegen uns ist.“

Bei Erling Haaland war der Abgang mit etwas weniger Nebengeräu­schen verbunden, da schnell klar war, dass der BVB Haaland nicht halten kann. Sportdirek­tor Sebastian Kehl sagte, dass der Zeitpunkt des Transfers zu Manchester City „am Ende für beide Seiten der richtige“gewesen sei. Denn „so gern wir Erling immer hatten und haben, und so erfolgreic­h er bei uns auch war – am Ende wurde das Thema auch zu einer gewissen Belastung in der Kabine, im Klub und im Umfeld.“

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FOTO: DPA Erling Haaland (l.) und Robert Lewandowsk­i im Dress ihrer neuen Vereine.

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