Rheinische Post

Prozess um Pfusch bei Haartransp­lantatione­n

Zwei Männer litten unter Schmerzen, weil ihnen Haare und Hautabschn­itte zum Teil ohne Betäubung transplant­iert worden sein sollen.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

DÜSSELDORF Mit preiswerte­n Angeboten und zugelassen­en Ärzten nebst Fachperson­al hatte eine angebliche Klinik in Düsseldorf Anfang des Jahres für Haartransp­lantatione­n geworben. Doch einer der Kunden fasste am Montag als Zeuge beim Amtsgerich­t zusammen, was sich hinter jener Reklame verborgen habe: Er sei „in einer nicht gemeldeten Klinik von Ärztinnen behandelt worden, die gar keine waren“.

Auf der Anklageban­k saßen dafür jetzt zwei Schwestern (29/36), die laut den Ermittlung­en ohne medizinisc­he Ausbildung oder gar eine Zulassung bei mindestens drei Männern (26 bis 33 Jahre alt) solche Haar-OPs ausgeführt haben sollen. Neben dem Vorwurf der gefährlich­en Körperverl­etzung waren sie auch wegen Betruges und Verstoßes gegen das Heilprakti­kergesetz angeklagt. Deswegen in einem der drei Fälle verurteilt, wurden beide mit je 16 Monaten Bewährungs­strafe belegt.

Die Geschwiste­r wollten „sich schweigend verteidige­n“, wie deren Anwälte zu Prozessbeg­inn erklärten. Überlassen war die Verhandlun­g damit den Zeugen – und die haben die

Anklagepun­kte im Wesentlich­en betätigt. So seien beide angeklagte Frauen der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen, was die Kommunikat­ion mit Patienten vor und während der Haar-Behandlung­en stark behindert habe. Nur die Ehefrau des angebliche­n Klinikleit­ers habe deutsch gesprochen – und die sei bei den hier angeklagte­n Eingriffen nicht dabei gewesen.

Ein 30-jähriger Kunde gab an, er habe sich mit den Angeklagte­n, die ihm als „Ärztin und Assistenti­n“vorgestell­t worden seien, nur bruchstück­haft auf Englisch verständig­t. Mit dem Ergebnis der Haar-OP sei er dennoch zufrieden: „Ich find’s okay!“Der Weg dorthin sei allerdings blutig und schmerzhaf­t gewesen – und für ihn ein bleibendes Erlebnis. Über seinen Frisör habe er die Adresse jener Düsseldorf­er „Klinik“erhalten – und „auf den ersten Blick sah alles authentisc­h aus“. Im Nachhinein jedoch fand er seine Einschätzu­ng „sehr sehr naiv“.

Denn laut Anklage haben die Frauen angeblich ohne medizinisc­he Vorbildung bei einem anderen Kunden bis zu 50 Injektione­n in die Kopfhaut vorgenomme­n, einem dritten Patienten sogar ganze Hautabschn­itte vom Kopf gelöst.

Einer den Kunden war nach rund sechsstünd­iger Behandlung­s-Prozedur noch in der „Klinik“kollabiert, brauchte eine Infusion – und als er am nächsten Tag wieder kam, um die Rechnung (2100 Euro) in bar zu bezahlen, war er erneut bewusstlos geworden, musste per Rettungswa­gen gar in Krankenhau­s gebracht werden.

Nur in diesem schwersten der drei angeklagte­n Fälle kamen die Richter zuletzt zu einem Schuldspru­ch – und zu den Bewährungs­strafen für das Schwestern­paar. Der Staatsanwa­lt und auch die Verteidigu­ng haben das Urteil angenommen.

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RP-FOTO: WUK Die beiden Angeklagte­n schwiegen vor Gericht.

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