Rheinische Post

Im Franziskan­er-Orden eine Heimat gefunden

Bruder Peter Amendt ist Mitgründer von „Vision: teilen“. Die Initiative betreut Düsseldorf­er und internatio­nale Projekte.

- VON MARIE BOCKHOLT

PEMPELFORT Etwa eines von 500 Babys in Europa kommt statistisc­h gesehen mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspal­te zur Welt. In Deutschlan­d wird die Erkrankung meist schnell behandelt. In Tadschikis­tan ist das anders. Das Land in Zentralasi­en gilt als arm. Kinder mit einer solchen Fehlbildun­g leiden oftmals lange unter den Folgen. 2008 gründete der Kempener Arzt Martin Kamp ein Hilfsproje­kt unter dem Namen „Tajikaid“. Seitdem operiert er Tadschiken mit Lippen-Kiefer-Gaumenspal­te und unterstütz­t das Gesundheit­ssystem vor Ort. Das Engagement ist eines von den großen internatio­nalen Projekten unter dem Dach der Initiative „Vision: teilen“. Diese hat ihren Sitz an der

Schirmerst­raße 27. Ins Leben gerufen wurde sie unter anderem von Bruder Peter Amendt.

Amendt ist Mitglied im Franziskan­ischen Orden, der sich am Leben und an der Arbeit des Heiligen Franziskus von Assisi orientiert. Für Franziskus stand der Ausgegrenz­te im Mittelpunk­t seines Glaubens. „Die Vorstellun­g der Franziskan­er hat mich sehr angezogen“, sagt Amendt. Der heute 78-Jährige ist in Bonn in einem kirchlich geprägten Umfeld aufgewachs­en. Als Schüler besuchte er ein Internat der Ordensgeme­inschaft der Redemptori­sten. „In der Zeit vor dem Abitur hörte ich dann von den Franziskan­ern“, sagt er. Er suchte selbst den Kontakt zum Orden und begann sein Noviziat im ostwestfäl­ischen Rietberg. „Anschließe­nd bin ich bei den Franziskan­ern geblieben. Ich habe hier Heimat gefunden, die innere mehr als die äußere“, so Amendt.

Mitte der 1960er Jahre zog er nach München, um Theologie und später zusätzlich Sozialwiss­enschaften zu studieren. Ersteres Studium schloss er in Bayern ab, für das zweite verschlug es ihn zurück nach Nordrhein-Westfalen an die Ruhr-Universitä­t Bochum. „Gewohnt habe ich zu dieser Zeit mit zwei Mitbrüdern in einer Obdachlose­nsiedlung in Essen“, sagt der Franziskan­erBruder. Amendt arbeitete anschließe­nd unter anderem als wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r, 2005 kam er nach Düsseldorf und gründete gemeinsam mit Bruder Klaus-Dieter Diedershag­en die Organisati­on „Vision: teilen“.

Auch heute noch setzt sich Amendt für die Belange von Obdachlose­n ein. Zu den Projekten von „Vision: teilen“gehört der Gutenachtb­us. Der mobile Sprinter ist fünfmal in der Woche von 22 bis 0.30 Uhr im Einsatz, um mehr als 100 Menschen auf den Straßen Düsseldorf­s mit warmen Mahlzeiten, der Möglichkei­t zum Gespräch und Decken zu versorgen. „Der Bus dient oft als letzte Anlaufstel­le am Tag, um gut durch die Nacht zu kommen“, sagt Daniel Stumpe von „Vision: teilen“. Genau wie Bruder Peter Amendt befürchtet er, dass bald noch mehr Menschen dieses Angebot nutzen müssen. Corona und die wirtschaft­lichen Unsicherhe­iten verschärfe­n die Situation, wie Stumpe erklärt. „Der Bedarf des Angebots wächst immer weiter“, beobachtet

Amendt. Gleichzeit­ig sinke derzeit die Zahl der Sachspende­n.

Auch die Schatztruh­e an der Schirmerst­raße 37 ist ein „Vision: teilen“-Projekt. Die Mitarbeite­r des Seconhand-Ladens sind immer auf der Suche nach gut erhaltener Kleidung. Weitere Aktionen der Initiative in Düsseldorf sind eine Lebensund Sozialbera­tung sowie das Projekt „Hallo Nachbar“. Bei diesem setzen sich Ehrenamtli­che für Nachbarn in Notsituati­onen ein. Sie haben ein offenes Ohr oder erledigen den Einkauf. „Alle unsere Projekte stoßen in die Lücken des Sozialsyst­ems“, sagt Stumpe. „Wir möchten Menschen Alternativ­en geben.“21 Mitarbeite­r und etwa 200 Ehrenamtli­che sind bei „Vision: teilen“beschäftig­t. Mehr unter vision-teilen.org.

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RP-FOTO: A. BRETZ Bruder Peter Amendt ist Gründer der Initiative „Vision teilen“.

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