Vergnüglicher Rosengarten
RP-Musikredakteur Wolfram Goertz gab einen Hörabend beim Düsseldorf-Festival in der Neanderkirche.
DÜSSELDORF Ein Flecken rosigen Lichtes breitet sich an der Kanzeldecke der Neanderkirche aus. In kräftigem Rot, der Farbe der Liebe, erstrahlen auch die Wände. Ein feinsinniger Rahmen für das Programm „Im Namen der Rose“von Wolfram Goertz. In Düsseldorf ist das Schlagwort vom „betreuten Hören“untrennbar mit seinem Namen verknüpft. Alle Jahre wieder füllt der Musikredakteur der Rheinischen Post mit einer Wundertüte unterschiedlicher Stile die Altstadt-Kirche. Seine zwei Abende im Rahmen des Düsseldorf-Festivals sind legendär und heiß begehrt.
Das Motto der Königin der Blumen habe er nicht wegen seines fehlenden grünen Daumens gewählt, erklärte Goertz. Und auch nicht wegen des ebenso durchgeknallten wie verlockenden TV-Formats „Der Bachelor“, bei dem Kandidaten ihre Gunst mit Rosen bezeugen. Vorbild war vielmehr „Der Name der Rose“, der später auch verfilmte Welterfolg von Umberto Eco.
Seinen Hörabend leitete Wolfram Goertz mit der kostbaren Jahreszeit des Blühens und Gedeihens ein und spielte die schwungvolle „Primavera“-Interpretation des „Urviechs“Nigel Kennedy aus Vivaldis „Vier Jahreszeiten“. Dann ein Schwenk zum gemütvollen Volkslied „Oh, du schöner Rosengarten“. Wie keine andere beherrsche die Sängerin Christine Maria Rembeck das bayerische Zungen-R. Ob das Auditorium da mithalten könne? Der gemeinsame Versuch klang gar nicht schlecht. Eine historische Anweisung zum Üben lautet übrigens: „Brühe, Brot und Braten bringt die Braut dem Bräutigam.“
Es sind, neben profunden musikwissenschaftlichen Erklärungen, jene launigen Einsprengsel, die den Abend so unterhaltsam machen. Genau wie das Spektrum von Klassik bis Schlager. Auf die glockenhell gesungene spanische Weise „Rosa fresca“folgt die Schnulze „Rote Rosen“von Freddy Breck. Der Moderator verteidigt den Ausflug in die Niederungen des Geschmacks. Nie, beteuert er, würde er jemanden verurteilen, der solche Musik mit Vergnügen hört.
Sofort danach kriegt Goertz aber die Kurve und immunisiert die Verwerfungen mit den Düsseldorfer Stadtheiligen Heinrich Heine und Robert Schumann. Drei von Fritz Wunderlich gesungene Lieder aus der „Dichterliebe“gehen zu Herzen. Seine musikalischen Favoriten teilt Goertz mit dem Publikum. Wie den Geheimtipp „Sommereufori“von Hvalfugl: Drei dänische Musiker ohne Booklet, Biografie und Internetauftritt vermitteln das wohlige „hygge“Lebensgefühl Skandinaviens. „Fading Like A Flower“der schwedischen Gruppe Roxette hat im Programm ebenfalls einen Ehrenplatz.
Den „Blumenwalzer“, Ohrenschmeichler aus Tschaikowskis „Nussknacker“-Ballett, verbindet er mit Erinnerungen an die Tanzstundenzeit. Auch dem jahrzehntealten Gassenhauer „Skandal im Sperrbezirk“der Spider Murphy Gang wird ein Platz eingeräumt, wegen Rosi, dem Freudenmädchen. Goertz kramt legendäre Aufnahmen hervor wie Barbara Bonneys Arie „Deh vieni“aus Mozarts „Figaro“.
Als emotionalen Höhepunkt platzierte er noch vor dem Schluss-Duett „Ist ein Traum“aus dem „Rosenkavalier“(„niemand komponierte luxuriöser als Richard Strauss“) Keith Jarretts „My Wild Irish Rose“. Mit Balladen wie dieser habe sich der im Jahr 1997 schwer erkrankte Pianist „vom Jazz entgiftet“. Nach zwei Schlaganfällen könne er nun aber gar nicht mehr auftreten. Die Melodie ist wunderschön, in der Kirche wird es ganz still. Ergriffenheit, die Goertz spürt: „Das Tolle an Ihnen als Publikum ist, dass Sie merken, wann es heiter ist und wann es ernst wird“, sagt er: „Das hat mich sehr berührt.“