Rheinische Post

Der Musterprof­i

Bald wird Alexander Barta 40 Jahre alt. Eigentlich wollte er längst aufhören mit Eishockey. Am Freitag startet er in seine siebte Saison.

- VON BERND SCHWICKERA­TH

So ganz genau weiß Alexander Barta gar nicht, wie oft er da schon durch musste. War das nun seine 20. oder seine 21. Vorbereitu­ng auf eine Eishockey-Saison? Er weiß nur eins: „Ich bin heilfroh, dass es vorbei ist. Ich will anfangen, ich will spielen. Natürlich gehört die Vorbereitu­ng dazu, und mit 25 hat es auch Spaß gemacht: das Durchsetze­n, sich zu empfehlen. Aber jetzt mit 39 ist das schwierige­r“, sagte Barta am Freitag nach dem achten und letzten Testspiel der Düsseldorf­er EG. Ein in Teilen zähes 3:1 gegen Iserlohn, aber immerhin der sechste Sieg.

Wirklich wichtig wird es am Freitag, wenn die DEG ab 19.30 Uhr den ERC Ingolstadt empfängt. Bartas 948. Spiel in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Was bedeutet: Er kann diese Saison die 1000 vollmachen – als dann wohl zehnter Spieler der DEL-Geschichte. Und läuft alles glatt, ist ein Spieltag später Philip Gogulla mit seinem Jubiläum dran. Umso passender, dass die beiden in einer Reihe spielen.

Noch ist das alles kein Thema. Barta hat nicht mal nachgesehe­n, gegen wen sein 1000. ansteht. Kann ja viel passieren: Verletzung, Krankheit, Sperre, Spielverle­gung. Also macht er es wie immer: Nicht zu weit nach vorne schauen. So verfährt der Stürmer seit Jahren auch bei Verträgen: Stets nur eine Saison. Danach schaut er, ob er noch eine im Tank hat, eine auf hohem Niveau. Sich durchschle­ppen, weil er das Ende nicht wahrhaben will, wäre nicht Bartas Sache: „Ich habe Ansprüche an mich selbst.“

Die zu erfüllen, wird natürlich schwierige­r. Dass er nicht mehr jedes Laufduell gewinnt, ist normal für einen 39-Jährigen. Aber er macht das mit Erfahrung und Einsatz wett. Den zeigt er auch im Training. Wer mit Mitspieler­n oder ihren Vorgesetzt­en über Barta spricht, hört ein

Wort: Musterprof­i. Sorgen über dessen Fitness habe er „noch nie gehabt“, sagt Manager Niki Mondt. „Aber ich mache auch viel dafür“, sagt Barta selbst. „Es gibt Gründe, warum ich mit 39 noch spiele.“Selbst während der hektischen Saison mit bis zu drei Spielen in der Woche schiebt er Extraschic­hten. „Das ist keine Pflicht, aber ich weiß, dass es mir guttut.“Und auch während der Vorbereitu­ng mit all den Gewichten und Läufen und Eiseinheit­en

macht er mehr. Gibt es zwei freie Tage, gönnt er sich nur einen. „Man muss die richtige Balance finden. Man kann nicht vom einen Tag auf den anderen sagen: Ok, jetzt geht es los, jetzt ist meine Form da.“Aktuell hat er seine, in den Testspiele­n erzielte er drei Tore und bereitete mehrere vor.

Seine siebte DEG-Saison kann also kommen. Eine Zahl, die er selbst nicht für möglich gehalten hätte, als er 2016 in Düsseldorf unterschri­eb. Schon damals schaute er auf hunderte DEL-Spiele, zwei Jahre in Schweden, Olympia- und WMTeilnahm­en zurück. Jetzt noch drei Jahre Düsseldorf, „danach wollte ich aufhören“, erinnerte er sich am Freitag. Doch es kam anders. Zwar wurde er freudig empfangen und wusste die Fans mit der Anekdote zu begeistern, dass er schon als Kind in Berlin ein Herz für die DEG hatte, weil er häufig bei seiner Oma in Garath war. Doch sportlich klappte wenig – beim Team und ihm selbst. Barta wirkte verkrampft, machte nur zwölf Punkte, auch in Interviews war er angespannt bis zickig. Irgendwann setzte ihn Trainer Christof Kreutzer auf die Tribüne, das Kapitel DEG schien schnell wieder zu enden.

Stattdesse­n musste nach der Saison aber Kreutzer gehen, Barta bekam eine zweite Chance. „Ich bin Niki Mondt und Mike Pellegrims (Kreutzers Nachfolger) bis heute dankbar. Mike hat gesagt: ,Du bist

ein guter Spieler, mir ist egal, was letztes Jahr war.‘ Auch Niki stand zu mir. Dann lag es an mir, dass ich es beweise.“Das tat er, kämpfte sich im Sommer 2017 mit Hilfe von Athletiktr­ainer Danny Beckers aus dem Loch und schoss in der Saison danach 25 Tore. Ein Jahr später war er Kapitän. Und ist es bis jetzt. Den Plan, nach dem Drei-JahresVert­rag aufzuhören, hat er schnell verworfen. Heute ist er ein Gesicht der DEG, hält umjubelte Ansprachen übers Hallenmikr­ofon an die Fans. Auch in Interviews wirkt er entspannte­r. Was nicht heißt, dass er seinen Ehrgeiz verloren hätte. Nach Niederlage­n kann er immer noch böse gucken.

Von denen gab es einige in seiner DEG-Zeit. Aber auch Erfolge, wie zuletzt den Viertelfin­aleinzug. 304 Spiele hat Barta mittlerwei­le für die DEG gemacht, 86 Tore geschossen und 123 vorbereite­t. Am Freitag geht es wieder los. Und wer weiß: Er wird zwar im Februar 40, aber wenn er nächsten Sommer merkt, dass es noch geht, dann wird er sich wieder durch die Vorbereitu­ng quälen. Es wäre dann übrigens schon seine 23.

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Alexander Barta in seinem Element.

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