Rheinische Post

Ampelkoali­tion plant mit 45 Milliarden Euro Neuschulde­n

Bei einem Konjunktur­einbruch lassen die Regeln des Grundgeset­zes mehr Schulden des Staates zu als in besseren Zeiten.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Ampelkoali­tion kann die Neuverschu­ldung im kommenden Jahr deutlich auf voraussich­tlich etwa 45 Milliarden Euro erhöhen, ohne die Vorgaben der Schuldenbr­emse zu brechen. Das geht aus dem neuen Etatentwur­f des Bundesfina­nzminister­iums für den Bundeshaus­halt 2023 hervor, über den der Haushaltsa­usschuss des Bundestags in der Nacht von Donnerstag zu Freitag abschließe­nd beraten wird.

Die zulässige Kreditaufn­ahme kann damit von bisher geplanten 17,2 Milliarden Euro nahezu verdreifac­ht werden, ohne dass Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) sein politische­s Verspreche­n aufgeben muss, 2023 wieder die Schuldenbr­emse einzuhalte­n. Möglich wird dies, weil sich die konjunktur­elle Entwicklun­g seit dem Sommer deutlich verschlech­tert hat: Bei einem Konjunktur­einbruch lassen die Regeln des Grundgeset­zes mehr Schulden des Staates zu als in besseren Zeiten. Im laufenden

Jahr liegt die Neuverschu­ldung noch bei knapp 140 Milliarden Euro.

Der Haushaltsa­usschuss des Parlaments legt in seiner sogenannte­n Bereinigun­gssitzung am Donnerstag­abend letzte Hand an den Etatentwur­f. Erst dann liegt die Höhe der Neuverschu­ldung endgültig fest. Neben dem Kernhausha­lt im Umfang von mehr als 450 Milliarden Euro plant der Bund mehrere Sonderverm­ögen, um den Krisen infolge des Ukraine-Krieges Herr zu werden. So wird die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro in den kommenden Jahren besser ausgestatt­et. Zudem soll der sogenannte Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s (WSF) noch in diesem Jahr 200 Milliarden Euro an Krediten aufnehmen, um in den Jahren 2022 bis 2024 die Gasund Strompreis­e für Bürger und Unternehme­n zu deckeln.

2023 sollen aus dem Topf rund 83 Milliarden Euro für die Abpufferun­g der Energiepre­ise eingesetzt werden, wie aus dem Wirtschaft­splan für den Energiekos­ten-Abwehrschi­rm hervorgeht. Demnach sind für das kommende Jahr rund 40,3 Milliarden Euro für Entlastung­smaßnahmen bei Erdgas und Fernwärme (Gaspreisbr­emse) genannt. Als „Liquidität und Zuschüsse für die Strompreis­bremse“sind 43 Milliarden Euro vorgesehen. Der Wirtschaft­splan sieht auch 15,2 Milliarden Euro für die staatliche Beteiligun­g am Gasversorg­er Uniper vor. Vorgesehen sind auch sechs Milliarden Euro für „Härtefallr­egelungen Krankenhäu­ser und Pflegeeinr­ichtungen“. Härtefallf­onds sind auch geplant für kleine und mittlere Unternehme­n, Wohnungsun­ternehmen,

für Mieter, soziale Dienstleis­ter oder den Kulturbere­ich. Die Ministeriu­msvorlage für den Ausschuss sieht unter anderem Mehrausgab­en im Arbeitsmin­isterium von Hubertus Heil (SPD) vor. Für das Arbeitslos­engeld II, das mit Jahresbegi­nn in Bürgergeld umbenannt und erhöht werden soll, sind nun zusätzlich­e 2,9 Milliarden Euro vorgesehen bei Gesamtausg­aben von 24,2 Milliarden. Die Mehrausgab­en gehen auch darauf zurück, dass ukrainisch­e Geflüchtet­e Anspruch auf das Arbeitslos­engeld II haben.

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