GESELLSCHAFTSKUNDE Kühler wohnen
Durch die Energiekrise verändern sich unsere Gewohnheiten.
Eigentlich hat es mit der Pandemie begonnen. Schon wegen Corona haben viele ihr Verhalten verändert, das sie immer für selbstverständlich gehalten hatten. Das reicht vom Handschlag, den nicht wenige bis heute durch neue Rituale wie den Faust-Gruß ersetzt haben, bis zum Ausgehverhalten. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die Energiekrise nötigen nun, in deutlich kühleren Räumen zu leben. Um Gas und Heizkosten zu sparen, regeln manche die Temperaturen in ihren vier Wänden insgesamt runter, andere heizen in begrenzten Zeiträumen oder in weniger Zimmern. Das hat größere Auswirkungen auf das Lebensgefühl, als man zunächst denken könnte. Zum einen nimmt man Wärme anders wahr – denn man nimmt sie überhaupt wahr, als etwas Wohliges, nichts Selbstverständliches. Natürlich ist Wärmeempfinden etwas höchst Subjektives, und jeder muss selbst wissen, wie warm er es braucht, was er für verantwortlich, angenehm, finanzierbar hält. Aber die Achtlosigkeit, mit der früher oft geheizt wurde, bis sich Innenräume im Winter anfühlten, als sei Sommer, ist wohl vorbei.
Das führt dazu, dass Leute nach Möglichkeit ihre Wohnungen oder Häuser dämmen, Solarzellen auf Dächer packen, Wärmeschlupflöcher schließen. Das große Einpacken von Immobilien hat noch einmal zugenommen. Das lässt alte Fassaden verschwinden, verändert das Aussehen von Städten. Aber auch innen tut sich etwas: Menschen bewegen sich anders durch ihre Wohnungen. Manche sind dicker angezogen, andere nutzen Decken oder halten sich abends in bestimmten Räumen auf, sitzen länger in der Küche oder nur noch im Wohnzimmer oder lenken Wärme in die Kinderzimmer. Wo früher oft gleichmäßig durchgeheizt wurde, gibt es unterschiedliche Klimazonen. Schlafzimmer, die ohnehin oft tagsüber leer stehen, werden zu Kältekammern. Und die Bewohner tun, was Menschen machen: Sie gewöhnen sich.
Auch daran, dass Anpassung immer öfter nötig ist und auch Lebensbereiche betrifft, die man gerade noch für unveränderlich gehalten hatte.