Viel Kohle, wenig Effekt
Der Europäische Rechnungshof hat überprüft, ob die Steuergelder, die den Kohleausstieg für die Regionen erträglich machen sollten, auch erfolgreich genutzt worden sind.
LUXEMBURG/BRÜSSEL Der Klima-Effekt, der durch den Kohleausstieg erzielt werden sollte, schien sich in Teilen wieder erledigt zu haben, als auch in Deutschland die Kohlekraftwerke wieder hochgefahren wurden – als Reaktion auf die Energiekrise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Bereits Jahre vorher zeichnete sich ab, dass die Klimaziele mit der Stilllegung der Kohleförderung in Europa längst nicht in dem erhofften Maße erreicht werden könnten: Heimische Kohle wurde teilweise durch Exportkohle und andere fossile Rohstoffe ersetzt, wie der Europäische Rechnungshof an diesem Mittwoch erläuterte. Er hat die Wirkungen der EU-Fördermittel für sieben Kohleregionen untersucht, die von 2014 bis 2021 insgesamt 12,5 Milliarden von der EU bekommen hatten.
Die Liste der Beispiele für die dramatischen Auswirkungen eines Kohleausstiegs wird in der Statistik des Rechnungshofes vom Ruhrgebiet angeführt. 350.000 Stellen seien hier zwischen 1957 und 1977 abgebaut worden, gefolgt von Oberschlesien und weiteren polnischen Gebieten mit 230.000 Jobverlusten
zwischen 1990 und 2002. Beide Regionen standen zwar nicht mehr im Fokus der Prüfer. Sie galten aber als markante Hinweise, um die Auswirkungen durch kluge und langfristige Struktur-, Arbeitsmarkt- und Energiepolitik zu begleiten.
Zu den Kohlerevieren, die der Rechnungshof für seine Stichprobe heraussuchte, gehörte in Deutschland der brandenburgische Teil der Lausitz mit einer beachtlichen Kohleförderung von 33 Millionen Tonnen. Der schrittweise Ausstieg aus der Kohleförderung und der damit verbundene Arbeitsplatzabbau sei hier, wie auch in Schlesien durch „natürliche Fluktuation“und Verrentung erfolgt. Anders dagegen etwa im tschechischen MährischSchlesien, wo es Entlassungen gegeben hätte. Zwar seien den Betroffenen
EU-finanzierte Schulungen angeboten worden, allerdings konnte der Rechnungshof nicht klären, ob das ihnen auch geholfen hat, neue Jobs zu finden.
Großes Klimaziel der EU war es bereits im Untersuchungszeitraum, so viel Kohlestrom wie möglich durch Energie aus Erneuerbaren zu ersetzen. Zumindest in den überprüften Regionen hätten die von der EU geförderten Projekte „keine wesentlichen Auswirkungen auf den Ausbau der erneuerbaren Energien“gehabt, hält der Rechnungshof fest. In der Lausitz kam es sogar noch dicker. Die noch betriebenen Bergwerke fuhren sogar die Produktion von Kohle hoch, um die Stilllegung des Bergwerks in Cottbus auszugleichen.
In seiner Zusammenfassung kommt der Rechnungshof zu dem ernüchternden Schluss, „dass die EU-Förderung für Kohleregionen einen beschränkten Fokus und begrenzte Auswirkungen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und den energiewirtschaftlichen Übergang hatte“. Trotz aller Fortschritte verursache in einigen Mitgliedstaaten Kohle „nach wie vor erhebliche Treibhausgasemissionen“– wohlgemerkt bereits vor dem Wiederhochfahren von Kohlekraftwerken in diesem Frühjahr. Erwähnt werden dabei insbesondere Polen, die Tschechische Republik, Bulgarien, Deutschland, Slowenien und Rumänien – versehen mit dem Hinweis, dass „in Deutschland und Polen die Kohleimporte in den vergangenen 15 Jahren erheblich gestiegen“seien.