Der Dreifachmord von Mallorca
Vor 25 Jahren wurden auf der spanischen Insel der Bierkönig-Besitzer Manfred Meisel, sein Sohn Patrick und eine Angestellte erschossen. Zu den Hintergründen gibt es bis heute nur Spekulationen. Die Täter wurden nie gefunden.
PALMA/MADRID Der Bierkönig gehört im Ballermann-Viertel auf Mallorca zu den Kultstätten. Doch vor 25 Jahren wurde der Vergnügungstempel an der Playa de Palma durch einen dreifachen Mord erschüttert. Bei der Bluttat kam der BierkönigBesitzer Manfred Meisel ums Leben. Auch sein damals achtjähriger Sohn Patrick und eine Angestellte wurden kaltblütig mit Kopfschüssen umgebracht. Jahrelang ermittelte die Kripo. Doch die Mörder konnten nie gefasst werden. Auch die Hintergründe liegen bis heute im Dunklen.
War es eine Abrechnung im hart umkämpften Partygeschäft an der Playa de Palma, in dem Meisel zu den erfolgreichsten Gastronomen aufgestiegen war? Eine Karriere, die ihm Respekt, aber auch Neid eingebracht hatte und mit der er sich Feinde gemacht hatte. Meisel erwirtschaftete mit seinem 1990 eröffneten Bierkönig-Partypalast Millionen. Er soll Drohungen erhalten haben.
Was genau in der Nacht vom 11. auf den 12. November 1997 geschah, ist bis heute unklar. Halbwegs sicher scheint nur, dass die Täter, die in Meisels fünf Kilometer vom Bierkönig entfernte Villa eindrangen, keine normalen Einbrecher waren. Sie ließen weder Bargeld noch andere Wertsachen mitgehen. Ihre Vorgehensweise spricht dafür, dass es sich um professionelle Auftragskiller handelte. Sie hinterließen keine brauchbaren Spuren und handelten im Mafiastil.
Nach der Rekonstruktion der Polizei jagten die Mörder dem damals 49 Jahre alten Meisel aus nächster Nähe zwei Kugeln in den Hinterkopf. Das Bild, das sich den Ermittlern am Tatort bot, erinnerte an eine Hinrichtung. Auf ähnliche Weise wurde Meisels Angestellte, die 30 Jahre alte Claudia Leisten, erschossen. Auch Meisels Sohn Patrick wurde mit zwei Kopfschüssen getötet. Warum musste auch er sterben? Eine Theorie lautet, dass die Angestellte zum Opfer einer Verwechslung wurde und dass in Wirklichkeit Meisels Lebensgefährtin Daiana R. ermordet werden sollte. Meisels Lebensgefährtin befand sich zum Tatzeitpunkt in Deutschland – sie war schwanger und für eine ärztliche Untersuchung in die Heimat gereist.
Handelte es sich bei dem Dreifachmord um einen gezielten Racheakt,
mit dem die ganze Familie umgebracht werden sollte? Spaniens Polizei verhängte damals eine Nachrichtensperre. Immerhin sickerte durch, dass die Fahnder mehrere Spuren verfolgten – allerdings erfolglos. So geriet ein früherer Geschäftspartner Meisels vorübergehend unter Verdacht. Auch wurde der Ex-Freund einer auf unklare Weise umgekommenen Go-go-Tänzerin verdächtigt, mit der sich Meisel gut verstanden haben soll.
Zudem wurde eine mysteriöse „Papageien-Mafia“unter die Lupe genommen, denn Meisel war nicht nur Wirt, sondern auch Besitzer einer riesigen Papageiensammlung mit Hunderten wertvoller Vögel. Doch auch für die Vermutung, dass der Mord mit illegalem Tierhandel zu tun haben könnte, gab es keine Beweise.
Im Ballermann-Partyviertel ging es nicht immer nur fröhlich zu. Hinter den Kulissen wurde mit harten Bandagen um Einfluss, Geld und Macht gerungen. Die Polizei fand in den vergangenen Jahren reichlich Hinweise auf illegale Geschäfte. Schutzgeld, Erpressung, Sexgeschäfte und Geldwäsche sollen dazugehören. Politiker, Polizisten und Rathausbeamte sollen bestochen worden sein. „Korruption gehörte an der Playa de Palma zum Alltag“, schrieb das „Mallorca Magazin“.
Diese Praktiken mündeten in mehrere Anklagen. Nicht nur gegen prominente mallorquinische Gastronomen wie gegen Bartolomé Cursach, der momentan in Palma vor Gericht steht. Cursach ist Besitzer des Ballermann-Feiertempels Megapark und damit einer der größten Konkurrenten des Bierkönigs. Oder gegen Miguel Pascual Biblione, der nach Meisels Tod zusammen mit
Bruder Antoni den Bierkönig übernahm. Miguel Pascual stand ebenfalls wegen illegaler Machenschaften vor Gericht. Er entkam jedoch einer Verurteilung, weil Belastungszeugen sich plötzlich an nichts mehr erinnern konnten. Auch der frühere deutsche Hells-Angels-Boss Frank Hanebuth muss Anfang 2023 in Spanien auf der Anklagebank Platz nehmen, weil er nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft im BallermannViertel mit unerlaubten Methoden im Nachtclub-Geschäft mitmischen wollte. Hanebuth wird unter anderem die Gründung einer kriminellen Vereinigung auf Mallorca vorgeworfen.
Sollte demnächst doch noch eine neue Spur in den 1997 verübten Bierkönig-Morden auftauchen, wird es in Spanien vermutlich keine Anklage mehr geben. Denn die Verjährungsfrist bei Mord ohne Terrorhintergrund beträgt 20 Jahre. Mutmaßliche Verdächtige können somit nicht mehr belangt werden. Anders sieht es in Deutschland aus: Da es sich bei den drei Opfern um deutsche Staatsbürger handelt, könnte auch die deutsche Justiz tätig werden – denn Mord verjährt in Deutschland nicht.