Die große Angst vor der Filialschließung
Fast ein Drittel aller Galeria-Standorte soll verschwinden, auch einige in NRW. Welche Häuser sicher scheinen und welche auf der Kippe stehen.
„Generell haben die Metropolen die besten Karten“Gerrit Heinemann Handelsexperte
DÜSSELDORF Als Galeria, das damals noch in Anlehnung an seine altehrwürdigen Vorgänger Galeria Karstadt Kaufhof hieß, vor zwei Jahren seine bis dato letzte Sanierung durchlief, stand am Ende ein Filialnetz, das um etwa 40 Niederlassungen kleiner war als zuvor. Jetzt steckt das Unternehmen wie 2020 in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, und wieder zeichnet sich ab, dass die Zahl der Warenhäuser um weitere mindestens 40 schrumpfen wird. Dauerhaft könnten sogar noch deutlich mehr Filialen wegfallen, glauben manche Beobachter. Auch NordrheinWestfalen wird davon betroffen sein. Welche Häuser haben die besten Chancen, zu überleben?
„Generell haben die Metropolen mit mehr als 500.000 Einwohnern die besten Karten“, sagt der Mönchengladbacher Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. Das heißt: Städte wie Düsseldorf, Essen, Köln und Dortmund. Dazu Städte, die davon profitieren, dass ein entsprechendes Einzugsgebiet mit nennenswerter Kaufkraft vorhanden ist, so wie beispielsweise Münster. „Städte wie Köln mit mehr als einer Million Einwohnern vertragen durchaus auch zwei Niederlassungen“, glaubt Heinemann. Außerhalb von NRW scheinen Standorte wie der Alexanderplatz in Berlin, jener am Marienplatz in München und der an der Mönckebergstraße in Hamburg sicher.
Generell wird die aktuelle Führung mit dem GaleriaChef Miguel Müllenbach, dem Sachwalter Frank Kebekus und dem Bevollmächtigten Arndt Geiwitz darauf achten, wie ertragreich eine Filiale ist und wie lange Mietverträge noch laufen. Bei länger laufenden Kontrakten wird auch diesmal einiges von Verhandlungen mit Vermietern abhängen. Galeria will mit ihnen zeitnah das Gespräch suchen.
Manches spricht auch dafür, dass Niederlassungen, in deren Umbau Galeria in den vergangenen Jahren investiert hat, nicht gerade die Ersten sind, die geschlossen werden. Vor dem Hintergrund könnte beispielsweise auch das GaleriaHaus in der niederrheinischen Kreisstadt Kleve eine längerfristige Daseinsberechtigung haben. Das ist eine der Filialen, denen Galeria vor Jahren bei der Präsentation seines neuen Konzeptes Modellcharakter verliehen hat. Als „lokales Forum“angepriesen, sollte das Haus regionale Schwerpunkte setzen. Davon ist zwar nichts zu sehen, und es ist auch nicht geklärt, ob Galerias Investment nicht nur aus vom Staat geliehenem Geld bestand. Aber ein Haus, das seit Jahren schwarze Zahlen schreibt, ist immer ein Überlebenskandidat. Erst recht, wenn es auch in Sachen Einzugsgebiet und Kaufkraft überzeugen kann, weil es ein Magnet für Besucher aus den Niederlanden ist. Und wo der Eigentümer der Immobilie ein Mann wie Bernd Zevens ist, dessen Verbundenheit zu seiner Heimatstadt Kleve groß ist.
In Düsseldorf ist der Standort an der Kö recht sicher, während jener auf der Schadowstraße vor dem Aus stehen könnte. Was neben der Rolle als eines der großen Aushängeschilder im Konzern noch für die Kö spricht: Dort ist der GaleriaBetreiber Signa neben dem CommerzbankVermögensverwalter Commerz Real Eigentümer des Hauses. Und eigene Niederlassungen zu schließen, würde auch den Wert der Immobilie mindern. Es sei denn, es gäbe schon Pläne für eine anderweitige Nutzung oder ein attraktives Kaufangebot.
In Köln ist dagegen das Ende der Niederlassung an der Breite Straße schon besiegelt. Dort hat die Unternehmensgruppe des israelischen Investors Berry Steinmetz als Eigentümer des Hauses schon den Abriss angekündigt. Steinmetz hat unter anderem dieses Haus vor Jahren von Signa gekauft, zu dessen Miteigentümer René Benko er ein inniges Verhältnis hat und dem er bei der Übernahme des GaleriaVorläufers Karstadt geholfen hat. Das Haus an der Hohen Straße dagegen scheint wegen seines MetropolenCharakters sicher, auch diese Filiale gehört Signa und Commerz Real.
Zu den Niederlassungen, die schon vor zwei Jahren nach dem damaligen Insolvenzantrag auf der Streichliste standen, gehören Häuser in Leverkusen, Bielefeld und Dortmund. Einige aus dieser Gruppe haben 2020 davon profitiert, dass Vermieter inmitten der Pandemie Zugeständnisse bei der Miete machten.
Im Rahmen des Insolvenzverfahrens vor zwei Jahren waren dem Unternehmen von seinen Gläubigern etwa zwei Milliarden Schulden erlassen worden. Außerdem hat Galeria in mehreren Etappen insgesamt 680 Millionen Euro Staatshilfe erhalten. Das Unternehmen mit seinen aktuell noch ungefähr 17.000 Beschäftigten ist gegenwärtig noch in 97 deutschen Städten vertreten.