Rheinische Post

Die große Angst vor der Filialschl­ießung

Fast ein Drittel aller Galeria-Standorte soll verschwind­en, auch einige in NRW. Welche Häuser sicher scheinen und welche auf der Kippe stehen.

- VON GEORG WINTERS

„Generell haben die Metropolen die besten Karten“Gerrit Heinemann Handelsexp­erte

DÜSSELDORF Als Galeria, das damals noch in Anlehnung an seine altehrwürd­igen Vorgänger Galeria Karstadt Kaufhof hieß, vor zwei Jahren seine bis dato letzte Sanierung durchlief, stand am Ende ein Filialnetz, das um etwa 40 Niederlass­ungen kleiner war als zuvor. Jetzt steckt das Unternehme­n wie 2020 in einem Insolvenzv­erfahren in Eigenverwa­ltung, und wieder zeichnet sich ab, dass die Zahl der Warenhäuse­r um weitere mindestens 40 schrumpfen wird. Dauerhaft könnten sogar noch deutlich mehr Filialen wegfallen, glauben manche Beobachter. Auch NordrheinW­estfalen wird davon betroffen sein. Welche Häuser haben die besten Chancen, zu überleben?

„Generell haben die Metropolen mit mehr als 500.000 Einwohnern die besten Karten“, sagt der Mönchengla­dbacher Handelsexp­erte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhei­n. Das heißt: Städte wie Düsseldorf, Essen, Köln und Dortmund. Dazu Städte, die davon profitiere­n, dass ein entspreche­ndes Einzugsgeb­iet mit nennenswer­ter Kaufkraft vorhanden ist, so wie beispielsw­eise Münster. „Städte wie Köln mit mehr als einer Million Einwohnern vertragen durchaus auch zwei Niederlass­ungen“, glaubt Heinemann. Außerhalb von NRW scheinen Standorte wie der Alexanderp­latz in Berlin, jener am Marienplat­z in München und der an der Mönckeberg­straße in Hamburg sicher.

Generell wird die aktuelle Führung mit dem GaleriaChe­f Miguel Müllenbach, dem Sachwalter Frank Kebekus und dem Bevollmäch­tigten Arndt Geiwitz darauf achten, wie ertragreic­h eine Filiale ist und wie lange Mietverträ­ge noch laufen. Bei länger laufenden Kontrakten wird auch diesmal einiges von Verhandlun­gen mit Vermietern abhängen. Galeria will mit ihnen zeitnah das Gespräch suchen.

Manches spricht auch dafür, dass Niederlass­ungen, in deren Umbau Galeria in den vergangene­n Jahren investiert hat, nicht gerade die Ersten sind, die geschlosse­n werden. Vor dem Hintergrun­d könnte beispielsw­eise auch das GaleriaHau­s in der niederrhei­nischen Kreisstadt Kleve eine längerfris­tige Daseinsber­echtigung haben. Das ist eine der Filialen, denen Galeria vor Jahren bei der Präsentati­on seines neuen Konzeptes Modellchar­akter verliehen hat. Als „lokales Forum“angepriese­n, sollte das Haus regionale Schwerpunk­te setzen. Davon ist zwar nichts zu sehen, und es ist auch nicht geklärt, ob Galerias Investment nicht nur aus vom Staat geliehenem Geld bestand. Aber ein Haus, das seit Jahren schwarze Zahlen schreibt, ist immer ein Überlebens­kandidat. Erst recht, wenn es auch in Sachen Einzugsgeb­iet und Kaufkraft überzeugen kann, weil es ein Magnet für Besucher aus den Niederland­en ist. Und wo der Eigentümer der Immobilie ein Mann wie Bernd Zevens ist, dessen Verbundenh­eit zu seiner Heimatstad­t Kleve groß ist.

In Düsseldorf ist der Standort an der Kö recht sicher, während jener auf der Schadowstr­aße vor dem Aus stehen könnte. Was neben der Rolle als eines der großen Aushängesc­hilder im Konzern noch für die Kö spricht: Dort ist der GaleriaBet­reiber Signa neben dem Commerzban­kVermögens­verwalter Commerz Real Eigentümer des Hauses. Und eigene Niederlass­ungen zu schließen, würde auch den Wert der Immobilie mindern. Es sei denn, es gäbe schon Pläne für eine anderweiti­ge Nutzung oder ein attraktive­s Kaufangebo­t.

In Köln ist dagegen das Ende der Niederlass­ung an der Breite Straße schon besiegelt. Dort hat die Unternehme­nsgruppe des israelisch­en Investors Berry Steinmetz als Eigentümer des Hauses schon den Abriss angekündig­t. Steinmetz hat unter anderem dieses Haus vor Jahren von Signa gekauft, zu dessen Miteigentü­mer René Benko er ein inniges Verhältnis hat und dem er bei der Übernahme des GaleriaVor­läufers Karstadt geholfen hat. Das Haus an der Hohen Straße dagegen scheint wegen seines Metropolen­Charakters sicher, auch diese Filiale gehört Signa und Commerz Real.

Zu den Niederlass­ungen, die schon vor zwei Jahren nach dem damaligen Insolvenza­ntrag auf der Streichlis­te standen, gehören Häuser in Leverkusen, Bielefeld und Dortmund. Einige aus dieser Gruppe haben 2020 davon profitiert, dass Vermieter inmitten der Pandemie Zugeständn­isse bei der Miete machten.

Im Rahmen des Insolvenzv­erfahrens vor zwei Jahren waren dem Unternehme­n von seinen Gläubigern etwa zwei Milliarden Schulden erlassen worden. Außerdem hat Galeria in mehreren Etappen insgesamt 680 Millionen Euro Staatshilf­e erhalten. Das Unternehme­n mit seinen aktuell noch ungefähr 17.000 Beschäftig­ten ist gegenwärti­g noch in 97 deutschen Städten vertreten.

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FOTO: MARKUS VAN OFFERN Das Galeria-Warenhaus in Kleve schreibt seit Jahren schwarze Zahlen und gehört damit zu den Überlebens­kandidaten.

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