Fußball zahlt zu hohen Preis
Dass es keinen Spieltag mehr in der Bundesliga gibt, der ohne Diskussion um eine strittige Entscheidung des Video-Assistenten (VAR) auskommt, daran hat sich FußballDeutschland längst gewöhnt. Aber beim Spiel des VfL Bochum gegen Borussia Mönchengladbach wurde für jeden sichtbar, was im Kern das größte Problem des VAR ist: Er verleiht den Schiedsrichtern einen Anteil am Spiel, der ihnen nicht zusteht. Der ihnen nicht zustehen darf, wenn der Fußball der Sport sein soll, den Milliarden Fans weltweit lieben.
In Bochum ging es bei der Aberkennung des vermeintlichen Gladbacher Ausgleiches um ein verändertes Wort in Absatz 2 der Zusatzerklärungen zur Regelauslegung. Ein Wahnsinn, dass die Genehmigung eines Treffers davon abhängt, wie viele Haken auf einer langen Checkliste gemacht werden können, ob die Aktion absichtlich war oder nicht.
Früher galt: Die Leistung eines Schiedsrichters ist umso besser, je unsichtbarer er ein Spiel leitet. Die Realität ist heute das Gegenteil: Der Schiedsrichter ist omnipräsent im Bild. Beim Griff ans Headset, beim Dauerlauf an den Monitor am Spielfeldrand, beim Verändern des Spielverlaufs. Und anschließend an den TV-Mikrofonen. Oder kannten Sie früher die Stimme von Alfons Berg oder Georg Dardenne? Der VAR hievt den Unparteiischen in einen Mittelpunkt, den er nicht will, den er nicht braucht, den er nicht haben darf. Im Mittelpunkt eines Fußballspiels stehen 22 Spieler auf dem Platz.
Der Schiedsrichter ist am besten, wenn er wie ein Roadie fungiert, der mit seinem geräuschlosen Wirken dafür sorgt, dass die Band ein gutes Konzert abliefert. Niemand will, dass der Roadie nach jedem Lied einen Schwank aus seiner Jugend erzählt oder beim Wechseln der Instrumente so lange braucht, dass die Musiker Däumchen drehen. „Es geht nicht darum, dass sich der Schiedsrichter hier vom Publikum wie ein Rockstar feiern lässt. Dann muss er Rockstar werden“, sagte Gladbachs Trainer Daniel Farke in Bochum.
Der Preis, den der Fußball dafür bezahlt, um vermeintlich ein Stückchen gerechter sein zu wollen, ist deutlich zu hoch. Weil er wie jetzt in Bochum einen Teil seines Wesens opfert. Und das ist es schlichtweg nicht wert.