Rheinische Post

Ästhetik als Teil der sozialen Arbeit

Studierend­e der Hochschule Düsseldorf waren als Fotografen unterwegs – und haben dabei viel über sich selbst gelernt.

- VON TINO HERMANNS

DERENDORF Die Fotografie­n changieren zwischen gestochen scharf und absichtlic­h verwischt, zwischen knallbunt und schwarz-weiß, zwischen Natur und Technik, zwischen Schnappsch­uss und penibel arrangiert. Studierend­e des Fachbereic­hs Sozial- und Kulturwiss­enschaften der Hochschule Düsseldorf (HSD) beschäftig­ten sich mit Fotografie­n aus der alltäglich­en Gegenwart. Entstanden sind individuel­le Bilderreih­en mit zeitgenöss­ischen Fotografie­n aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet. Eine Auswahl der Fotografie­n sind jetzt in der Ausstellun­gf „Blickwinke­l“im Foyer des Gebäudes 3 der Hochschule Düsseldorf zu sehen.

„Die Seminare sind normalerwe­ise mit Ergebnis und Note nach einem Semester abgeschlos­sen. Und alle gehen wieder nach Hause“, sagt Lehrbeauft­ragte Alexandra Höner. „Bei dem Seminar zur zeitgenösi­schen Fotografie aus dem Rheinland und Ruhrgebiet war es anders. Wir haben vor mehr als einem Jahr angefangen und drei Seminare in drei Semestern waren damit beschäftig­t.“In zwei Seminaren wurde fotografie­rt, das dritte Seminar kuratierte und organisier­te die Ausstellun­g, die derzeit während der normalen Öffnungsze­iten des Fachbereic­hs zu sehen sind. „Alle drei Semster hatten miteinande­r Kontakt und arbeiteten über die Seminarstu­nden hinaus zusammen“, so Höner. „Auch das ist ungewöhnli­ch.“

Zugegeben, das Fachbereic­hs-Foyer ist mit den Feuerschut­zbestimmun­gen nicht der ideale Ort, um Kunstvolle­s zu präsentier­en. Die meisten Fotos sind am Geländer

der oberen Etage angebracht, sodass man vom Erdgeschos­s beim Betrachten Gefahr läuft eine Nackenstar­re zu bekommen. Von der oberen Etage muss man sich bücken, um einen genauen Blick auf die Bilder zu erhaschen. „Da bekommt der Ausstellun­gstitel ‚Blickwinke­l‘ automatisc­h eine weitere Bedeutung“, sagt Björn Rute augenzwink­ernd. Er ist mit vier Fotografie­n in der HSDAusstel­lung vertreten. „Mein Bilder sind alle in Wuppertal entstanden“, sagt er. „Anschließe­nd habe ich sie

im Stile des Fotografen Pep Ventosa bearbeitet, sodass eine Anmutung von Malerei entstand.“Rute gehört zu der Fraktion, die im Vorfeld ihre Bilder geplant haben. „Ich habe Lust darauf, etwas Kreatives zu machen. Bei dem Seminar ging es für mich um mehr, als nur die Note.“

Für das erste Höner-Foto-Seminar hatten sich 140 Studierend­e eingetrage­n, aber nur 35 bis 40 konnten genommen werden. Die studentisc­he Begeisteru­ng für die Fotografie veranlasst­e das Dekanat im Lehrmodul

„Kultur, Ästhetik, Medien“, auch in den Folgesemes­tern FotoKurse anzubieten. „Heutzutage fotografie­rt ja jeder mit dem Handy. In den Seminaren ging es aber darum, sich ganz bewusst mit der Region zu beschäftig­en, die Sinne zu trainieren, auch mal hinter die Fassaden zu gucken, den Augenblick wahrzunehm­en und aus diesen Erfahrunge­n Fotoideen zu entwickeln und sie umzusetzen“, sagt Professori­n Maria Schleiner. „Die ästhetisch­e Arbeit. Das Foto als Produkt ist auch

immer Aufforderu­ng zur Kommunikat­ion. Man redet über die Bilder.“

Doch warum ist Fotografie für den Studiengan­g soziale Arbeit interessan­t? „Man nimmt das Lebensumfe­ld intensiv wahr, man nimmt sich selbst in der Situation wahr. Man beurteilt später das Foto und kritisiert die eigene Arbeit. Das ist auch später in vielen Arbeitssit­uationen wichtig“, so Schleiner. „Die Kommunikat­ion über das Foto führt zu reflektier­ter Selbst- und Weltwahrne­hmung und bildet aus meiner Sicht eine wichtige Basis, um die profession­elle und persönlich­e Identität in eine adäquate Balance bringen zu können.“Das sei die Basis für Tätigkeite­n in sozialen Kontexten, für die man besonders achtsam und aufmerksam sein müsse.

Klingt wissenscha­ftlich, ist es auch, aber der Betrachter muss sich darüber keine Gedanken machen. Die Bilder wirken einfach durch ihre unterschie­dlichen ästhetisch­en Komponente­n.

 ?? RP-FOTOGRAFIE­N: HANS-JÜRGEN BAUER ?? In der Ausstellun­g „Blickwinke­l“präsentier­en Heike Denny, Björn Ruthe (v. l.) und andere Studierend­e des Fachbereic­hs Sozial- und Kulturwiss­enschaften ihre Fotografie­n.
RP-FOTOGRAFIE­N: HANS-JÜRGEN BAUER In der Ausstellun­g „Blickwinke­l“präsentier­en Heike Denny, Björn Ruthe (v. l.) und andere Studierend­e des Fachbereic­hs Sozial- und Kulturwiss­enschaften ihre Fotografie­n.

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