Woelki soll unter Eid gelogen haben
Am Mittwoch hat die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen den Kardinal eingeleitet.
KÖLN (dpa/kna) Die Staatsanwaltschaft Köln hat am Mittwoch ein Ermittlungsverfahren gegen Kardinal Rainer Maria Woelki eingeleitet. Untersucht werde der Vorwurf der falschen Versicherung an Eides Statt, sagte Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn. Auslöser für die Ermittlungen sei ein am Mittwoch im „Kölner Stadt-Anzeiger“veröffentlichtes Interview mit der ehemaligen Assistentin des Personalchefs im Erzbistum Köln, Hildegard Dahm.
Dahm sagt in dem Interview, dass sie Woelki frühzeitig über Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Sternsinger-Chef Winfried Pilz informiert habe. Sie habe es „nicht mehr ausgehalten, Dinge aus erster Hand zu wissen, die den öffentlichen Aussagen von Kardinal Woelki widersprechen, speziell zum Fall des früheren Sternsinger-Präsidenten Winfried Pilz“.
Dem 2019 gestorbenen Pilz werden Missbrauchsvorwürfe gemacht. Woelki hat in einem presserechtlichen Verfahren versichert, erst ab der vierten Juniwoche dieses Jahres mit dem Fall befasst worden zu sein. Dahm sagte nun, sie habe im Januar
2015 persönlich eine Excel-Liste für Woelki mit allen damals aktuellen Missbrauchsfällen erstellt. Auf dieser Liste hätten 14 Namen gestanden, darunter der von Pilz. Ihr Chef habe die Liste in ein Gespräch mit Woelki mitgenommen. Hinterher habe sie ihren Chef gefragt, was Woelki zu der Liste gesagt habe. Darauf habe dieser geantwortet: „Das hat den Kardinal überhaupt nicht interessiert.“Sie sei daraufhin „wie versteinert“gewesen.
Vom „Kölner Stadt-Anzeiger“darauf hingewiesen, dass Woelki sage, er sei erst im Juni 2022 mit dem Fall Pilz befasst worden, antwortete Dahm: „Das ist nicht wahr. Mag sein, dass er sich das Blatt mit Pilz und den anderen 13 Namen nicht angeschaut hat. Aber befasst habe ich ihn damit. Ganz eindeutig. Deshalb war ich auch so entsetzt über die Selbstdarstellung des Kardinals in der Öffentlichkeit.“
Der Kölner Kardinal weist den Vorwurf zurück, er habe eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben. „Auch dieser erneute Versuch, Kardinal Rainer Maria Woelki eine falsche eidesstattliche Versicherung
zu unterstellen, ist unbegründet“, teilte die Erzdiözese mit. Sie argumentierte, die Mitarbeiterin wisse nicht, „ob der Kardinal diese, eine andere oder gar keine Liste gesehen hat, behauptet dieses aber einfach ins Blaue hinein“. Die Diözese warf ihr „Spekulationen“vor und kündigte an, arbeitsrechtliche Schritte zu prüfen.
Bistumssprecher Jürgen Kleikamp erklärte, seinem Eindruck nach solle
Woelki vor einem Besuch der deutschen Bischöfe kommende Woche bei Papst Franziskus „von interessierten Kreisen noch einmal mit uralten Geschichten, die längst geklärt sind, an den Pranger gestellt werden“. Franziskus hat über ein von ihm vor Monaten eingefordertes Rücktrittsgesuch Woelkis noch nicht entschieden.
Bislang hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Kardinal wegen zu geringen Anfangsverdachts abgelehnt. Nach dem Erscheinen des Interviews änderte sie ihre Meinung.
Der Vorsitzende der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für den sexuellen Missbrauch im Erzbistum Köln, der Kölner Verfassungsrechtler Stephan Rixen, findet deutliche Worte für die aktuellen Vorwürfe. Alle bisher bekannten Indizien und vor allem die Angaben der Mitarbeiterin sprächen dafür, „dass es in der Führungsspitze des Erzbistums mindestens eklatante Versäumnisse, wenn nicht ein bewusstes Wegschauen und Vertuschen gegeben hat“, so der Verfassungsrechtler.