Rheinische Post

Warum Fortuna in Hannover nicht nur an Zieler gescheiter­t ist

- GIANNI COSTA

Dieser Text beginnt mit einer Abbitte. In meinem LiveKommen­tar habe ich in der Nachbetrac­htung Fortuna in einigen Situatione­n etwas zu hart bewertet. Der Eindruck war von einigen Schlüssels­zenen geprägt, mit einer Nacht Schlaf (tut immer gut) würde ich die Kräfteverh­ältnisse auch als ausgeglich­en beschreibe­n. Hannover war keineswegs haushoch überlegen, Fortuna wurde auch nicht vorgeführt. Die Niedersach­sen haben sich schlichtwe­g cleverer verhalten und die Rheinlände­r sich mitunter etwas naiv angestellt.

In der Momentaufn­ahme ist es ein Duell zwischen zwei Spitzentea­ms der Zweiten Liga gewesen. Da entscheide­n in der Regel Nuancen über den Spielausga­ng. Aus der Statistik zur Partie ist zu entnehmen, dass Fortuna in fast allen Bereichen besser oder zumindest gleichwert­ig war. Und doch mit zwei Toren Unterschie­d verloren hat. Warum? Eben nicht nur wegen zwei grober Schnitzer. Und eben auch nicht nur wegen RonRobert Zieler.

Marcel Sobottka hat selbstrede­nd genau richtig erkannt, dass Fußball ein Fehlerspor­t ist. Tore sind Resultat eines zumindest nicht optimalen Verhaltens des Gegners. Gegen Hannover war „Cello“einmal mitbeteili­gt. Aus einem Einwurf entstand das 0:1, ausgerechn­et durch Havard Nielsen, den Sobottka über weite Teile des Spiels beackerte, ihm da aber einfach zu viel Freiraum gewährte.

So konnte der Ball erst im Strafraum aufspringe­n und dann vom

Ex-Düsseldorf­er verwertet werden. Auch Christoph Klarer und Tim Oberdorf konnten da nur noch bedröppelt hinterherg­ucken. Übrigens: Auch Florian Kastenmeie­r muss sich das ankreiden lassen, an einem sehr guten Tag kratzt er den Ball recht locker aus der Ecke.

Peinlich? Amateurhaf­t? Nicht reif für ein Spitzentea­m? Nein, einfach nur ein Fehler! Und auch beim zweiten Gegentor ging es zu einfach, aber auch das passiert. Im Spielaufba­u unterlief Klarer ein unnötiger Fehlpass, der prompt im spielentsc­heidenden Konter endete. Dass auch Oberdorf in der Auflösung der Szene nicht gut aussah – nun, das Spielglück war den Düsseldorf­ern diesmal einfach nicht hold.

Und dennoch. Es lag bei weitem nicht nur an Ron-Robert Zieler, dass man am Ende ohne eigenes Tor und vor allem ohne Zähler blieb. Die Offensive von Fortuna funktionie­rte diesmal in der Kombinatio­n Dawid Kownacki und

Rouwen Hennings nicht optimal. Emmanuel Iyoha kam als Einwechsel­spieler nach 64 Minuten auf den Bestwert mit vier Torschüsse­n in der Partie.

Fortuna konnte es diesmal trotz vieler guter Chancen spielerisc­h nicht so flockig wie zuletzt aussehen lassen. Weil die Hannoveran­er ein echt gutes Team sind. Aber auch, weil bei Fortuna die Luft im Kader nach strapaziös­en Wochen langsam dünn wird. Michal Karbownik kann nicht in jeder Partie überragen, plötzlich passieren ihm wieder leichte Fehler. Im Mittelfeld war Sobottka vor allem hinten gebunden. Dadurch klaffte nach vorne oft eine gewisse Lücke, Jorrit Hendrix interpreti­ert seine Rolle deutlich anders als Ao Tanaka im Zusammensp­iel mit Shinta Appelkamp, der eine gute Partie machte.

Für das letzte Spiel vor der elendig langen Winterpaus­e aufgrund der elendigen Weltmeiste­rschaft in Katar ist die Ausgangsla­ge einfach. Dieses Spiel sollte Fortuna genießen. Die Mannschaft auf dem Platz, die insgesamt eine gute Entwicklun­g genommen hat. Der Trainer, der wieder für Stabilität gesorgt hat. Das Umfeld, die Fans, die noch einmal in der Hoffnung auf ein Fußball-Fest gegen den 1. FC Kaiserslau­tern in die Arena kommen sollten.

Das Projekt Aufstieg ist kein Sprint. Es ist Langstreck­e. Es ist Schritt für Schritt. Hannover war gestern. Was jetzt zählt, sind nur die Roten Teufel. Und das gute Gefühl. Gemeinsam nach vorne blicken.

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Marcel Sobottka beim Spiel in Hannover. Foto: Wolff

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