Die Odyssee der „Ocean Viking“soll in Frankreich enden
PARIS Es war Gérald Darmanin anzusehen, dass er genervt war. Als der französische Innenminister die Aufnahme des Rettungsschiffs „Ocean Viking“am Militärhafen von Toulon bekannt gab, benutzte er gleich dreimal das Wort „ausnahmsweise“. Der 40-Jährige verband seine Ankündigung am Donnerstag mit schweren Vorwürfen gegen die neue postfaschistische Regierung Italiens, die zuvor das Einlaufen des Schiffs mit 234 Menschen an Bord, darunter 57 Kinder, verweigert hatte. „Die französischen Behörden haben beschlossen, das nicht akzeptable Verhalten Italiens wiedergutzumachen“, sagte Darmanin.
Eine Woche lang hatten Frankreich und Italien über das Schicksal der Geflüchteten gestritten. Die rechte italienische Regierungschefin Giorgia Meloni setzte das Nachbarland am Dienstag unter Druck, als sie behauptete, Frankreich wolle die „Verantwortung“mit Italien teilen.
Die „Ocean Viking“, die an diesem Freitagvormittag in Toulon erwartet wird, hatte seit 2. November vergeblich in mehreren Ländern um eine Einfahrt gebeten. Die Hilfsorganisation SOS Mediterranée, die das Schiff betreut, sah eine „kritische Grenze“an Bord erreicht. Am Montag erging ein Appell an Frankreich, obwohl das Schiff nach seiner Rettungsaktion vor Libyen in italienischen Gewässern unterwegs war.
Doch auch die französische Regierung, die vom rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) unter Druck gesetzt wird, zeigte zunächst keine Bereitschaft, die Migranten an Land zu lassen. Der Militärstützpunkt Toulon ist nun eine Minimallösung. Die Menschen aus Mali, Somalia und anderen Ländern sollen dort in einem abgeriegelten Gelände versorgt, ihr Asylstatus soll überprüft werden. Falls ein Asylanspruch besteht, kann ein Drittel der Geflüchteten in Frankreich bleiben. Ein weiteres Drittel solle nach Deutschland weiterreisen, kündigte Darmanin an. Für das letzte Drittel lägen Angebote mehrerer EU-Länder vor.
RN-Fraktionschefin Marine Le Pen kritisierte die Entscheidung der Regierung umgehend. Macron sende damit ein „dramatisches Signal des Laxismus“aus, schrieb sie im Kurznachrichtendienst Twitter. Macron indes will im kommenden Jahr ein neues Einwanderungsgesetz durchbringen, das unter anderem Einbürgerungen schwieriger machen soll.