NRW-Finanzminister attackiert den Bund
Die Opposition wiederum wirft Marcus Optendrenk Tricksereien mit Krediten beim Rettungspaket vor.
DÜSSELDORF Die Pläne der Berliner Ampelkoalition zur Abfederung der kalten Progression machen den NRW-Finanzminister hörbar wütend. Als Marcus Optendrenk (CDU) sich am Donnerstagmittag den Fragen der Abgeordneten im Haushaltsund Finanzausschuss zum landeseigenen Rettungspaket und zum Haushalt 2023 stellt, da bricht es aus dem ansonsten eher ruhigen Niederrheiner heraus: „Das, was der Bund da veranstaltet, ist derart unterirdisch in der föderalen Zusammenarbeit, dass mir der Atem stockt“, ereifert er sich und spricht von einem „vollständigen Vertrauensbruch“. Und das, nachdem der Streit zwischen Bund und Ländern um das Entlastungspaket III gerade erst mühsam beigelegt wurde.
Was war geschehen? Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte am vergangenen Donnerstag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“erklärt, die Bürger aufgrund der steigenden Inflation stärker bei der kalten Progression entlasten zu wollen. Eigentlich ein Leib- und Magenthema bürgerlicher Politiker und somit auch der CDU. Doch das Problem aus Optendrenks Sicht: Lindners Vorstoß kommt einmal mehr ohne Absprache mit den Ländern. Allein NRW treffen die Pläne massiv durch Einnahmeausfälle für den Zeitraum 2024 bis 2026 in Höhe von vier Milliarden Euro. „Wir sind in keiner Weise einbezogen worden“, sagt der Minister und warnt, dass bei solchen zusätzlichen Belastungen auch die Kommunen betroffen sein werden.
Im weiteren Verlauf wird Optendrenk dann allerdings selbst zum Attackierten. Denn die Opposition wirft der Landesregierung Trickserei bei ihrem eigenen 3,5 Milliarden Euro schweren Rettungspaket vor, das durch eine Umwidmung von Mitteln aus dem Corona-Rettungsschirm finanziert werden soll.
SPD-Finanzexperte Stefan Zimkeit spricht von einer rechtlich nicht korrekten Umgehung der Schuldenbremse und einer Umettiketierung. Zugleich kritisiert er, dass sich die 3,5 Milliarden Euro nicht am echten Bedarf orientierten, sondern nur die Mittel herangezogen würden, die zufällig im Corona-Rettungsschirm übrig geblieben seien.
Und selbst daran könnte man bei näherer Betrachtung ein Fragezeichen machen. Tatsächlich überrascht nämlich das Finanzministerium in der Ausschusssitzung mit der Aussage, dass das Land noch am 8. November eine Milliarde Euro und am 9. November weitere 145 Millionen Euro für den zum Jahresende auslaufenden Corona-Rettungsschirm an frischen Krediten aufgenommen habe. Das konterkariert Aussagen von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Der hatte nämlich am 4. November in einer Unterrichtung des Landtags noch angekündigt, man werde zur Finanzierung bereits vorhandene Kredite nutzen.
FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel sagte unserer Redaktion im Anschluss: „Eine Plünderung und Zweckentfremdung des Corona-Rettungsschirms ist gar nicht nötig und rechtlich höchst problematisch.“Auch die politischen Verabredungen seien stets andere gewesen. „Der Finanzminister muss jetzt selber das liefern, was er von seinen Amtsvorgängern erwartet hat: kluge Konsolidierungsmaßnahmen ohne faktisch neue Schulden.“