Mehr Moor fürs Klima
Die Feuchtgebiete speichern CO2. Trocknen sie aus, werden große Mengen des Treibhausgases freigesetzt. Das Land arbeitet an einem Schutzkonzept und hofft auf Einvernehmen mit der Landwirtschaft. Naturschützer sind skeptisch.
DÜSSELDORF Im Kampf gegen den Klimawandel will die Bundesregierung den Schutz und die Wiederherstellung von Moorgebieten vorantreiben. Ebenso die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen: „An den Standorten, wo das möglich ist, wollen wir Moorschutz betreiben“, sagte Landesumweltminister Oliver Krischer (Grüne) noch im August bei einem Besuch der Moorflächen in der Ohligser Heide bei Solingen.
Etwa 2100 Hektar Moorlandschaft gebe es heute in Nordrhein-Westfalen, und das Landesumweltamt arbeitet an einem Schutzkonzept: „Bis zum Jahresende soll es fertig sein“, heißt es aus der Behörde. Das Bundeskabinett wiederum hat in dieser Woche eine nationale Moorschutzstrategie für ganz Deutschland beschlossen. Ziel ist die „Wiedervernässung“der Böden. Das ist relevant fürs Klima, weil Moore besonders viel CO2 speichern – mehr als beispielsweise Wälder. Andersherum wird dieses seit Jahrhunderten gebundene CO2 nach und nach freigesetzt, wenn der Boden entwässert wurde. Das ist vielfach geschehen, um Flächen in Felder und Viehweiden zu verwandeln. Auch in NRW unterliege „ein nennenswerter – wenngleich derzeit nicht genau zu benennender – Anteil der Moorböden einer landwirtschaftlichen Nutzung“, heißt es aus dem Landesumweltministerium.
Trotzdem will Nordrhein-Westfalen sich auf die „Wiedervernässung“geschädigter Moore innerhalb bereits bestehender Schutzzonen konzentrieren. „Lebendige und intakte Moore mit ihren ganz besonderen Wäldern, Böden und Gewässern haben eine große Bedeutung für die Artenvielfalt, für den natürlichen Klimaschutz und für einen Hochwasserschutz in der Fläche“, umriss Umweltminister Krischer.
Der Naturschutzbund (Nabu) in NRW begrüßt die politischen Signale aus Berlin und Düsseldorf grundsätzlich. „Gut, dass man an die Sache ranwill“, sagte Hermann Nagel, Fachmann für Moore bei der Organisation. „Aber in NRW gibt es fast keine Moorflächen mehr, die noch in Ordnung sind. Die einzige, die einigermaßen intakt ist, ist das Große Torfmoor im Kreis Minden-Lübbecke.“
Das rund 550 Hektar große Gebiet sei aufwendig renaturiert worden und jetzt streng geschützt. Solche Projekte dauerten Jahre und seien ausgesprochen teuer, so Nagel: „Ich bin im Moment sehr skeptisch, ob in der gegenwärtigen Situation das Geld dafür da sein wird.“
Auch die Opposition im Landtag stellt die Frage, welche Ziele beim Moorschutz realistisch sind. „Beispielhaft für die drohende Austrocknung der Moore steht das Zwillbrocker Venn im Kreis Borken“, schreibt die SPD in einer Anfrage, die sie an die Landesregierung gerichtet hat. „Bereits mehrere Jahre hintereinander sind Teile des Moors ganz oder teilweise trockengefallen.“Wegen trockener Sommer, womöglich aber auch wegen geänderter Landnutzung oder Wassergewinnung. Das zeige, wie komplex die Renaturierung eines Moors sein könne.
Konflikte drohen zudem, wenn es stellenweise doch um die Zukunft heutiger Felder und Weiden gehen sollte. „Die Wiedervernässung von Mooren als Maßnahme zum Klimaschutz bedeutet für die dort vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebe eine grundsätzliche, erhebliche Einschränkung bis hin zur Aufgabe der Bewirtschaftung“, sagte NRWLandwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) unserer Redaktion. Allerdings sei die Hektarzahl landwirtschaftlich genutzter Moorflächen in NRW wirklich klein, ordnet das Ministerium ein: „Der Anteil der Moore an der Ackerfläche in Nordrhein-Westfalen liegt bei unter einem Prozent.“