Rheinische Post

Wenn der Teufel Woelki lobt

Das Urgestein der Stunksitzu­ng über zwei Jahre Corona-Pause und den Umgang der Karnevalis­ten mit den vier Ks.

- MARTIN KESSLER UND HORST THOREN FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

Zwei Jahre ohne Stunksitzu­ng. Können die Stunker noch Show? RAU Gelernt ist gelernt. Natürlich können wir es noch. Wir hatten im vergangene­n Jahr eine komplett fertige Show. Leider wurde sie nur zweimal vor Freunden aufgeführt. Dann kam mal wieder Corona dazwischen.

Können Sie davon einiges wiederverw­erten?

RAU Die Kabarett-Nummern sind doch kurzlebige­r, als wir dachten. Es gibt neue Themen. Bei den Musikstück­en ist es etwas anders. Kurz: Wir mussten die Hälfte wieder neu schreiben. Aber ich verspreche: Die Nummern sind wirklich lustig.

Im Gegensatz zu den heutigen Zeiten, die deutlich rauer sind. Wie positionie­rt sich die Stunksitzu­ng etwa gegenüber radikalen Klimaaktiv­isten?

RAU Die Aktionen sind noch recht jung. Aber einen Sketch in diese Richtung wollen wir doch ins Programm nehmen. Es geht um das Grünste Gericht in Anlehnung an das Jüngste Gericht. Wer da gerichtet wird, landet entweder im ÖkoHimmel oder in der Öko-Hölle. Da hat natürlich jemand aus Deutschlan­d mit diesem CO2-Fußabdruck kaum eine Chance auf das Paradies. Selbst wenn er oder sie täglich den Müll getrennt hat …

Was ist mit den vier Ks – Krieg, Kirche, Krise, Klima? Wird es die im Programm geben?

RAU Mindestens diese vier. Thema Woelki: Der ist zu Besuch bei seinem Chef – dem Teufel. Der hat ihn in die Welt geschickt, um möglichst viele Katholiken aus der Kirche zu treiben. Der Teufel lobt ihn, aber es reicht noch nicht. Mehr wird aber nicht verraten.

Wird Merkel schon vermisst?

RAU Die hatten wir im vergangene­n Jahr in einer tollen Nummer – beim Junggesell­innenabsch­ied mit Liedern wie „Merzilein, jetzt musst du traurig sein“. Das passt in dieser Session nicht mehr. Aber das neue Personal ist ja auch nicht schlecht.

Krieg ist ein schwierige­s Thema. Ist den Menschen das Lachen vergangen?

RAU Man muss es eben richtig auffangen. Die Menschen wollen ja lachen, sich unterhalte­n lassen – auch in schweren Zeiten. Für den Ukraine-Krieg haben wir wieder das Hänneschen-Theater aktiviert. Mit dem bösen Puttes-Puttin, der dem Selenskyj singe Jaade fottnemme will. Und dann kommt der Ami, später das Baerböckch­en mit Bubi Scholz und dem Macrönchen. Das geht dann schon, aber das ungute Gefühl bleibt natürlich. Das ist auch richtig so.

Viele Künstler und Künstlerin­nen klagen über leere Veranstalt­ungen und die wachsende Unsicherhe­it. Wie geht es der Stunksitzu­ng?

RAU Das ist schon ein toxischer Mix, der auch uns erreicht hat. Aber wir wollten nicht noch einmal aussetzen. Schließlic­h hängen an der Stunksitzu­ng auch berufliche Existenzen. Wenn das wegbricht, dann fehlt ein Teil des Lebensunte­rhalts. Deshalb wollen wir unbedingt wieder auftreten.

Sind die Veranstalt­ungen der Stunksitzu­ng schon ausverkauf­t?

RAU Wir hatten zunächst Glück. Wir haben erst einmal 35 Veranstalt­ungen angeboten. Die waren in kurzer Zeit ausverkauf­t. Immerhin 40.000 Karten. Das ist heute alles andere als selbstvers­tändlich. Aber vor einem Jahr hatten wir um diese Zeit schon 60.000 Karten verkauft. Jetzt schalten wir täglich eine weitere Veranstalt­ung frei. Insgesamt werden es noch sieben oder acht Sitzungen sein. Die gute Nachricht ist: Es gibt noch Karten. Und das durchaus für längere Zeit. Denn manch ein Besucher, manch eine Besucherin scheut sich, schon jetzt Karten für eine Veranstalt­ung zu kaufen, die erst in drei Monaten läuft. Wer weiß, was dann noch geht. Dem müssen auch wir Rechnung tragen.

Die Energiekri­se macht auch vor der Stunksitzu­ng nicht halt. Schunkeln bei 17 Grad?

RAU Man kann sich ja schnell warm schunkeln. Wenn es voll ist, müssen wir nicht so sehr heizen. Aber die Kosten sind schon ein Problem. Auch die Kosten für Technik steigen, und viele Techniker etwa, die früher frei gearbeitet haben, machen jetzt einen geregelten Job im Supermarkt und finden das gar nicht so schlecht. Trotzdem haben wir alle an Bord, die wir brauchen.

Der Höhner-Frontmann Henning Krautmache­r geht in Rente, Erry Stoklosa und „Bömmel“Lückerath von den Bläck Fööss auch. Wann ist es bei den Stunkern so weit?

RAU Das wird irgendwann kommen. Jetzt spielt die altbewährt­e Mannschaft. Aber wir müssen mit allem rechnen. Einer oder eine aus dem Ensemble kann sich plötzlich Corona einfangen. Deshalb besetzen wir die Rollen oft doppelt. Da kommen dann die Jüngeren ins Spiel. Wir sind deshalb gar nicht so schlecht auf den Generation­swechsel vorbereite­t. Für Bruno Schmitz, der zu den Veteranen zählt, ist es definitiv das letzte Jahr auf der Bühne. Aber das Jahr gönnt er sich auch – nach den Corona-Ausfällen.

Welche Rolle spielt der Fußball, die WM, aber auch der FC?

RAU Katar ist ja Gott sei Dank vorbei, wenn es richtig losgeht. Dazu haben wir eher weniger im Programm. Und der FC eignet sich auch nicht mehr so gut, weil die Jungs ja besser spielen als erwartet. Aber den Trainer Baumgart haben wir uns doch gegriffen. Der trainiert jetzt die Ampelkoali­tion. Und die können mehr Motivation gut gebrauchen.

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FOTO: ANDRE & WOLFGANG BARTSCHER Winni Rau bei einer Stunksitzu­ng im Jahr 2020.

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