RWE bereitet Rodung in Lützerath vor
In diesem Winter soll das Dorf weichen. Im Kerngeschäft hat RWE seinen Gewinn mehr als verdoppelt.
ESSEN Der Energiekonzern RWE bereitet sich auf das Abbaggern des Dorfes Lützerath im Rheinischen Revier vor. „In der Rodungsperiode in diesem Winter muss die Rodung erfolgen“, sagte Finanzvorstand Michael Müller bei der Vorstellung der Zwischenbilanz.
Man brauche die Braunkohle, um Kraftwerke am Netz zu halten und so die Versorgung in Deutschland zu sichern. Rodungen sind zwischen März und September verboten. Zur Frage der Räumung der von Klima-Aktivisten besetzten Häuser in Lützerath sei man in Abstimmung mit der Landesregierung. Will RWE noch vor Weihnachten roden? „Ich weiß es nicht“, sagte Müller.
Der Konzern braucht – auch zum Schutz seiner Mitarbeiter – die Polizei. Damit gibt das Land den Takt vor. Es werden harte Auseinandersetzungen erwartet. Die Landesregierung sieht RWE nach einem Gerichtsurteil im Recht. Der Konzern sei der Eigentümer und sei berechtigt, das Dorf „bergbaulich in Anspruch zu nehmen“, hatte Wirtschaftsministerin Mona Neubau (Grüne) unlängst gesagt.
Bilanziell ist RWE einer der Gewinner der Energiekrise: Der Essener Konzern hat in den ersten neun Monaten seinen Gewinn fast verdoppelt: Der Vorsteuergewinn stieg von 2,4 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum auf 4,2 Milliarden. Im Kerngeschäft konnte RWE den Gewinn auf 3,5 Milliarden Euro sogar mehr als verdoppeln, das geht vor allem auf brummende Geschäfte mit dem Ökostrom und den Energiehandel zurück. Auch die Braunkohlekraftwerke, der Atommeiler Lingen und andere Kohlekraftwerke haben 633 Millionen Euro Gewinn abgeliefert. RWE verweist darauf, dass er die Stromproduktion aus Braunkohle und Kernkraft bereits vor der Energiekrise langfristig verkauft hat.
Der Geldsegen hat Folgen. Die Bundesregierung will die Gewinne von RWE und anderen Versorgern abschöpfen – und das rückwirkend zum 1. September. So sollen die Preisbremsen finanziert werden. Grundsätzlich ist RWE dazu bereit: „Wir müssen in Deutschland zusammenhalten, auch wir werden unseren Beitrag leisten“, sagte Müller. Aber: „Wir sind strikt gegen eine rückwirkende Abschöpfung. Wir brauchen Verlässlichkeit und Anreize für Investoren.“Die derzeit kursierenden Gesetzesvorschläge seien zudem sehr kompliziert. RWE will das Geld im Konzern halten, um weiter in den Ökostrom-Ausbau zu investieren. Daher soll auch die Dividende für die Aktionäre nicht höher ausfallen als geplant: Sie soll für 2022 bei 90 Cent je Aktie liegen.
Der Konzern, der mit seinen Braunkohle-Kraftwerken der größte CO2-Emittent in Deutschland ist, treibt den Ausbau des Ökostromgeschäftes mit Milliardenbeträgen voran. So will RWE für knapp sieben Milliarden Euro den US-Solarkonzern Con Edison Clean Energy mit 500 Mitarbeitern übernehmen. Mit dem Kauf werde RWE die Nummer vier beim Ökostrom und die Nummer zwei bei Solarstrom in den USA, so Müller. Um trotz des Kaufs das Rating zu sichern, war eine Kapitalerhöhung nötig – und dazu hat RWE Katar als Finanzinvestor an Bord genommen. „Das ist eine reine Finanzbeteiligung“, hieß es.