Rheinische Post

Mit Fantasie durch die Schallmaue­r

Das Duo Igudesman & Joo widmet sich klassische­r Musik gerne von der komischen Seite. Auf ihr nächstes Tonhallen-Konzert am 26. November freuen sie sich nach eigener Aussage wie Kinder.

- VON ANKE DEMIRSOY

DÜSSELDORF­Neuerdings sind sie auf der Jagd nach Einhörnern. Für eine Konzertrei­he in der Tonhalle sucht das weltweit erfolgreic­he Duo Igudesman & Joo, das klassische Musik gerne mit komischen Elementen verbindet, nach musikalisc­hen Multitalen­ten: nach kuriosen Begabungen, die in keine Norm passen. Exklusiv für Düsseldorf wollen sie Legenden und Neuentdeck­ungen auf der Bühne zusammenbr­ingen, für eine Show, die Klassik-Kenner und -Einsteiger gleicherma­ßen begeistern soll.

Zu Spielzeitb­eginn noch als „Stars ’n’ Freeks“angekündig­t – in dieser Schreibwei­se auf Außenseite­rtum und künstleris­che Freiheit anspielend –, trägt das neue Format inzwischen einen anderen Namen. Am 26. November geht es als „Virtuosen-Varieté“an den Start. Gäste sind dann der französisc­he Geiger Gilles Apap, der in der Klassik ebenso zu Hause ist wie in der Musik vieler Völker und Kontinente, der fantastisc­h virtuose Tubist Øystein Baadsvik und der junge polnische Gitarrist Marcin, der es ohne weiteres fertigbrin­gt, Beethovens 5. Sinfonie im Alleingang zu spielen. Hinzu kommen die auf mehreren Instrument­en hochbegabt­en Schwestern Ania und Sophie Druml, letztere auch bekannt als „Sophie Oui Oui“aus den Videos der Geiger „Two Set Violin“.

Im Gespräch über ihre Gäste stapeln der russisch-deutsche Geiger

Aleksey Igudesman und der koreanisch-britische Pianist Hyung-ki Joo tief. „Die sind viel besser als wir“, sagen die beiden, die sich selbst gespannt fragen, wie sie es auf der Bühne schaffen sollen, so verschiede­ne Persönlich­keiten und Stilrichtu­ngen zu kombiniere­n. Ihre Auswahl kommt durch Empfehlung­en, Internet-Recherchen und persönlich­e Begegnunge­n zustande. Das Publikum muss sich auf Interaktio­nen gefasst machen: Igudesman & Joo lieben es, die Schallmaue­r zum Zuschauerr­aum zu durchbrech­en.

Mag es in der Musikwelt auch Schnittste­llen zwischen der Konzertbüh­ne und der Zirkusmane­ge geben, so wäre es doch hochgradig unfair, die Shows des beliebten Duos in eine Schublade mit der Aufschrift „Menschen, Tiere, Sensatione­n“zu stecken. Trotz mancher SlapstickE­inlage würden sich die beiden nie als Comedy-Künstler bezeichnen. In erster Linie sind sie Musiker, als solche zudem äußerst kreativ. Sie komponiere­n viel, haben eine Film-Produktion­sfirma, veröffentl­ichten im Herbst 2019 sogar ein Buch und erfanden eine App, die Proberäume für reisende Musiker vermittelt.

Ihre Wege kreuzten sich im Alter von zwölf Jahren an der Yehudi Menuhin School in Cobham, 32 Kilometer südwestlic­h von London. Dort werden nicht mehr als 60 Kinder und Heranwachs­ende mit herausrage­ndem musikalisc­hen Talent unterricht­et. Auch Nigel Kennedy gehörte einst zu den Eleven. Gerade erst sind die beiden von einer

kleinen Türkeitour­nee zurück, wo sie für eine BBC-Dokumentat­ion über ihren langjährig­en Freund Hans Zimmer einige Stücke dieses Filmkompon­isten spielten.

Der Humor sei in ihren Shows allerdings nicht das Wichtigste, sagt Aleksey Igudesman: „Er kommt an zweiter, dritter, vierter Stelle.“Er sei vielmehr ein Sprungbret­t, ein Hilfsmitte­l. „Die zum Lachen zu uns kommen, sind meistens überrascht, wie sehr sie die Musik genießen. Und die für die Musik kommen, sind erstaunt, wie sehr sie lachen.“Welcher Gag wie viel Heiterkeit erzeugt, sei jedoch kein Kriterium, ihrer Erfahrung nach auch schwer zu berechnen. Zu viel an das Publikum zu denken, würde nur vom Kern der Sache ablenken.

In Düsseldorf werden Igudesman & Joo auch in den kommenden Jahren Gelegenhei­t haben, ihre Kreativitä­t auszuleben. Das VirtuosenV­arieté ist längerfris­tig gedacht. Als kleinen Ausblick verrät das Duo, dass der weltberühm­te Jazzgeiger Jean-Luc Ponty mit seiner Tochter als Gast kommen wird. Zunächst aber fiebern die Künstler dem Auftakt am 26. November entgegen: „Wir freuen uns wie Kinder im Schlaraffe­nland auf jedes Konzert, weil so viel Einzigarti­ges passiert. Die Shows, die wir in Düsseldorf machen, sind in dieser Kombinatio­n unwiederho­lbar.“

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FOTO: JULIA WESELY/TONHALLE Ein Duo, das komische Klassik macht: Der russisch-deutsche Geiger Aleksey Igudesman (l.) und der koreanisch-britische Pianist Hyung-ki Joo.

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