Rheinische Post

„Das Jahr bei Fortuna war der Knackpunkt“

Der 24-Jährige vom 1. FC Kaiserslau­tern kehrt erstmals nach Düsseldorf zurück. Wir haben mit ihm vor dem Spiel gesprochen.

- TOBIAS DINKELBORG FÜHRTE DAS GESPRÄCH

Als Boris Tomiak den Telefonhör­er abnimmt, meldet er sich mit gut gelaunter Stimme. Kein Wunder, ist es für den Innenverte­idiger doch stets bergauf gegangen, seit er vor anderthalb Jahren einen Profivertr­ag bei Fortuna ausgeschla­gen und sich für einen Wechsel zum 1. FC Kaiserslau­tern entschiede­n hat. Heute (18.30 Uhr, Arena) kommt es in Düsseldorf zum Wiedersehe­n mit dem Verein, dem er – auf unterschie­dliche Art und Weise – trotz allem viel zu verdanken hat.

Herr Tomiak, wann hatten Sie letztmals Kontakt zu Tim Oberdorf?

TOMIAK Gesehen haben wir uns lange nicht mehr, aber wir halten ab und zu Kontakt über Social Media. Da tauschen wir uns schon das eine oder andere Mal aus – zum letzten Mal ungefähr vor zwei, drei Wochen.

Sie ahnen vielleicht den Hintergrun­d dieser Frage.

TOMIAK (lacht) Ja...

In Fortunas U23 haben Sie vor zwei Jahren das beste Innenverte­idigerDuo der Regionalli­ga West gebildet, jetzt spielen Sie in der Zweiten Liga gegeneinan­der. Hätten Sie sich das jemals erträumt oder überhaupt für möglich gehalten?

TOMIAK Ich freue mich mega. Erstmal darüber, dass es bei mir gut läuft. Aber ich freue mich vor allem für Tim, weil er es sich verdient hat. Es ist für mich sehr schön, das aus der Ferne zu verfolgen. Cool, dass es für uns beide so gelaufen ist. Erträumt hätte ich es mir natürlich, aber vorgestell­t in so einem kurzen Zeitraum auf gar keinen Fall.

Was war das Geheimnis dafür, dass es mit Ihnen beiden seinerzeit so gut funktionie­rt hat?

TOMIAK (überlegt) Erstmal haben wir auf dem Platz gut harmoniert. Aber ein wichtiger Punkt war, dass wir uns auch außerhalb des Platzes sehr gut verstanden haben. Sowohl was das Menschlich­e als auch was das Fußballeri­sche angeht. Wir konnten uns gegenseiti­g immer helfen.

Oberdorf ist in Düsseldorf geblieben, Sie sind nach Kaiserslau­tern gewechselt. War das die beste Entscheidu­ng Ihrer Karriere?

TOMIAK Das kann man – denke ich – auf jeden Fall so sagen. Gut, keiner weiß, wie es läuft, wenn man im Leben andere Entscheidu­ngen trifft. Aber wenn man sich den Weg, den ich in Kaiserslau­tern gegangen bin, anschaut, ist es so, dass der Wechsel die beste Entscheidu­ng war, die ich zu diesem Zeitpunkt treffen konnte. In Düsseldorf – da lehne ich mich jetzt mal aus dem Fenster – wäre es womöglich ganz anders gelaufen.

Können Sie erklären, warum?

TOMIAK Vielleicht hätte ich mich auch bei Fortuna auf Dauer durchsetze­n können. Aber in Düsseldorf hätte ich wohl vor allem in so kurzer Zeit nicht die Chance bekommen, weil ich da einen ganz anderen Stellenwer­t hatte als in Kaiserslau­tern. Wahrschein­lich hätte ich bei Fortuna in der Regionalli­ga meine Einsatzzei­ten gekriegt, aber vielleicht nicht die Gelegenhei­t, mich so schnell bei den Profis zu beweisen.

Bei den „Roten Teufeln“haben Sie sich auf Anhieb zum Stammspiel­er entwickelt, die Dritte Liga schien Ihnen keine Probleme zu bereiten. Hat Sie das überrascht?

TOMIAK Das kann man schon so sagen, ja. Ich habe nicht erwartet, dass ich fast jedes Spiel mache und wir dann auch noch direkt aufsteigen. Da sind so viele Sachen zusammenge­kommen, die man sich eigentlich nur im Traum hätte wünschen können. Es war einfach schön.

Auch in Ihrem ersten ZweitligaJ­ahr wirkt es nun, als hätten Sie nie woanders gespielt. Wie gelingt Ihnen das?

TOMIAK Gerade in der Zweiten Liga merkt man, dass man noch konzentrie­rter sein muss – immer zu einhundert Prozent. Nicht nur in jedem Spiel, sondern auch in jedem Training wird man extrem gefordert. Jede Kleinigkei­t wird noch viel mehr bestraft. Wir haben einen guten Kader, ein gutes Team, mit dem man sich jeden Tag verbessert. Und wenn man da immer einhundert Prozent gibt, merkt man, dass man sich anpassen kann und jede Woche besser wird. Das macht einfach Spaß.

In der vergangene­n Saison waren Sie der Überraschu­ngsspieler, als Sie niemand so richtig auf dem Schirm hatte. In diesem Jahr sind Sie es wieder. Wie fühlt sich das an? TOMIAK Wenn man länger darüber nachdenkt, glaubt man selbst noch gar nicht richtig, was man sich in den letzten ein, zwei Jahren erarbeitet hat. Das ist schon Wahnsinn. Aber: Im Fußball geht es immer schnell nach oben und schnell nach unten. Man muss weiter jeden Tag Gas geben, um das Level so lange wie möglich zu halten.

Zurück zur Partie am Freitag: Jean Zimmer und Marlon Ritter spielen mittlerwei­le in Kaiserslau­tern, Robin Bormuth und Lex-Tyger Lobinger seit dieser Saison auch. Im FCK steckt viel Fortuna, wird das einen Einfluss auf die Begegnung haben? TOMIAK Für die Spieler, die eine Düsseldorf­er Vergangenh­eit haben, mit

Sicherheit. Das ist immer etwas Besonderes. Sogar für mich, der ja nur eine Saison bei Fortuna in der Zweiten Mannschaft gespielt hat. Es kribbelt definitiv, weil ich – auch wenn es nur eine kurze Zeit war – eine spezielle Verbindung zu Fortuna habe.

Inwiefern?

TOMIAK Ich weiß genau, dass dieses eine Jahr in der Regionalli­ga der Knackpunkt meiner Karriere war. Ich wurde das erste Mal zu den Profis hochgezoge­n und stand vor einer wichtigen Entscheidu­ng, wo ich meine Karriere fortsetzen werde. Dass es so weit kam, dazu hat Fortuna einen großen Beitrag geleistet.

Welche Rolle hat Nico Michaty als Ihr damaliger Trainer in der U23 für Sie gespielt?

TOMIAK Eine große. Aber nicht nur Michaty, sondern auch „Lumpi“(Andreas Lambertz, Anm. d. Red.) und „Sinke“(Lukas Sinkiewicz, Anm. d. Red.), die beiden Co-Trainer damals. Alle drei haben einen sehr

großen Beitrag geleistet, weil sie jeden Tag mit mir gearbeitet, mir meine Grenzen aufgezeigt, aber auch den Freiraum gegeben haben, den ich brauchte. Den dreien habe ich sehr viel zu verdanken.

Wie muss man sich das vorstellen, wenn Sie Ihre Grenzen aufgezeigt bekommen?

TOMIAK (lacht) Es ging ab und zu mal hitzig her im Training. Da haben sie mich wieder auf den Boden geholt.

Empfinden Sie eigentlich ein gewisses Maß an Genugtuung, Fortuna jetzt als Profi wiederzuse­hen? TOMIAK Natürlich ist es ein schönes Gefühl, aber Genugtuung empfinde ich nicht.

Könnten Sie sich trotzdem irgendwann eine Rückkehr nach Düsseldorf vorstellen – oder gibt es da verbrannte Erde?

TOMIAK Nein, die gibt es nicht. Wir sind sehr gut auseinande­rgegangen.

Nach dem 1:1 beim Hamburger SV durften Sie den Abend mit der Mannschaft auf der Reeperbahn ausklingen lassen. Am Freitag beginnt im Rheinland die Karnevalss­ession: Sieht man Sie nach dem Spiel in der Altstadt?

TOMIAK (lacht) Das ist diesmal unwahrsche­inlich, weil wir alle froh sein werden, nach dem Spiel schnell nach Hause zu kommen. Die Hinrunde ist danach ja vorbei – und alle wollen in den Urlaub.

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FOTO: FRISO GENTSCH/DPA Konzentrie­rt in der Abwehrarbe­it: Kaiserslau­terns Boris Tomiak (l.) im Zweikampf mit Bielefelds Bryan Lasme (r.).

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