Inflationsprämie in vielen NRW-Firmen
Bis zu 3000 Euro darf es steuerfrei geben. Das ist für Arbeitgeber attraktiv – auch weil sie so die Lohnzuwächse eingrenzen wollen.
DÜSSELDORF Millionen Arbeitnehmer in Deutschland haben in den vergangenen Jahren steuer- und abgabenfreie Corona-Prämien erhalten. Ein vergleichbarer Trend deutet sich nun bei Zahlungen gegen die hohe Inflation an, nachdem der Bund eine solche Hilfe bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfrei möglich gemacht hat. „Jeden Monat bis März gibt es bei uns für jeden Beschäftigten 180 Euro zusätzlich im Monat“, sagte etwa eine Sprecherin des Düsseldorfer Tourismuskonzerns Alltours. Deutschlands größter Wohnungsbaukonzern Vonovia kündigte an, kurzfristig zu entscheiden, wie man eine Prämie auszahle. Man unterstütze aber „den Ansatz der Bundesregierung, in Zeiten steigender Inflation und hoher Energiepreise Mitarbeitende und ihre Familien finanziell zu stärken“.
Bertelsmann hat angekündigt, Beschäftigten mit einem Jahreseinkommen bis zu 75.000 Euro 3000 Euro extra zu zahlen; bei der Targobank gibt es 3000 Euro bis Ende 2023. Auch der Schuh-Filialist Deichmann plant eine Zahlung, „um unsere Mitarbeitenden in diesen schwierigen Zeiten zu unterstützen“. Modalitäten und Höhe seien „noch in der Ausgestaltung“.
In der Versicherungsbranche haben sich die Gewerkschaft Verdi und der Arbeitgeberverband verabredet, um über eine Pauschale zu verhandeln. Der Versicherer Ergo erklärte, er warte diese Gespräche ab und entscheide dann, ob und wie er diesbezüglich agieren werde.
Die Inflationshilfe ist ein wichtiges Thema in der Wirtschaft. „Viele Firmen werden sich eine Zahlung überlegen“, sagte der Düsseldorfer Steuerberater Frank Plankermann: „Brutto für netto ist sehr attraktiv.“Er begrüßte, dass die Prämie bis Ende 2024 gezahlt werden kann: „Da können Arbeitgeber etwas abwarten, wie sich die Lage entwickelt.“
Andreas Ehlert, Präsident von Handwerk NRW, rechnet damit, dass eine Reihe von Firmen zahlen wird. Viele Unternehmen würden aber abwarten, ob die Prämien Teil von Tarifverträgen würden. Freiwillige Zahlungen seien oft schwierig: Vielen Unternehmen fehle der Spielraum dafür. „Besser als steuerfreie Einmalzahlungen wäre dauerhafte Entlastung der Beschäftigten über die Senkung der Einkommensteuer“, sagte Ehlert.
Die Bundesregierung hat die neue Option auch eingeführt, damit Tarifverträge weniger hohe Gehaltserhöhungen auf Dauer vorsehen müssen. Das soll die Inflation bremsen. Für die Chemieriesen Henkel, Bayer, Evonik und Lanxess wurden im Tarifvertrag 3000 Euro Sonderzahlung vereinbart, bei einer dauerhaften Gehaltserhöhung von 6,5 Prozent, also unter der aktuellen Inflationsrate. Nun versucht die Metallindustrie, eine ähnliche Lösung durchzusetzen. Auch im öffentlichen Dienst wären den Arbeitgebern Prämien grundsätzlich lieber als stark steigende Löhne. „Einmalzahlungen sind sowieso oft Bestandteil von Tarifabschlüssen. Durch die Steuerund Sozialabgabenfreiheit wird das Instrument für beide Seiten attraktiver“, sagte dazu Hagen Lesch vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW ).
Ungewöhnlich löst das Problem die Velberter BLF-Gruppe, die etwa im Lebensmittelgroßhandel aktiv ist: Derzeit erhält jeder Beschäftigte pro Monat einen steuerfreien Tankgutschein in Höhe von 50 Euro. Für das Frühjahr hält man zusätzlich eine Einmalzahlung für denkbar.