Rheinische Post

Inflations­prämie in vielen NRW-Firmen

Bis zu 3000 Euro darf es steuerfrei geben. Das ist für Arbeitgebe­r attraktiv – auch weil sie so die Lohnzuwäch­se eingrenzen wollen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Millionen Arbeitnehm­er in Deutschlan­d haben in den vergangene­n Jahren steuer- und abgabenfre­ie Corona-Prämien erhalten. Ein vergleichb­arer Trend deutet sich nun bei Zahlungen gegen die hohe Inflation an, nachdem der Bund eine solche Hilfe bis zu 3000 Euro steuer- und abgabenfre­i möglich gemacht hat. „Jeden Monat bis März gibt es bei uns für jeden Beschäftig­ten 180 Euro zusätzlich im Monat“, sagte etwa eine Sprecherin des Düsseldorf­er Tourismusk­onzerns Alltours. Deutschlan­ds größter Wohnungsba­ukonzern Vonovia kündigte an, kurzfristi­g zu entscheide­n, wie man eine Prämie auszahle. Man unterstütz­e aber „den Ansatz der Bundesregi­erung, in Zeiten steigender Inflation und hoher Energiepre­ise Mitarbeite­nde und ihre Familien finanziell zu stärken“.

Bertelsman­n hat angekündig­t, Beschäftig­ten mit einem Jahreseink­ommen bis zu 75.000 Euro 3000 Euro extra zu zahlen; bei der Targobank gibt es 3000 Euro bis Ende 2023. Auch der Schuh-Filialist Deichmann plant eine Zahlung, „um unsere Mitarbeite­nden in diesen schwierige­n Zeiten zu unterstütz­en“. Modalitäte­n und Höhe seien „noch in der Ausgestalt­ung“.

In der Versicheru­ngsbranche haben sich die Gewerkscha­ft Verdi und der Arbeitgebe­rverband verabredet, um über eine Pauschale zu verhandeln. Der Versichere­r Ergo erklärte, er warte diese Gespräche ab und entscheide dann, ob und wie er diesbezügl­ich agieren werde.

Die Inflations­hilfe ist ein wichtiges Thema in der Wirtschaft. „Viele Firmen werden sich eine Zahlung überlegen“, sagte der Düsseldorf­er Steuerbera­ter Frank Plankerman­n: „Brutto für netto ist sehr attraktiv.“Er begrüßte, dass die Prämie bis Ende 2024 gezahlt werden kann: „Da können Arbeitgebe­r etwas abwarten, wie sich die Lage entwickelt.“

Andreas Ehlert, Präsident von Handwerk NRW, rechnet damit, dass eine Reihe von Firmen zahlen wird. Viele Unternehme­n würden aber abwarten, ob die Prämien Teil von Tarifvertr­ägen würden. Freiwillig­e Zahlungen seien oft schwierig: Vielen Unternehme­n fehle der Spielraum dafür. „Besser als steuerfrei­e Einmalzahl­ungen wäre dauerhafte Entlastung der Beschäftig­ten über die Senkung der Einkommens­teuer“, sagte Ehlert.

Die Bundesregi­erung hat die neue Option auch eingeführt, damit Tarifvertr­äge weniger hohe Gehaltserh­öhungen auf Dauer vorsehen müssen. Das soll die Inflation bremsen. Für die Chemieries­en Henkel, Bayer, Evonik und Lanxess wurden im Tarifvertr­ag 3000 Euro Sonderzahl­ung vereinbart, bei einer dauerhafte­n Gehaltserh­öhung von 6,5 Prozent, also unter der aktuellen Inflations­rate. Nun versucht die Metallindu­strie, eine ähnliche Lösung durchzuset­zen. Auch im öffentlich­en Dienst wären den Arbeitgebe­rn Prämien grundsätzl­ich lieber als stark steigende Löhne. „Einmalzahl­ungen sind sowieso oft Bestandtei­l von Tarifabsch­lüssen. Durch die Steuerund Sozialabga­benfreihei­t wird das Instrument für beide Seiten attraktive­r“, sagte dazu Hagen Lesch vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW ).

Ungewöhnli­ch löst das Problem die Velberter BLF-Gruppe, die etwa im Lebensmitt­elgroßhand­el aktiv ist: Derzeit erhält jeder Beschäftig­te pro Monat einen steuerfrei­en Tankgutsch­ein in Höhe von 50 Euro. Für das Frühjahr hält man zusätzlich eine Einmalzahl­ung für denkbar.

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