Rheinische Post

Tipps gegen den Winterblue­s

Die aktuellen Krisen bereiten vielen Menschen Sorge. Und das in einer Zeit, in der mehr als jeder Zweite ohnehin mit anhaltende­r Müdigkeit und Trägheit zu kämpfen hat. Doch es gibt kleine Hausmittel, die die Laune heben.

- VON JULIA STRATMANN

DÜSSELDORF Die Tage werden immer kürzer, das Wetter zunehmend schlechter und damit auch die Laune vieler Deutscher. 59 Prozent geben in einer Statista-Umfrage an, vom Winterblue­s betroffen zu sein. Sie fühlten sich müde, antriebslo­s oder auch niedergesc­hlagen. Als wäre das nicht schon bedrückend genug, kommen diesen Winter noch ganz andere Sorgen hinzu. Denn neben steigenden Corona-Infektions­zahlen bereiten auch hohe Energieund Lebensmitt­elkosten sowie die Angst vor einem eskalieren­den Krieg in der Ukraine so manchen Bürgern schlaflose Nächte. Umso wichtiger erscheint deshalb die Frage: Wie kann man mit diesen Gefühlen und Sorgen umgehen, und was hilft gegen den Winterblue­s?

„Winterblue­s schränkt unsere Lebensqual­ität ein, ist aber aus medizinisc­her Sicht nicht behandlung­sbedürftig“, sagt Jaroslav Malevani, Chefarzt der Oberberg Somnia Fachklinik Köln Hürth. Doch auch der Winterblue­s sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden: „Auch schon leichte Beschwerde­n müssen ernst genommen werden, anderenfal­ls kann sich so ein Zustand zu einer Depression entwickeln“, warnt der Facharzt für Psychiatri­e und Psychother­apie.

Sport fördert nicht nur die Gesundheit

Was können wir also tun, um dem vorzubeuge­n? Die Antwort lautet wie so häufig: Sport. Wir müssen uns mehr bewegen. Sportliche Aktivitäte­n haben Experten zufolge nicht nur einen positiven Einfluss auf unsere Gesundheit, sie tragen auch zur Ausgeglich­enheit bei. Wäre da nicht der innere Schweinehu­nd. Ein Terminkale­nder könne helfen, wie Malevani sagt: „Die Strukturie­rung unserer Woche ist ein wesentlich­er Punkt. Damit könnten wir eine zusätzlich­e Unterstütz­ung schaffen, damit Aktivitäte­n auch wirklich umsetzbar bleiben.“Ein Plan, gefüllt mit positiven Freizeitak­tivitäten, kann im Winter also sehr hilfreich sein.

Licht hellt die Stimmung auf

Körperlich­e Aktivitäte­n tragen zum Wohlbefind­en bei – vor allem, wenn sie draußen stattfinde­n. Denn während viele Menschen im Sommer mehrere Stunden in der Sonne verbringen, ist die Lichtzufuh­r in der Zeit zwischen November und Februar begrenzt. Dieser Mangel an natürliche­m Licht trage zum Winterblue­s bei, so Malevani. Die Produktion von Melatonin, dem „Schlafhorm­on“, werde durch Dunkelheit gefördert. „Wenn wir weniger Licht aufnehmen, haben wir eine höhere Melatonin-Konzentrat­ion in unserem Körper und sind schläfrig und antriebslo­s“, erklärt der Facharzt. Er empfiehlt, so viel Zeit wie möglich draußen zu verbringen.

Was ist jedoch mit den Berufstäti­gen, die ihren Tag hinter dem Schreibtis­ch verbringen? Diesen Menschen rät Malevani eine Mittagspau­se im Freien. Warum also nicht mal die Kollegen auf einen mittäglich­en Spaziergan­g einladen – so ist auch gleich für Bewegung gesorgt. Alternativ empfiehlt der Facharzt eine sogenannte Lichtthera­pielampe mit einer Leistung von mindestens 10.000 Lux. Obwohl das beste Licht nach wie vor natürliche­s Licht sei, böten diese Lichtquell­en, die im Handel erhältlich seien, eine Ausgleichs­möglichkei­t.

Dosierung von Informatio­nen

Leider lassen sich mit dem Kauf einer künstliche­n Sonne nicht alle Probleme lösen. Es bleiben die Ängste und Sorgen, die viele empfinden, wenn sie das aktuelle Nachrichte­ngeschehen verfolgen: Pandemie, Krieg, Inflation, Klimakrise. „Der Schlüssel zum Erfolg ist ein bewusster Umgang mit diesen Themen“, empfiehlt Malevani. Für Menschen, die unter einem psychische­n Stimmungst­ief litten, sei es sehr wichtig, die Aufnahme von Informatio­nen besser zu steuern und Informatio­nen dosiert aufzunehme­n. Dafür eigne sich ein festgelegt­es Zeitfenste­r, beispielsw­eise 30 Minuten am Abend, um sich über das aktuelle Geschehen

zu informiere­n. Doch auch Menschen, die in ihrem berufliche­n Alltag mit diesen Themen konfrontie­rt werden, können sich Malevani zufolge davon distanzier­en, wenn sie in ihrem privaten Umfeld auf den Konsum an Informatio­nen achten – und statt den Heizkosten die Essensplan­ung für den nächsten Tag zum Thema machen.

Glücklich essen mit mediterran­er Kost

Apropos Essen: Liebe geht bekanntlic­h durch den Magen, aber auch unser sonstiges Wohlbefind­en können wir Malevani zufolge durch unsere Nahrung beeinfluss­en, zum Beispiel mit mediterran­en Gerichten. „Gerade in der Winterblue­s-Zeit ist es wichtig, auf die Ernährung zu achten, nicht zu üppig zu essen und leichte, kleine Mahlzeiten zu sich zu nehmen“, sagt er. Anstatt Schnitzel mit Pommes darf es also auch gerne mal Lachs mit Gemüse sein. Vor allem dunkle Obst- und Gemüsesort­en wie Beeren oder Rucola enthalten viele Antioxidan­tien. Besonders glücklich esse es sich dann noch in Gesellscha­ft: „Die Bedeutung sozialer Kontakte ist das ganze Jahr über sehr groß, doch gerade in einer Zeit, in der Menschen unter dem Winterblue­s

leiden und weniger motiviert sind, etwas zu unternehme­n, ist es umso wichtiger, diese Kontakte zu pflegen“, betont Malevani.

Lachen will geübt sein Wie schön es ist, mit anderen Menschen zu lachen, weiß Cornelia Leisch. Die Vorsitzend­e des Europäisch­en Berufsverb­ands für Lachyoga und Humortrain­ing ist sich sicher: „Man kann nicht lachen und deprimiert sein zur selben Zeit.“Vielen Menschen ist angesichts der aktuellen Krisen nicht nach Lachen zumute. Leisch zufolge braucht es aber keinen Witz oder eine lustige Situation zum Lachen – es sei eine Entscheidu­ng: „Beim Lachtraini­ng entscheide­n wir uns zum Lachen, weil wir es können. Es ist eine Muskelbewe­gung, eine gymnastisc­he Übung, die wir trainieren.“Wie das geht, vermitteln die Lachtraine­r des Verbands in Onlinekurs­en. „Die schlechte Laune kommt von ganz allein, aber für die gute Laune muss man halt etwas tun“, sagt Leisch.

Der Winterblue­s ist ernst zu nehmen, doch mit dem Bewusstsei­n um die Herausford­erungen kann man rechtzeiti­g mit entspreche­nden Maßnahmen darauf reagieren.

 ?? FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA ?? Frische Luft und Licht hellen die Stimmung auf. Wer dann noch Sport macht, dem geht es laut Experten gleich besser.
FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Frische Luft und Licht hellen die Stimmung auf. Wer dann noch Sport macht, dem geht es laut Experten gleich besser.

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