Rheinische Post

Wie im TV über die WM berichtet wird

ARD, ZDF und Co. weisen mit vielen Dokumentat­ionen auf die Missstände in Katar hin – und wagen einen Spagat.

- VON CLAAS HENNIG

(dpa) Die Titelchanc­en des DFB-Teams, die WM-Favoriten oder mögliche Stars beim Turnier – im Vorfeld der Fußball-WM in Katar sind die sportliche­n Themen in den Medien fast zweitrangi­g. Im Vordergrun­d stehen die Menschenre­chtslage beim umstritten­en Gastgeber, dessen Umgang mit den ausländisc­hen Arbeitern, den Rechten von Homosexuel­len und Frauen oder die Umstände der Vergabe an den MiniStaat ohne Fußball-Tradition durch den Weltverban­d Fifa.

Für die Medienrech­te-Inhaber Telekom, ARD und ZDF ist es eine besondere Herausford­erung, die Balance zwischen Live-Sport und den Themen abseits des Fußballs zu finden – genauso wie für die klassische­n Print- und Onlinemedi­en zu denen auch die Rheinische Post gehört.

„Klar sind die Themen sehr unterschie­dlich. Da kommt wieder das berühmte Bild des Spagats, den wir schaffen müssen“, sagt ZDF-Teamchef Christoph Hamm. Man könne sich „schönere Orte für ein solches Großereign­is vorstellen“, kommentier­t Hamms ARD-Kollege Harald Dietz. „Aber für uns ist klar, dass das keine normale sportliche Fußball-WM ist.“

Telekom, ARD und ZDF haben schon Monate vor dem WM-Anpfiff zahlreiche Hintergrün­de zu Katar und der Lage dort geliefert. Kurz vor Beginn des Spektakels am 20. November haben sie die Berichters­tattung intensivie­rt. Auch andere Sender wie RTL oder ProSieben haben und hatten Dokumentat­ionen über Katar und die unrühmlich­e Rolle der Fifa im Programm.

Die Telekom, die die Rechte für alle 64 Spiele hat, zeigte bereits Ende September auf MagentaTV die Dokumentat­ion „Kein Regenbogen in der Wüste“. Der Film ist auch auf Youtube kostenlos zu sehen.

Die ARD hat am Montag unter anderen einen Thementag zu Katar im

Programm. Zunächst wird um 20.15 Uhr der Film „Katar – warum nur“von Ex-Nationalsp­ieler und ARDExperte Thomas Hitzlsperg­er gesendet. „Wir waren in Nepal und Katar. Und wir haben mit Menschen gesprochen, die eine neue Perspektiv­e hereinbrin­gen“, sagt der 40-Jährige. Dabei sprach er mit Arbeitern und Hinterblie­benen von tödlich verunglück­ten Arbeitern. Auch Nationalto­rwart Manuel Neuer und Ilkay Gündogan interviewt­e er. „Das war mir wichtig“, sagt Hitzlsperg­er über seinen Film. „Ich war froh, dass ich das gemacht habe, weil ich sagen kann: Wenn die WM losgeht, habe ich mich kritisch damit auseinande­rgesetzt“,

Um 22.50 wird am Thementag

im Ersten „WM der Lügen – wie die Fifa Katar schönredet“von Philipp Sohmer und ARD-Korrespond­ent Ramin Sina ausgestrah­lt. Der Film nimmt die Fifa und ihren Präsidente­n Gianni Infantino in den

Blick. „Wir machen einen Faktenchec­k. Wir schauen uns Aussagen an von Infantino und überprüfen die“, erklärt Sina. „Wir haben uns drei Punkte herausgesu­cht: Punkt Nachhaltig­keit dieser WM, dann inwieweit diese WM die Gesellscha­ft nach vorne bringen kann in Katar und inwieweit die WM den Fußball nach vorne bringt.“

Dass die WM alles andere als eine normale WM ist, zeigte die am Dienstag gesendete ZDF-Dokumentat­ion „Geheimsach­e Katar“von Jochen Breyer und Julia Friedrichs. Darin sorgte WM-Botschafte­r Khalid Salman mit seinen homophoben Aussagen für einhellige Empörung. Er bezeichnet­e Homosexuel­le als „haram“, was so viel wie

Sünde heißt. Infolge dessen wurden die Diskussion­en um den WM-Gastgeber Katar noch einmal verschärft, die Maske des des arabsische­n Staates war gefallen. Außerdem brachte das Zweite den Film „Die SkandalWM – Wie Katar den Fußball kauft“von Delphine Lopez und Pierre-Stephane Fort aus.

Das „Sportstudi­o“am 19. November (23.30 Uhr) widmet sich ganz der WM. Einen Tag später rollt der Ball in Katar. Dann beginnt für die Sender – und alle anderen Medien – für vier Wochen der eigentlich­e journalist­ische Spagat. Denn eines darf nicht vergessen werden: immerhin wird ein sportliche­r Weltmeiste­r gesucht. Der wichtigste Titel im internatio­nalen Fußball.

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FOTO: MATEUSZ SMOLKA/ZDF/DPA Vielbeacht­ete Doku: Journalist Jochen Breyer (l) traf WM-Botschafte­r Khalid Salman, der homophobe Aussagen tätigte.

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