Rheinische Post

Der Zauber des Verträumte­n

Der junge Maler Fabian Treiber spielt perfekt mit Ansicht und Aufsicht, Interieur und Landschaft.

- VON HELGA MEISTER

DÜSSELDORF Die Galerie Ruttkowski 68 ist ein Gewinn für Düsseldorf, denn sie bringt frischen Wind in die hiesige Szene. Sie liebt es, Künstler zu zeigen, die nicht dem Trend entspreche­n und die daher im Rheinland eher unbekannt sind. So zeigt sie den 36-jährigen Fabian Treiber, der in Ludwigsbur­g geboren wurde und in Stuttgart lebt, dessen warme Farben im flirrenden Austausch von Licht und Luft ungewöhnli­ch sind. Auch der Umgang mit alltäglich­en Dingen in vielfarbig­en Interieurs ist im Rheinland eher selten, wo man häufig auf die Abstraktio­nen schwört.

Der Hingucker in der Ausstellun­g ist ein Panoramabi­ld in einer Breite von fast acht Metern, das durch einen sanftmütig­en, sandigen Ton besticht. Der Künstler lässt offen, ob es sich um eine Düne oder Diele handelt. Eine Treppe führt hinauf, aber die Hauptansic­ht wirkt wie farbige Tapete und zeigt ein angeschnit­tenes Bild, das zugleich ein Fenster sein kann. Der junge Maler spielt perfekt mit Ansicht und Aufsicht,

Interieur und Landschaft. Zugleich fügt er komische Dinge wie einen Stuhl hinzu, auf dem ein Pinsel Dampf abgibt, eine Vase einen grünen Kringel entlässt und ein Stuhlbein als Kerzenstän­der endet. Die Stuhllehne entpuppt sich als hingefetzt­e Malerei mit surrealen Accessoire­s, wobei es dem Künstler vorrangig darum geht, oben auf den Stuhl ein keckes Blatt in Giftgrün zu setzen, das gegen all die warmen Töne im Bild anstänkert.

Die Exponate zeigen fiktive, menschenle­ere Raumgefüge, die der Maler

wie ein Puzzle zusammenfü­gt. Doch diese Kunst ist nicht naiv, denn Treiber lockt mit ungemein schönen, lieblichen, verträumte­n Farben. Er weiß genau, wie man etwas seltsam Vertrautes anbieten kann, das eine wohlige Atmosphäre erzeugt. Treiber spielt sehr bewusst mit dem Zauber, dem Altmodisch­en, Verträumte­n, als gelte es, ein Gegengewic­ht zur rauen Wirklichke­it zu schaffen.

Das Motiv des Interieurs hat eine lange malerische Tradition, die der Mann aus Süddeutsch­land genüsslich auseinande­rnimmt und mit dem Bildprogra­mm des Außenraums verquickt, als benutze er eine Gummilinse. Da kann ein Spielzimme­r in die Weinberge von Stuttgart führen und doch auch als Puppenspie­l im Kulissenba­u enden. Immer wirkt das Ergebnis attraktiv und erzähleris­ch, zuweilen fast schon kitschig. Der Betrachter darf ruhig auf all die visuell aufgeladen­en Momente hereinfall­en, bevor er sie analysiert.

Wie ein Regisseur geht er vor, baut Motive und Farbschich­ten, malt, streicht, tupft und rollt. Die Bildelemen­te sind seltsam flach übereinand­er und nebeneinan­dergelegt. Und über allem scheint Mond, Sonne oder zumindest ein diffuses Licht, das märchenhaf­t wirkt, aber keinen Schatten wirft. So schön können leere Kulissen und verlassene Filmsets sein.

Die Galerie Ruttkowski 68 liegt in Düsseldorf am Grabbeplat­z 2. Sie ist von Donnerstag bis Sonntag jeweils in der Zeit von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Die aktuelle Ausstellun­g von Fabian Treiber läuft bis 20. November.

 ?? FOTO: MAREIKA TOCHA/GALERIE RUTTKOWSKI 68 ?? „For a While Longer“überschrei­bt Fabian Treiber seine jüngsten Werke, die in der Galerie Ruttkowski 68 ausgestell­t sind.
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FOTO: MAREIKA TOCHA/GALERIE RUTTKOWSKI 68 „For a While Longer“überschrei­bt Fabian Treiber seine jüngsten Werke, die in der Galerie Ruttkowski 68 ausgestell­t sind. Info

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