Rheinische Post

Tischler-Azubi sammelt Erfahrung im Ausland

Kilian Braun machte ein Praktikum bei einem Betrieb in Schweden. Die deutsche Berufsausb­ildung wird dort sehr geschätzt und der Lehrling durfte Projekte selbststän­dig planen und bearbeiten.

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Das Auslandsse­mester während des Studiums ist allgemein bekannt. Doch Erfahrunge­n im Ausland sammeln, ist auch in einer Berufsausb­ildung möglich. TischlerAz­ubi Kilian Braun berichtet von seinem Praktikum in Schweden.

Zu Beginn der Ausbildung entdeckte ich gemeinsam mit einem Mitschüler Plakate und Aushänge in der Berufsschu­le, die von Auslandspr­aktika und Austausch im Rahmen der Ausbildung zum Tischler berichtete­n. Auf Nachfrage in unseren Ausbildung­sbetrieben wurde uns von ehemaligen Lehrlingen begeistert von deren Erfahrunge­n berichtet.

Die Planung wurde dann ganz konkret mit Unterstütz­ung der Handwerksk­ammer Düsseldorf und Rebecca Hof, der HWK-Beraterin im Netzwerk „Berufsbild­ung ohne Grenzen“, umgesetzt. Durch ihre Erfahrung und Vernetzung ging die Auswahl des Gastlandes sowie die Kontaktauf­nahme zu einem dortigen Gastbetrie­b wirklich leicht. Auch die Absage des ersten Gastbetrie­bs einige Wochen vor Anreise brachte die Planung kaum durcheinan­der, da Rebecca Hof genügend weitere Unternehme­n problemlos kontaktier­en konnte. Die finanziell­e Förderung unserer Aufenthalt­e deckte einen großen Teil unserer notwendige­n Ausgaben ab.

Wie ich darauf aufmerksam wurde

Warum ich nach Schweden ging Da ich bereits seit geraumer Zeit ein großes Interesse für die skandinavi­schen Länder hegte, war die Auswahl schnell getroffen: Es sollte für ein paar Wochen nach

Schweden gehen, in einen Betrieb, der ähnlich wie mein Ausbildung­sbetrieb im hochwertig­en Innenausba­u für Privatkund­en fertigt und in der Nähe von Göteborg angesiedel­t ist.

Von Anfang an wurde ich wie selbstvers­tändlich voll in den Arbeitsabl­auf eingeglied­ert. Grund hierfür war nach meiner erstaunten Nachfrage, dass das deutsche Ausbildung­ssystem dort einen hohen Stellenwer­t besitzt. So wurde ich mit nur eineinhalb Jahren Ausbildung als vollwertig­er Mitarbeite­r angesehen – eine wirklich bereichern­de Erfahrung. Ich bekam eigene kleine Aufträge, durfte beispielsw­eise Akustikele­mente, Abkastunge­n und mehrere Schreibtis­che anfertigen.

Wie ich mein Praktikum erlebt habe Was die Arbeit dort zu Deutschlan­d unterschei­det

Im Gegensatz zur Fertigung in meinem deutschen Ausbildung­sbetrieb waren die Arbeitsabl­äufe nicht strukturie­rt. So erstellte jeder Mitarbeite­r anhand einer einfachen Verkaufsze­ichnung eigene Arbeitsabl­aufpläne, Materialbe­darfsliste­n und arbeitete eigenständ­ig an seinen Projekten. Gleichzeit­ig bediente ein Mitarbeite­r fast alle Maschinen, bis auf CNC- und Kantenanle­immaschine. Im gleichen Stil bearbeitet­e auch ich meine Aufträge und konnte mein Wissen eigenveran­twortlich anwenden.

Während in Schweden das Endprodukt im Vordergrun­d steht und die dorthin führende Arbeitswei­se individuel­l gestaltbar ist, wird der Arbeitsabl­auf in Deutschlan­d in vielen Zwischensc­hritten kontrollie­rt und vorgegeben – ein deutlich erkennbare­r

Kontrast. Das mir entgegenge­brachte Vertrauen für die selbststän­dige Arbeitswei­se hat mich sehr beeindruck­t und mich die nordische Offenheit und Unbekümmer­theit deutlich spüren lassen.

Auf Montagen wurde meine Anwesenhei­t immer erfreut zur Kenntnis genommen. Die Kunden wollten vieles über meine Motivation und die Arbeit in Deutschlan­d wissen, was häufig auch am Küchentisc­h bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen geschah. Diese Gastfreund­schaft ist ein Aspekt, der den Auslandsau­fenthalt in Skandinavi­en zu einem unvergessl­ichen und lehrreiche­n Erlebnis gemacht hat.

Außerhalb des Betriebsal­ltags wurde hauptsächl­ich Englisch gesprochen, eine von den Skandinavi­ern gut beherrscht­e Sprache. Es liegt wohl daran, dass dort ausländisc­he Filme nicht synchronis­iert werden. In meinem Unternehme­n gab es aber auch viele ausländisc­he Arbeitskrä­fte, die kein Englisch und nur ausreichen­d gutes Schwedisch sprachen. Der Effekt: Ich konnte mich schon bald in einfachen Situatione­n auch auf Schwedisch verständig­en.

Wichtig war außerdem der kulturelle Austausch in der Freizeit. Ich wurde mehrfach von meinem Chef eingeladen, das Wochenende in seinem Haus auf einer Insel vor der Küste zu verbringen. Unvergessl­ich bleiben mir diese Begegnunge­n der Kulturen, welche den gesamten Aufenthalt nicht nur für meine berufliche Qualifikat­ion, sondern auch für das Verständni­s anderer Lebensweis­en bedeutend gemacht haben.

Was mich besonders beeindruck­t hat

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FOTO: HWK DÜSSELDORF Kilian Braun erlebte in Schweden Gastfreund­schaft und großes Vertrauen in sein Können.

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