Trotz Azubi-Mangel keine Lehrstelle gefunden
Eine beträchtliche Zahl an Betrieben sucht dringend Auszubildende. Auch die Auswahl der Branchen mit freien Stellen ist für die Jugendlichen üppig. Trotzdem werden jedes Jahr viele Bewerber nicht fündig und stehen ohne Lehrstelle da, wenn es eigentlich losgehen sollte mit der Ausbildung. Woran liegt das? Und lässt sich das Problem lösen?
Das Gastgewerbe, das Handwerk, die Bauindustrie oder die Pflege: Viele Branchen sind auf der Suche nach Auszubildenden, weil sie ihre Stellen nicht besetzt bekommen. Wer als Jugendlicher keinen Ausbildungsplatz findet, fragt sich da: Wie kann es eigentlich sein?
Zum Teil liege das daran, dass die Wünsche und Präferenzen Jugendlicher nicht immer zu den Stellenprofilen und den Qualifikationsvoraussetzungen der Betriebe passen, sagt Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarktund Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. So gebe es zahlreiche Berufe, in denen die Zahl der Bewerber die Zahl der Stellen weit übertrifft.
Bestimmte Berufe sind schon seit Jahren sehr beliebt. Dazu gehören zum Beispiel Ausbildungen im Kfz-Bereich, aber auch die Ausbildung in der Tierpflege und künstlerische-kreative Berufe wie Tischler, Mediengestalter oder Raumausstatter. „Das sind Berufe, die auch soziale und gesellschaftliche Präferenzen widerspiegeln, die eine hohe Anerkennung in der Gesellschaft haben“, sagt Fitzenberger. Häufig gebe es gerade in diesen Berufen aber nicht genügend viele Stellen. In andere Branchen dagegen tun sich Betriebe seit Jahren sehr schwer,
Stellen zu besetzen. „Das sind Berufe im Bereich Verkauf von Fleisch und
Backwaren etwa, obwohl es gleichzeitig sehr viele Bewerber gibt, die etwa einen
niedrigen Schulabschluss haben und für diese Berufe infrage kommen würden“, sagt der Arbeitsmarktexperte. Jugendliche haben aber schlicht weniger Interesse an diesen Berufen als es Ausbildungsplatzangebote gibt. Der gleiche Effekt zeigt sich zum Teil auch im Handwerk, im Baugewerbe und seit der Pandemie auch besonders in Hotels und Gastronomie.
Relevant ist für die meisten Jugendlichen das Angebot an Ausbildungsstellen im Einzugsbereich ihres Wohnorts. Es gibt Regionen, in denen es sehr wenige Ausbildungsstellen gibt, während anderswo viel mehr Stellen als Bewerber verfügbar sind. Das heißt aber nicht, dass junge Menschen deswegen in eine an
dere Region umziehen würden. Wer aber unbedingt in einem beliebten Beruf seine Ausbildung machen möchte, müsse auch Kompromisse eingehen, so Fitzenberger. Es gehöre aber ebenso zur Berufsorientierung, realistische Berufswünsche zu entwickeln – also solche, denen auf dem lokalen Arbeitsmarkt auch offene Stellen gegenüberstehen.
Bernd Fitzenberger empfiehlt, in jedem Fall Praktika zu machen und über berufsvorbereitende Maßnahmen nachzudenken. „Um einfach zu sehen, was der Arbeitsmarkt neben dem, was man sich als Wunschberuf idealerweise vorstellt, so bietet. Da kann man durchaus positive Überraschungen erleben.“