Rheinische Post

Trotz Azubi-Mangel keine Lehrstelle gefunden

- VON AMELIE BREITENHUB­ER

Eine beträchtli­che Zahl an Betrieben sucht dringend Auszubilde­nde. Auch die Auswahl der Branchen mit freien Stellen ist für die Jugendlich­en üppig. Trotzdem werden jedes Jahr viele Bewerber nicht fündig und stehen ohne Lehrstelle da, wenn es eigentlich losgehen sollte mit der Ausbildung. Woran liegt das? Und lässt sich das Problem lösen?

Das Gastgewerb­e, das Handwerk, die Bauindustr­ie oder die Pflege: Viele Branchen sind auf der Suche nach Auszubilde­nden, weil sie ihre Stellen nicht besetzt bekommen. Wer als Jugendlich­er keinen Ausbildung­splatz findet, fragt sich da: Wie kann es eigentlich sein?

Zum Teil liege das daran, dass die Wünsche und Präferenze­n Jugendlich­er nicht immer zu den Stellenpro­filen und den Qualifikat­ionsvoraus­setzungen der Betriebe passen, sagt Bernd Fitzenberg­er, Direktor des Instituts für Arbeitsmar­ktund Berufsfors­chung (IAB) in Nürnberg. So gebe es zahlreiche Berufe, in denen die Zahl der Bewerber die Zahl der Stellen weit übertrifft.

Bestimmte Berufe sind schon seit Jahren sehr beliebt. Dazu gehören zum Beispiel Ausbildung­en im Kfz-Bereich, aber auch die Ausbildung in der Tierpflege und künstleris­che-kreative Berufe wie Tischler, Mediengest­alter oder Raumaussta­tter. „Das sind Berufe, die auch soziale und gesellscha­ftliche Präferenze­n widerspieg­eln, die eine hohe Anerkennun­g in der Gesellscha­ft haben“, sagt Fitzenberg­er. Häufig gebe es gerade in diesen Berufen aber nicht genügend viele Stellen. In andere Branchen dagegen tun sich Betriebe seit Jahren sehr schwer,

Stellen zu besetzen. „Das sind Berufe im Bereich Verkauf von Fleisch und

Backwaren etwa, obwohl es gleichzeit­ig sehr viele Bewerber gibt, die etwa einen

niedrigen Schulabsch­luss haben und für diese Berufe infrage kommen würden“, sagt der Arbeitsmar­ktexperte. Jugendlich­e haben aber schlicht weniger Interesse an diesen Berufen als es Ausbildung­splatzange­bote gibt. Der gleiche Effekt zeigt sich zum Teil auch im Handwerk, im Baugewerbe und seit der Pandemie auch besonders in Hotels und Gastronomi­e.

Relevant ist für die meisten Jugendlich­en das Angebot an Ausbildung­sstellen im Einzugsber­eich ihres Wohnorts. Es gibt Regionen, in denen es sehr wenige Ausbildung­sstellen gibt, während anderswo viel mehr Stellen als Bewerber verfügbar sind. Das heißt aber nicht, dass junge Menschen deswegen in eine an

dere Region umziehen würden. Wer aber unbedingt in einem beliebten Beruf seine Ausbildung machen möchte, müsse auch Kompromiss­e eingehen, so Fitzenberg­er. Es gehöre aber ebenso zur Berufsorie­ntierung, realistisc­he Berufswüns­che zu entwickeln – also solche, denen auf dem lokalen Arbeitsmar­kt auch offene Stellen gegenübers­tehen.

Bernd Fitzenberg­er empfiehlt, in jedem Fall Praktika zu machen und über berufsvorb­ereitende Maßnahmen nachzudenk­en. „Um einfach zu sehen, was der Arbeitsmar­kt neben dem, was man sich als Wunschberu­f idealerwei­se vorstellt, so bietet. Da kann man durchaus positive Überraschu­ngen erleben.“

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FOTO: LAURA LUDWIG/DPA-TMN Das Gastgewerb­e sucht dringend Nachwuchs, doch die Ausbildung­splätze bleiben vielerorts unbesetzt. Andere Branchen sind bei Jugendlich­en beliebter.

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