Rheinische Post

US-Demokraten verteidige­n Mehrheit im Senat

In Nevada und Arizona holte die Partei die noch nötigen Siege. Die Republikan­er reagierten mit gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen.

- VON THOMAS SPANG

WASHINGTON Joe Biden meldete sich vom anderen Ende der Welt, um Catherine Cortez Masto zu ihrem Wahlsieg in Nevada zu gratuliere­n. „Amerika hat bewiesen, dass es an die Demokratie glaubt“, erklärte der Präsident am Rande des Gipfels asiatische­r Staaten in Kambodscha, nachdem er mit der wiedergewä­hlten Senatorin telefonier­t hatte. Die einzige Latina im US-Senat war kurz zuvor bei der Auszählung der Stimmen in dem Wechselwäh­lerstaat an dem Republikan­er Adam Laxalt uneinholba­r vorbeigezo­gen.

Mit der Bestätigun­g ihres Siegs durch die Nachrichte­nagentur AP hatte Cortez Masto den Demokraten 50 Sitze in der Kammer gesichert. Am Freitagabe­nd hatte der frühere Astronaut Mark Kelly seinen Sitz gegen Blake Masters in dem anderen bis dahin noch nicht vollständi­g ausgezählt­en Senatsrenn­en im Südweststa­at Arizona verteidigt. Da Vizepräsid­entin Kamala Harris in Patt-Situatione­n mit ihrer Stimme für eine Mehrheit sorgen kann, brauchen die Demokraten nun nicht mehr die Stichwahl in Georgia zu gewinnen, um die Kontrolle über den Senat zu behalten.

Präsident Biden streute in einem Interview mit CNN Salz in die Wunden der Republikan­er, die zu Beginn des Wahlkampfs zu den „Midterms“mit 53 Sitzen im Senat gerechnet hatten. „Das spiegelt die Qualität unserer Kandidaten wider“, nahm der Präsident Bezug auf eine Aussage des republikan­ischen Minderheit­sführers im Senat, Mitch McConnell, der Kritik an der Kandidaten­auswahl seiner Partei geübt hatte. „Sie sind alle mit demselben Programm angetreten.“

Der Republikan­er hatte die Aufstellun­g kontrovers­er „Make America Great Again“-Kandidaten wie Laxalt in Nevada, Masters in Arizona, Mehmet Oz in Pennsylvan­ia, Herschel Walker in Georgia und Doug Bolduc in New Hampshire beanstande­t, die alle in Bundesstaa­ten angetreten waren, die Republikan­er gewinnen konnten. Zumal bei den „Midterms“, bei denen die Partei des Präsidente­n im historisch­en Durchschni­tt fünf Sitze im Senat und zwei Dutzend Mandate im Repräsenta­ntenhaus verliert. Mit schwachen Beliebthei­tswerten um die 40-Prozent-Marke und einer Rekordinfl­ation hätte es nach Ansicht von Analysten nicht weiter schwierig sein sollen, den einen Sitz im Senat hinzuzugew­innen, den die Republikan­er für eine Übernahme der Mehrheit gebraucht hätten.

Ebenfalls scheiterte­n alle Kandidaten Trumps für die wichtige Position des „Secretary of State“, die für die Durchführu­ng der Wahlen in den jeweiligen Bundesstaa­ten zuständig sind. Jim Marchant aus dem Lager der „Make America Great Again“Republikan­er hatte für Trump ein Tableau an Wahlleugne­rn zusammenge­stellt, die in Schlüssels­taaten für die „Secretary of State“-Positionen angetreten waren. Die Amerikaner wählten nicht einen dieser kontrovers­en Bewerber und erteilten in Nevada auch Marchant persönlich eine Abfuhr.

Die beiden einzigen Kandidaten, die sich durchsetze­n konnten, waren J.D. Vance in Ohio und Ted Budd in North Carolina. Dabei handelte es sich um offene Sitze in zwei Bundesstaa­ten, in denen die Republikan­er einen deutlichen Vorteil bei den registrier­ten Wählern haben. Aber auch dort zeigten sich Unterschie­de. Während die Wähler in Ohio den traditione­llen Republikan­er Mike DeWine mit fast 63 Prozent der Stimmen als Gouverneur bestätigte­n, erhielt Vance zehn Prozent weniger an Stimmen. Dasselbe Phänomen zeigte sich in New Hampshire, das Gouverneur Chris Sununu mit 57 Prozent der Stimmen wiederwähl­te, während dieselben Wähler dem republikan­ischen Kandidaten für den Senat, Bolduc, nur 44 Prozent der Stimmen gaben.

Die Republikan­er beginnen zu realisiere­n, dass Trump ihnen bei den dritten Wahlen in Folge Niederlage­n eingebrock­t hat. Gouverneur Sununu hielt dem Ex-Präsidente­n vor, er riskiere jetzt auch noch die Chancen der Partei bei der Stichwahl in Georgia. Dort hat sich mit der sicheren Mehrheit der Demokraten im Senat die Dynamik im Rennen zwischen dem Prediger Raphael Warnock und dem Footballst­ar Herschel Walker verändert. Der Trump-Freund Walker holte rund fünf Prozent weniger Stimmen als Gouverneur Brian Kemp, den der Ex-Präsident öffentlich angefeinde­t hatte.

Trump-Verbündete im Senat versuchen Minderheit­sführer Mitch McConnell die Schuld für das Wahldebake­l in die Schuhe zu schieben. „Die alte Partei ist tot“, erklärte der republikan­ische Senator Josh Hawley aus Missouri. Es sei „Zeit, sie zu begraben. Bauen wir etwas Neues auf.“Der Führer der Bewegung „Make America Great Again“hält an seinen Plänen fest, am Dienstagab­end in Mar-a-Lago erneut seinen Hut für das Weiße Haus in den Ring zu werfen.

Senatsführ­er Chuck Schumer feierte auf einer kurzfristi­g angesetzte­n Pressekonf­erenz die wiedererla­ngte Mehrheit. Die Wähler hätten „antidemokr­atische, extremisti­sche Republikan­er aus dem ,Make America Great Again‘-Lager zurückgewi­esen“. Es gebe nun eine „Brandschut­zmauer“, die etwa ein nationales Abtreibung­sverbot verhindere. US-Präsident Biden hat darüber hinaus eine Mehrheit, seine Kandidaten für Richter- und Regierungs­jobs sowie außenpolit­ische Verträge ohne Probleme im Senat bestätigt zu bekommen.

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QUELLE: AP | GRAFIK: FERL

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