US-Demokraten verteidigen Mehrheit im Senat
In Nevada und Arizona holte die Partei die noch nötigen Siege. Die Republikaner reagierten mit gegenseitigen Schuldzuweisungen.
WASHINGTON Joe Biden meldete sich vom anderen Ende der Welt, um Catherine Cortez Masto zu ihrem Wahlsieg in Nevada zu gratulieren. „Amerika hat bewiesen, dass es an die Demokratie glaubt“, erklärte der Präsident am Rande des Gipfels asiatischer Staaten in Kambodscha, nachdem er mit der wiedergewählten Senatorin telefoniert hatte. Die einzige Latina im US-Senat war kurz zuvor bei der Auszählung der Stimmen in dem Wechselwählerstaat an dem Republikaner Adam Laxalt uneinholbar vorbeigezogen.
Mit der Bestätigung ihres Siegs durch die Nachrichtenagentur AP hatte Cortez Masto den Demokraten 50 Sitze in der Kammer gesichert. Am Freitagabend hatte der frühere Astronaut Mark Kelly seinen Sitz gegen Blake Masters in dem anderen bis dahin noch nicht vollständig ausgezählten Senatsrennen im Südweststaat Arizona verteidigt. Da Vizepräsidentin Kamala Harris in Patt-Situationen mit ihrer Stimme für eine Mehrheit sorgen kann, brauchen die Demokraten nun nicht mehr die Stichwahl in Georgia zu gewinnen, um die Kontrolle über den Senat zu behalten.
Präsident Biden streute in einem Interview mit CNN Salz in die Wunden der Republikaner, die zu Beginn des Wahlkampfs zu den „Midterms“mit 53 Sitzen im Senat gerechnet hatten. „Das spiegelt die Qualität unserer Kandidaten wider“, nahm der Präsident Bezug auf eine Aussage des republikanischen Minderheitsführers im Senat, Mitch McConnell, der Kritik an der Kandidatenauswahl seiner Partei geübt hatte. „Sie sind alle mit demselben Programm angetreten.“
Der Republikaner hatte die Aufstellung kontroverser „Make America Great Again“-Kandidaten wie Laxalt in Nevada, Masters in Arizona, Mehmet Oz in Pennsylvania, Herschel Walker in Georgia und Doug Bolduc in New Hampshire beanstandet, die alle in Bundesstaaten angetreten waren, die Republikaner gewinnen konnten. Zumal bei den „Midterms“, bei denen die Partei des Präsidenten im historischen Durchschnitt fünf Sitze im Senat und zwei Dutzend Mandate im Repräsentantenhaus verliert. Mit schwachen Beliebtheitswerten um die 40-Prozent-Marke und einer Rekordinflation hätte es nach Ansicht von Analysten nicht weiter schwierig sein sollen, den einen Sitz im Senat hinzuzugewinnen, den die Republikaner für eine Übernahme der Mehrheit gebraucht hätten.
Ebenfalls scheiterten alle Kandidaten Trumps für die wichtige Position des „Secretary of State“, die für die Durchführung der Wahlen in den jeweiligen Bundesstaaten zuständig sind. Jim Marchant aus dem Lager der „Make America Great Again“Republikaner hatte für Trump ein Tableau an Wahlleugnern zusammengestellt, die in Schlüsselstaaten für die „Secretary of State“-Positionen angetreten waren. Die Amerikaner wählten nicht einen dieser kontroversen Bewerber und erteilten in Nevada auch Marchant persönlich eine Abfuhr.
Die beiden einzigen Kandidaten, die sich durchsetzen konnten, waren J.D. Vance in Ohio und Ted Budd in North Carolina. Dabei handelte es sich um offene Sitze in zwei Bundesstaaten, in denen die Republikaner einen deutlichen Vorteil bei den registrierten Wählern haben. Aber auch dort zeigten sich Unterschiede. Während die Wähler in Ohio den traditionellen Republikaner Mike DeWine mit fast 63 Prozent der Stimmen als Gouverneur bestätigten, erhielt Vance zehn Prozent weniger an Stimmen. Dasselbe Phänomen zeigte sich in New Hampshire, das Gouverneur Chris Sununu mit 57 Prozent der Stimmen wiederwählte, während dieselben Wähler dem republikanischen Kandidaten für den Senat, Bolduc, nur 44 Prozent der Stimmen gaben.
Die Republikaner beginnen zu realisieren, dass Trump ihnen bei den dritten Wahlen in Folge Niederlagen eingebrockt hat. Gouverneur Sununu hielt dem Ex-Präsidenten vor, er riskiere jetzt auch noch die Chancen der Partei bei der Stichwahl in Georgia. Dort hat sich mit der sicheren Mehrheit der Demokraten im Senat die Dynamik im Rennen zwischen dem Prediger Raphael Warnock und dem Footballstar Herschel Walker verändert. Der Trump-Freund Walker holte rund fünf Prozent weniger Stimmen als Gouverneur Brian Kemp, den der Ex-Präsident öffentlich angefeindet hatte.
Trump-Verbündete im Senat versuchen Minderheitsführer Mitch McConnell die Schuld für das Wahldebakel in die Schuhe zu schieben. „Die alte Partei ist tot“, erklärte der republikanische Senator Josh Hawley aus Missouri. Es sei „Zeit, sie zu begraben. Bauen wir etwas Neues auf.“Der Führer der Bewegung „Make America Great Again“hält an seinen Plänen fest, am Dienstagabend in Mar-a-Lago erneut seinen Hut für das Weiße Haus in den Ring zu werfen.
Senatsführer Chuck Schumer feierte auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz die wiedererlangte Mehrheit. Die Wähler hätten „antidemokratische, extremistische Republikaner aus dem ,Make America Great Again‘-Lager zurückgewiesen“. Es gebe nun eine „Brandschutzmauer“, die etwa ein nationales Abtreibungsverbot verhindere. US-Präsident Biden hat darüber hinaus eine Mehrheit, seine Kandidaten für Richter- und Regierungsjobs sowie außenpolitische Verträge ohne Probleme im Senat bestätigt zu bekommen.