Erinnerungen und gute Laune beim Seniorentanztheater
Jeden Montagnachmittag probt ein Grüppchen im Alter von 60 plus für „My Valentine“– ein Stück, das auf persönlichen Erlebnissen basiert.
DÜSSELDORF Kaum war der Aufruf zum Casting für Claudia Küppers‘ neues Projekt in der Rheinischen Post erschienen, konnte sich die Tanzpädagogin und Choreografin vor Bewerbungen kaum retten. Über 100 Interessierte wollten an ihrem ersten Seniorentanztheater-Projekt in Düsseldorf mitwirken. „Das war unglaublich“, sagt Küppers, die mit einer hochmotivierten Gruppe seit Mitte September jeden Montagnachmittag drei Stunden lang im Theatermuseum „My Valentine“probt. Ein Stück, das auf den Erinnerungen der Mitwirkenden beruht und das sie sich gemeinsam erarbeiten.
Alle sind mit Begeisterung dabei. Gehen zusammen mit der Choreografin nach dem Aufwärmen die einzelnen Schritte eines Tanzparts durch, der Teil von „My Valentine“werden soll. Für die ersten Treffen hatten sie sich Fotos von früher angesehen und sich ausgetauscht, um daraus Schritt für Schritt ein Theaterstück zu formen. Claudia Küppers lässt ihren Seniorinnen und Senioren viel Raum, sich auszuprobieren. Behutsam leitet sie an, gibt Impulse, macht Vorschläge.
Die meisten sind zum ersten Mal bei Theaterproben dabei. „Ich habe meine Kinder oft beneidet, wenn wir ins Akki gegangen sind, und dachte, da hätte ich auch mal Lust drauf. Jetzt bekommen wir Senioren unsere
Bühne“, erzählt die 67-jährige Heidemarie. Dieter – einer von drei Herren in der Runde – war anfangs skeptisch, als seine Schwester vorschlug, ihn zum Seniorentanztheater zu begleiten. Inzwischen ist der 64-Jährige mit Elan jeden Montag dabei.
Gefragt, was sie motiviert, sind sich alle einig: „Die positive Stimmung, das Gefühl, in der Gruppe aufgenommen zu werden, die Bewegung und der Spaß, den wir zusammen haben.“Jede Woche hätten sie eine Menge Programm. „My Valentine“hat Küppers ganz bewusst als Work in Progress angelegt. Das heißt, es gibt zwar einen grob umrissenen Rahmen. Doch die Inhalte entwickeln alle gemeinsam. „Zuerst dachte ich: Wo soll das hinführen?
Inzwischen finde ich es sehr spannend zu sehen, was da entsteht, und ich erfahre dabei so viel über mich selbst“, fasst Marion (62) zusammen, und Ada (74) ergänzt: „Erinnerungen können etwas Schweres und Trauriges haben, aber in dieser Gruppe macht es Freude, weil man merkt, dass wir viel gemeinsam haben.“
Für Brigitte und ihre alte Schulfreundin Anne ist die Theatergruppe etwas ganz Besonderes geworden, denn die beiden hatten sich nach ihrem Abschluss fünf Jahrzehnte lang aus den Augen verloren. Beim Casting stellten sich alle kurz vor, und dann war da dieser Moment: „Anne, bist du es wirklich?“Als die nickt, sind sie plötzlich wieder da, die verrückten 70er, als die beiden jung und voller Pläne für die Zukunft waren. Viel zu schnell ist die Plauderpause vorbei, und die Gruppe macht sich wieder an die Probe. Schließlich sind es nur noch wenige Wochen bis zur großen Premiere am 8. Januar 2023.