Rheinische Post

Schnelle Urteile für Jugendtäte­r gefordert

Immer wieder sind junge Banden für teils schwere Straftaten in NRW verantwort­lich. Doch in den Kriminalst­atistiken taucht das Problem bisher nicht auf. Die Polizeigew­erkschafte­n verlangen ein hartes Durchgreif­en direkt nach der Tat.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Angesichts einer Reihe von Straftaten, die Jugendband­en in mehreren NRW-Städten begangen haben, fordern die Polizeigew­erkschafte­n ein härteres Durchgreif­en: „Gerade in dem Bereich sind zeitnahe Verfahren und Bestrafung­en wichtig. Die jugendlich­en Täter müssen umgehend die Konsequenz­en für ihr Handeln spüren und nicht erst Monate später“, sagte Erich Rettinghau­s, Landesvors­itzender der Deutschen Polizeigew­erkschaft. Ähnlich äußerte sich Michael Maatz, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft der Polizei in NRW: „Die Verfahren sollten zeitnah zur Tat erfolgen, sodass der Bezug zum Tatgescheh­en noch da ist und nicht zu viel Zeit dazwischen­liegt. Es müssen auch Repression­en mit abschrecke­nder Wirkung ausgesproc­hen werden.“

Seit Monaten verüben Jugendband­en in einigen Städten des Landes zum Teil schwere Straftaten – unter anderem in Mönchengla­dbach,

Duisburg, Dortmund, Wuppertal und Oberhausen. Nach Angaben der Polizei begehen sie Raubüberfä­lle, Einbrüche, Diebstähle und gefährlich­e Körperverl­etzungen. In Hagen, Solingen und Wuppertal überfielen kriminelle Teenager zum Beispiel Prostituie­rte in ihren Wohnungen; in Oberhausen brachen Heranwachs­ende in Schulen und Kitas ein. Sie verwüstete­n die Einrichtun­gen; in Duisburg sorgten kriminelle Jugendlich­e in der Innenstadt für Angst bei den Passanten.

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) sagt den kriminelle­n Jugendband­en den Kampf an: „Wenn Gruppen gewaltbere­iter Jugendlich­er durch Straßen ziehen, Leute anpöbeln und bedrohen, dann muss man dem sofort einen Riegel vorschiebe­n. Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen dadurch verunsiche­rt werden und Angst haben“, sagte Reul unserer Redaktion.

Trotz der augenschei­nlichen Häufung der Taten gibt es in NRW bei der Polizei noch keine einheitlic­he Auswertung zu dieser Art der Kriminalit­ät.

„Der Begriff der ,kriminelle­n Jugendband­e‘ ist polizeilic­h nicht definiert. Eine Erfassung und Auswertung ist folglich weder auf Grundlage der Polizeilic­hen Kriminalst­atistik noch aufgrund der polizeilic­hen Vorgangsbe­arbeitungs­systeme

möglich“, heißt es aus dem NRW-Innenminis­terium. Jugendkrim­inalität wird demnach von der Polizei in NRW dezentral durch die jeweils zuständige Kreispoliz­eibehörde bearbeitet.

Rettinghau­s sieht Handlungsb­edarf: „Wenn wir merken, dass es jetzt in mehreren Städten solche Banden gibt, dann müssen wir – wie wir es bei anderen Deliktsfel­dern auch tun – alles zusammenfa­ssen, damit wir auch landesweit reagieren und gegensteue­rn können“, sagte er.

Auch das NRW-Justizmini­sterium erklärte auf Anfrage, dass dem Phänomen entschiede­n entgegenge­treten werden müsse. „Das Jugendgeri­chtsgesetz bietet vielerlei Möglichkei­ten, schnell – sogar ,auf dem Fuße‘ – auf straffälli­ge Jugendlich­e einzuwirke­n, wenn diese Schnelligk­eit erzieheris­ch geboten ist“, hieß es. Es verbiete sich aber jede Pauschalis­ierung, „sodass eine dezidierte Aussage, wie zeitnah Verfahren geführt werden sollten, nicht möglich ist“, hieß es weiter.

In Mönchengla­dbach wurde bei der Polizei eine kommission­sübergreif­ende Ermittlung­sgruppe eingericht­et. Alle Straftaten eines kriminelle­n Jugendlich­en landen bei ein und demselben Sachbearbe­iter – egal ob Raub oder Schwarzfah­rt. Und ein Richter wird sofort informiert, wenn der Jugendlich­e von der Anklage bis zum Gerichtste­rmin erneut straffälli­g wird.

Die Sicherheit­s- und Justizbehö­rden verweisen in dem Zusammenha­ng auch auf Prävention­sprogramme wie „Kurve kriegen“für Intensivtä­ter, von denen es laut Innenminis­terium in NRW derzeit 650 gibt. „Um die müssen sich Polizei und Justiz bevorzugt kümmern, damit sie nicht erst Monate nach der Tat vor Gericht stehen und bis dahin viele weitere Taten begehen, weil niemand ihnen eine Grenze aufgezeigt hat“, betonte Maatz. Auch Reul hob das Programm „Kurve kriegen“hervor. „Aber wir wissen auch: Wenn das nicht hilft, dann müssen wir repressiv tätig werden – und das heißt verfolgen und bestrafen“, so der NRW-Innenminis­ter.

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