Schnelle Urteile für Jugendtäter gefordert
Immer wieder sind junge Banden für teils schwere Straftaten in NRW verantwortlich. Doch in den Kriminalstatistiken taucht das Problem bisher nicht auf. Die Polizeigewerkschaften verlangen ein hartes Durchgreifen direkt nach der Tat.
DÜSSELDORF Angesichts einer Reihe von Straftaten, die Jugendbanden in mehreren NRW-Städten begangen haben, fordern die Polizeigewerkschaften ein härteres Durchgreifen: „Gerade in dem Bereich sind zeitnahe Verfahren und Bestrafungen wichtig. Die jugendlichen Täter müssen umgehend die Konsequenzen für ihr Handeln spüren und nicht erst Monate später“, sagte Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Ähnlich äußerte sich Michael Maatz, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW: „Die Verfahren sollten zeitnah zur Tat erfolgen, sodass der Bezug zum Tatgeschehen noch da ist und nicht zu viel Zeit dazwischenliegt. Es müssen auch Repressionen mit abschreckender Wirkung ausgesprochen werden.“
Seit Monaten verüben Jugendbanden in einigen Städten des Landes zum Teil schwere Straftaten – unter anderem in Mönchengladbach,
Duisburg, Dortmund, Wuppertal und Oberhausen. Nach Angaben der Polizei begehen sie Raubüberfälle, Einbrüche, Diebstähle und gefährliche Körperverletzungen. In Hagen, Solingen und Wuppertal überfielen kriminelle Teenager zum Beispiel Prostituierte in ihren Wohnungen; in Oberhausen brachen Heranwachsende in Schulen und Kitas ein. Sie verwüsteten die Einrichtungen; in Duisburg sorgten kriminelle Jugendliche in der Innenstadt für Angst bei den Passanten.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagt den kriminellen Jugendbanden den Kampf an: „Wenn Gruppen gewaltbereiter Jugendlicher durch Straßen ziehen, Leute anpöbeln und bedrohen, dann muss man dem sofort einen Riegel vorschieben. Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen dadurch verunsichert werden und Angst haben“, sagte Reul unserer Redaktion.
Trotz der augenscheinlichen Häufung der Taten gibt es in NRW bei der Polizei noch keine einheitliche Auswertung zu dieser Art der Kriminalität.
„Der Begriff der ,kriminellen Jugendbande‘ ist polizeilich nicht definiert. Eine Erfassung und Auswertung ist folglich weder auf Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik noch aufgrund der polizeilichen Vorgangsbearbeitungssysteme
möglich“, heißt es aus dem NRW-Innenministerium. Jugendkriminalität wird demnach von der Polizei in NRW dezentral durch die jeweils zuständige Kreispolizeibehörde bearbeitet.
Rettinghaus sieht Handlungsbedarf: „Wenn wir merken, dass es jetzt in mehreren Städten solche Banden gibt, dann müssen wir – wie wir es bei anderen Deliktsfeldern auch tun – alles zusammenfassen, damit wir auch landesweit reagieren und gegensteuern können“, sagte er.
Auch das NRW-Justizministerium erklärte auf Anfrage, dass dem Phänomen entschieden entgegengetreten werden müsse. „Das Jugendgerichtsgesetz bietet vielerlei Möglichkeiten, schnell – sogar ,auf dem Fuße‘ – auf straffällige Jugendliche einzuwirken, wenn diese Schnelligkeit erzieherisch geboten ist“, hieß es. Es verbiete sich aber jede Pauschalisierung, „sodass eine dezidierte Aussage, wie zeitnah Verfahren geführt werden sollten, nicht möglich ist“, hieß es weiter.
In Mönchengladbach wurde bei der Polizei eine kommissionsübergreifende Ermittlungsgruppe eingerichtet. Alle Straftaten eines kriminellen Jugendlichen landen bei ein und demselben Sachbearbeiter – egal ob Raub oder Schwarzfahrt. Und ein Richter wird sofort informiert, wenn der Jugendliche von der Anklage bis zum Gerichtstermin erneut straffällig wird.
Die Sicherheits- und Justizbehörden verweisen in dem Zusammenhang auch auf Präventionsprogramme wie „Kurve kriegen“für Intensivtäter, von denen es laut Innenministerium in NRW derzeit 650 gibt. „Um die müssen sich Polizei und Justiz bevorzugt kümmern, damit sie nicht erst Monate nach der Tat vor Gericht stehen und bis dahin viele weitere Taten begehen, weil niemand ihnen eine Grenze aufgezeigt hat“, betonte Maatz. Auch Reul hob das Programm „Kurve kriegen“hervor. „Aber wir wissen auch: Wenn das nicht hilft, dann müssen wir repressiv tätig werden – und das heißt verfolgen und bestrafen“, so der NRW-Innenminister.