EU intensiviert Ausbildung ukrainischer Soldaten
BRÜSSEL Nach den Bildern von den begeisterten Menschen auf den Straßen von Cherson habe für die EU das Wort „Befreiung“eine ganz andere Bedeutung bekommen, sagt Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock an diesem Montag zu Beginn eines Außenministertreffens in Brüssel. Sie bezieht es in erster Linie auf die Rückeroberung ukrainischer Gebiete durch ukrainische Streitkräfte. Die EU sei fest entschlossen, die „Menschen in der Ukraine in ihrem Befreiungskampf weiter zu unterstützen“. In Sachen Freiheit richten sich die Augen der EU-Akteure aber nicht nur auf die Ukraine. Auch Belarus und der Iran stehen in Brüssel im Fokus.
So treffen sich die Außenminister am Morgen zunächst mit der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja. Mit seiner Unterstützung für den russischen Angriffskrieg habe Machthaber Alexander Lukaschenko die Menschen in Belarus „zu Gefangenen dieses Krieges“gemacht. In jüngster Zeit seien erneut rund 300 Menschen willkürlich verhaftet, verschleppt und ins Gefängnis gesteckt worden. Sie hätten nichts anderes gewollt, als für die Zukunft ihrer Kinder zu sorgen. Mit dem Treffen will Baerbock den „mutigen Menschen“in Belarus ein Signal senden: „Wir stehen an der Seite der demokratischen Kräfte“– und jener Politiker, die „die Wahlen eigentlich gewonnen“hätten.
Auch EU-Außenbeauftragter Josep Borrell steht unter dem Eindruck der Befreiung Chersons – und auch dem ukrainischen Vorrücken auf der anderen Seite des Flusses Dnipro. Dies könne „der Wendepunkt des Krieges“sein, mutmaßt Borrell. Zugleich hat der Spanier ein Projekt nach Monaten beharrlichen Drängens über die
Ziellinie gebracht:
Die Außenminister geben an diesem Montag, die Verteidigungsminister an diesem Dienstag den Startschuss zur größten Ausbildungsmission in der Geschichte der Union. Angelegt auf zwei Jahre, sollen zunächst 15.000 ukrainische Soldatinnen und
Soldaten mit Schwerpunkt in Polen und Deutschland militärisch geschult werden.
Zwar laufen Ausbildungen von ukrainischen Kämpfern bereits seit Monaten. Doch das sind vereinzelte Mannschaften. Nun sollen ganze Kompanien, am Ende vielleicht Brigaden das lernen, was in der EU Nato-Standard ist – bei der ABC-Abwehr, der Minenbekämpfung, in der Sanität und vor allem der Einsatztaktik. Deutschland konzentriert sich auf das Training der Ausbilder, die das Gelernte in der Ukraine weitergeben können, und auf die militärstrategische Planung.
Die Vorbereitungen waren in den vergangenen Wochen beschleunigt worden in der Erwartung, dass mit dem nahenden Winter die Dynamik an der Front zurückgehen wird und beide Seiten diese Phase nutzen werden, um ihre Kräfte neu aufzustellen – und eben auch auf ukrainischer Seite, militärisch auszubilden.
Der bisherige Schwerpunkt deutscher Militärhilfe auf die Luftabwehr hat sich zuletzt ausgezahlt. Zwar richteten die russischen Angreifer massive Schäden in der ukrainischen Energieversorgung an, doch konnten auch viele der aus dem Iran besorgten Kampfdrohnen rechtzeitig abgeschossen werden. Borrell berichtete von Kontakten mit der iranischen Führung, bei denen er sowohl den Stopp der Militärhilfe
für Russland als auch ein Ende der Gewalt gegen die eigene Bevölkerung als Bedingungen der EU klargemacht habe.
Die Außenminister brachten ein weiteres Sanktionspaket gegen das iranische Regime auf den Weg. Davon getroffen würden der „engere Machtzirkel der Revolutionsgarden“und die Strukturen, die sie finanzierten, erläuterte Baerbock: 29 Personen, wie etwa der iranische Innenminister Ahmad Vahidi, und drei Organisationen. Damit umfasst die Sanktionsliste gegen den Iran nun 126 Personen und elf Organisationen. Die Arbeiten an weiteren Maßnahmen gingen weiter. „Wir senden ein erneutes und zwar unmissverständliches Signal an das iranische Regime“, unterstrich Baerbock.
„Wir stehen an der Seite der demokratischen Kräfte in Belarus“Annalena Baerbock Bundesaußenministerin