Ärzte sind offen für Ende der Isolation
Nur wer krank ist, soll zu Hause bleiben. NRW hält vorerst an der Maskenpflicht in Bus und Bahn sowie der Absonderung infizierter Personen fest. Gesundheitsminister Laumann fordert ein einheitliches Vorgehen für Fern- und Nahverkehr.
DÜSSELDORF/BERLIN Trotz hoher Fallzahlen streiten Bund und Länder über die Fortsetzung der Corona-Maßnahmen. Nun will der Ministerpräsident von SchleswigHolstein, Daniel Günther (CDU), die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen zum Jahresende auslaufen lassen. Der Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann (CDU), sieht das kritisch und fordert eine einheitliche Linie: „Ich bin der Meinung, dass man bei der Maskenpflicht in Zügen, Bussen und Bahnen sowohl im Fernverkehr als auch im ÖPNV eine einheitliche Linie braucht. Aktuell ist vom Bund eine Maskenpflicht im Fernverkehr vorgegeben, sodass wir auch in Nordrhein-Westfalen im ÖPNV an der Maskenpflicht festhalten“, sagte Laumann unserer Redaktion. Er betonte aber auch: „Sollten sich die infektiologischen Rahmenbedingungen ändern, sollten sich Bund und Länder auch möglichst gemeinsam auf Änderungen verständigen.“Einheitliche Linie bedeutet auch, dass in Fern- und Nahverkehr die gleichen Regeln gelten sollen: „Den Bürgerinnen und Bürgern wäre nur schwer zu vermitteln, warum sie in den Zügen des Fernverkehrs eine Maske tragen müssen, während das im ÖPNV nicht der Fall ist“, so Laumann weiter.
Die Länder können laut dem Infektionsschutzgesetz über die Maskenpflicht im Nahverkehr selbst entscheiden, in der Regel ist derzeit nur das Tragen einer medizinischen Maske vorgeschrieben. Der Bund ist dagegen für die Fernzüge zuständig, in denen bis zum 7. April 2023 sogar die Pflicht zum Tragen einer FFP2Maske besteht. In Flugzeugen gibt es dagegen gar keine Maskenpflicht mehr. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mahnte am Montag: Die Maskenpflicht sei notwendig. Man müsse im Winter wieder mit steigenden Fallzahlen rechnen, Menschen müssten sicher zur Arbeit kommen können.
Zugleich mehren sich die Rufe nach einem Ende der Isolationspflicht für Infizierte, die derzeit für mindestens fünf Tage gilt. Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hält eine Aufhebung für möglich: „Angesichts der zurückgehenden Infektionszahlen und überwiegend milden Krankheitsverläufen ist der Schritt von vier Bundesländern, die CoronaIsolation aufzuheben, medizinisch vertretbar. Das zeigen auch Erfahrungen anderer europäischer Länder, die diesen Schritt bereits gegangen sind“, sagte Reinhardt unserer Redaktion. So hat Österreich im Sommer die Isolation von Infizierten abgeschafft, schreibt aber für sie das Tragen einer FFP2-Maske vor.
Isolationspflichten seien weitreichende freiheitseinschränkende Maßnahmen, die zum jetzigen Zeitpunkt unverhältnismäßig seien, so der Ärztepräsident weiter. Nun komme es auf die Eigenverantwortung an: „Während einer Infektion sollte auf jeden Fall der Kontakt zu Risikogruppen vermieden werden. Bei positiver Testung muss außerhalb der Wohnung als zusätzlicher Schutz eine Maske getragen werden.“
Auch der Deutsche Hausärzteverband sieht kein Problem in der
Lockerung, der Bundesvorsitzende Markus Beier sagte: „Ob es eine gesetzlich verankerte Isolationspflicht gibt oder nicht, ist eine politische Entscheidung. Aus medizinischer Sicht muss der Leitspruch lauten: Wer krank ist, bleibt konsequent zu Hause.“Die Erfahrungen aus den Praxen zeige, dass es die Ausnahme sei, dass ein Patient zwar einen positiven Schnelltest habe, aber keine Symptome aufweise. „Wenn also jeder mit Symptomen konsequent zu Hause bleibt, dann wird nur eine sehr kleine Zahl an Menschen von einer Änderung der Isolationspflicht auch praktisch betroffen sein“, so Beier.
Selbst die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht die Zeit gekommen, zu entscheiden, ob die Pandemie beendet ist: „Bei der Isolationspflicht müssen wir konsequent vorgehen. Wenn die Pandemie für beendet erklärt ist, müssen konsequent auch Isolation, Maskenpflicht und andere Maßnahmen fallen“, sagte DKG-Chef Gerald Gaß. Corona müsse dann so behandelt werden wie andere Krankheiten. „Ist die Pandemie allerdings nicht für beendet erklärt, ist es nicht sinnvoll, einzelne Bereiche von Schutzmaßnahmen auszunehmen, andere aber nicht“, so Gaß weiter.
Die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und
Schleswig-Holstein hatten am Freitag angekündigt, die generelle Isolationspflicht für positiv Getestete aufzuheben. Lauterbach verweist dagegen darauf, dass es derzeit 1000 Todesfälle pro Woche und eine „wahrscheinlich schwere Winterwelle“gebe und man „am Vorabend einer ansteckenderen Variante“sei. Er nannte die BQ.1.1-Variante des Omikron-Typs.
Das NRW-Gesundheitsministerium pocht auf eine einheitliche Linie: „Die Landesregierung hält eine Isolierung von infizierten Personen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach wie vor für erforderlich“, erklärte es. Basis seien die Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes (RKI), das eine Isolierung empfiehlt. Aber auch NRW schließt einen Sinneswandel nicht aus: „Wir beobachten den Verlauf des Infektionsgeschehens nach wie vor genau und sind im ständigen Austausch mit Experten, ob und wann Regelungen angepasst werden müssen.“