Erst ganz heiß, dann ganz zerbechlich
Wenn Michael Kerzdörfer nicht aufpasst, landet seine Arbeit in einer Kiste voller Scherben. Denn er ist Glasbläser. Dabei stellt er ganz besondere Glasformen her.
Die Flamme erlischt erst zu Feierabend. Denn Feuer braucht Michael Kerzdörfer für seine Arbeit ständig und unbedingt. Er ist der Glasbläser der Universität Siegen. In seiner Werkstatt stellt er Gegenstände her, die im Chemielabor der Uni gebraucht werden: Becher, Trichter oder ganz bestimmte Filter. Manchmal repariert er auch solche Glasapparaturen, die bei einem Experiment kaputtgegangen sind. Immer nutzt Kerzdörfer dabei die Kraft eines Brenners. Mit Hilfe von Gas wird eine sehr heiße Flamme erzeugt. Bis zu 2000 Grad Celsius erreicht sie! Denn nur mit großer Hitze kann der Glasbläser das Glas richtig bearbeiten.
Kerzdörfer verwendet ein besonderes Glas. Es heißt Borsilikatglas und eignet sich besonders gut für Experimente im Labor. Dieses Glas hält den Kontakt mit fast allen Chemikalien aus, auch mit ätzenden Säuren. Auf der anderen Seite verunreinigt es die
Flüssigkeiten nicht wirklich. Das ist etwa wichtig, wenn flüssige Arznei in gläsernen Behältern aufbewahrt wird. In der Glasbläserwerkstatt stellt Kerzdörfer selbst kein Glas her. Er formt es aber. Als Rohmaterial lässt er sich lange Glasröhren liefern, die unterschiedlich dick sind. Diese kann er mit seinem Glasmesser in kleinere Stücke schneiden. In der heißen
Flamme lassen sie sich dann verformen. Dabei zieht der Glasbläser das weich gewordene Glas mal lang, mal staucht er es zusammen oder er bläst es kugelartig auf. Natürlich kann er auch zwei oder mehrere Werkstücke aneinanderfügen. Dabei muss jeder Handgriff gut sitzen. Als ausgebildeter Glasapparatebau-Meister weiß Kerzdörfer: „Glas verzeiht keine Fehler.“Ganz wichtig ist es, dass er das Glas in der Flamme des Brenners unentwegt dreht. Täte er das nicht, würde das Glas einfach zerfließen. „Glas ist eigentlich eine Flüssigkeit. Sie erstarrt bei Raumtemperatur“, sagt der Experte.