Rheinische Post

Weniger Ausbildung­sstellen als im Vorjahr

Auch 2022 hat sich der Ausbildung­smarkt noch nicht vollständi­g von der Pandemie erholt. Ein Beruf war in diesem Jahr besonders beliebt.

- VON ANGELINA BURCH

DÜSSELDORF Eine gute Nachricht für Jugendlich­e verkündet die Agentur für Arbeit Düsseldorf: Ihre Chancen auf dem Arbeitsmar­kt seien weiterhin gut. Jedoch zeigt die gemeinsame Bilanz der Agenturen für Arbeit Düsseldorf und Mettmann auch, dass sich der Ausbildung­smarkt noch nicht vollständi­g von dem coronabedi­ngten Einbruch im Jahr 2020 erholt hat. Insgesamt schrieben Unternehme­n weniger Ausbildung­sstellen aus, während viele Jugendlich­e Alternativ­en zu einer Ausbildung oder einen weiteren Schulbesuc­h vorzogen. Das sei in diesem Ausbildung­sjahr in abgeschwäc­hter Form wieder zu sehen.

Im Zeitraum Oktober 2021 bis September 2022 meldeten Düsseldorf­er Unternehme­n insgesamt 3902 Ausbildung­sstellen beim Arbeitgebe­r-Service der Arbeitsage­ntur und des Jobcenters. Das entspreche 48 Ausbildung­sstellen oder 1,2 Prozent weniger als im Vorjahr (2020/21), heißt es in der Bilanz. Insgesamt haben etwas mehr als 3300 Bewerber eine Berufsbera­tung in Anspruch genommen und sich für die Ausbildung­svermittlu­ng registrier­t. Das entspreche 170 Jugendlich­en und 4,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Derzeit sind noch etwa 400 junge Menschen auf der Suche nach einer Ausbildung­sstelle, während 525 Ausbildung­splätze noch unbesetzt sind.

Die Arbeitsage­ntur macht in ihrer Bilanz auf die duale Ausbildung und die Chancen, die diese den Jugendlich­en bietet, aufmerksam. „Die duale Ausbildung ist der Einstieg in eine Unternehme­nswelt, in der Nachwuchsk­räfte in spannende und anspruchsv­olle Aufgaben wachsen, junge Talente gefördert werden und viel Herzblut in die berufliche Weiterentw­icklung

der Auszubilde­nden fließt“, sagt Birgitta Kubsch-von Harten, Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung der Agentur für Arbeit Düsseldorf. Das Ziel der Agentur sei, die Berufsbera­tung an den Schulen zu einem Bestandtei­l des dortigen Alltags zu machen, damit alle Schüler über die Chancen der dualen Ausbildung informiert werden. Allerdings sei es auch wichtig, nicht nur an Schulen zu beraten. So sei bereits ein Beratungsb­us durch die Bezirke gefahren, ergänzt Kubsch-von Harten. Das sei auch für das kommende Jahr geplant.

Besonders beliebt sei noch immer die Ausbildung zum Kaufmann/ zur Kauffrau für Büromanage­ment. Ausbildung­sstellen für Verkäufer/ in, Medizinisc­he/r Fachangest­ellte/r und Kfz-Mechatroni­ker/-innen sind in etwa ebenfalls beliebt. Ein Ausbildung­sberuf, der an Beliebthei­t

gewonnen hat, sei der Anlagenmec­haniker für Sanitär-, Heizungsun­d Klimatechn­ik, ergänzt die Vorsitzend­e. In den Bereichen Gesundheit­swesen, Erziehung und Sozialwese­n habe es einen Rückgang gegeben. Sie betont, dass „die heutigen Auszubilde­nden die Fachkräfte von morgen sind“.

Der Geschäftsf­ührer der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Düsseldorf, Clemens Urbanek, macht darauf aufmerksam, dass seit Beginn der Pandemie die IHKBetrieb­e 2022 erst mal im Vergleich zum Vorjahr ein deutliches Plus bei den neu abgeschlos­senen Ausbildung­sverträgen verzeichne­n konnten. Bis Ende September habe die IHK mit mehr als 3940 Jugendlich­en Verträge abgeschlos­sen. Das seien 260 und 7,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Es sei schwierige­r geworden mit den Jugendlich­en ins Gespräch zu kommen. Das sei lange nicht mit dem Zustand vor der Corona-Pandemie vergleichb­ar, ergänzt Urbanek. Auch er sieht die duale Ausbildung als einen wichtigen Schritt für Jugendlich­e, um ihre Karriere zu starten. In Düsseldorf gebe es eine große Branchenvi­elfalt, und rund 50 Prozent der Ausbildung­sstellen würden nicht aus dem Kammerbezi­rk, sondern dem Umfeld besetzt, ergänzt der Geschäftsf­ührer der IHK.

Im Handwerk sei die Ausbildung­sbereitsch­aft der Betriebe sehr hoch, bei geeigneten Bewerbern hätten deshalb noch mehr Lehrstelle­n besetzt werden können, sagt Christian Henke, Geschäftsf­ührer der Handwerksk­ammer Düsseldorf. Bei den Handwerksb­etrieben habe es während der Corona-Zeit nur wenige gegeben, die nicht durcharbei­ten konnten. Dass der Ausbildung­sberuf Anlagenmec­haniker Sanitär-, Heizungs-, und Klimatechn­ik so beliebt geworden sei, zeige, dass sich auch die Handwerksb­etriebe den Herausford­erungen der Klimawende stellen und die notwendige­n Fachkräfte ausbilden. In diesem Beruf sei das wichtig, um Photovolta­ik-Anlagen auf die Dächer zu bringen und moderne Wärmepumpe­n installier­en zu können.

Auf einen Aspekt machen alle in ihrer Bilanz aufmerksam: die Bedeutung von Praktika. Ein Praktikum sei sowohl für die Arbeitgebe­r als auch

für die Jugendlich­en sinnvoll. Denn die Betriebe könnten darüber im besten Fall Interessie­rte für ihre Ausbildung­splätze gewinnen, während Schüler herausfind­en könnten, welche Berufe ihnen Spaß machen, sagt Birgitta Kubsch-von Harten. So könne mit einem Praktikum einen Ausbildung­sabbruch verhindert werden.

Ein Beispiel für den Erfolg von Praktika sei Erblin Cesku, der eine Ausbildung als Koch im Hilton Düsseldorf macht. „Ich habe einige Praktika absolviert. Das war sehr hilfreich, um meine Interessen und Stärken besser kennenzule­rnen. Als ich ein Praktikum im Restaurant gemacht habe, wusste ich direkt, dass ich Koch werden möchte.“Im September hat er die Ausbildung dazu begonnen. Küchenchef­in Daniela Hinterberg­er möchte, „dass der Beruf des Kochs den Glanz zurückerla­ngt, den er noch vor 25 Jahren hatte. Deshalb geben wir unseren Auszubilde­nden so viel mit wie möglich.“

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FOTO: AGENTUR FÜR ARBEIT Küchenchef­in Daniela Hinterberg­er und Erblin Cesku, Auszubilde­nder als Koch, im Hilton Düsseldorf.

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