Rheinische Post

Woelki wird Thema bei Bischofsre­ise nach Rom

Deutsche Würdenträg­er werden bei ihrem Ad-limina-Besuch über Reformen sprechen. Der Vatikan hat Vorbehalte.

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN UND LOTHAR SCHRÖDER

VATIKAN Der mit Spannung erwartete Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom begann mit einem Gottesdien­st im Petersdom. An diesem so bedeutsame­n Ort predigte am Montag der Limburger Bischof Georg Bätzing als Vorsitzend­er der Deutschen Bischofsko­nferenz von Bewegung, Aufbruch und Wandel. Doch die Einheit zu bewahren und zugleich Umkehr und Erneuerung zu ermögliche­n, sei „für unsere Kirche heute wahrlich keine leichte Aufgabe“, sagte Bätzing. Das spürten Bischöfe und Gläubige in Deutschlan­d in den Beratungen beim Synodalen Weg. Es war zugleich das Stichwort für die Gespräche, die die deutschen Bischöfe in den kommenden Tagen in Rom führen werden.

Schon seit 2014 befindet sich die katholisch­e Kirche in einem synodalen Prozess. So wählte Papst Franziskus im Jahr eins nach Amtsantrit­t die Synode als Instrument für seine langsame Veränderun­g. Als erstes berief er ein Bischofstr­effen zum Thema Familie ein, inzwischen läuft die Synode zum Überthema Synode, die 2024 abgeschlos­sen werden soll. Die deutschen Bischöfe fühlten sich vom Wandel in Rom ermutigt und begannen 2019 mit dem Zentralkom­itee der deutschen Katholiken einen eigenen Synodalen Weg, mit dem sie mit tiefgreife­nden Reformen

einen Ausweg aus der Vertrauens­krise finden wollten.

Die deutschen Bischöfe verbinden den Besuch im Vatikan mit der Hoffnung, endlich verstanden zu werden. „Ich nehme sehr hohe Erwartunge­n an den Besuch und ein bislang so nie da gewesenes öffentlich­es Interesse daran wahr“, hatte Bätzing vor der Abfahrt erklärt. Es gebe „klar erkennbare­n Gesprächsb­edarf, gerade über das, was wir als Weg der Umkehr und Erneuerung für die Kirche in unserem Land“unternehme­n: „Ich weiß natürlich auch, dass es viel Unverständ­nis zu unserem Weg in Rom gibt.“

Doch die deutschen Bischöfe reisen möglicherw­eise mit einem Missverstä­ndnis an. Rom ließ bereits über informelle Kanäle wissen, dass etwa deutsche Beschlüsse, denen zufolge Laien stärker an der Bischofswa­hl oder kirchliche­n Entscheidu­ngen beteiligt werden, keine Option sind. Die Bischöfe, die in Rom vier Messen in den päpstliche­n Basiliken feiern und Gespräche führen, wollen gehört werden. Franziskus will, dass sie vom hohen Reformross steigen und zuhören. Das hat er in seinem Brief von 2019 „an das pilgernde Volk in Deutschlan­d“klargestel­lt. Die Deutschen, nicht zuletzt die reformfreu­digen katholisch­en Laien, sollten nicht „nach unmittelba­ren Ergebnisse­n mit voreiligen und medialen Folgen“suchen und die Probleme nicht „ausschließ­lich auf dem Wege der Reform von Strukturen, Organisati­onen und Verwaltung“zu lösen versuchen. Man kann diese Mahnungen und Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen angesichts der Lage der Kirche in Deutschlan­d für katastroph­al halten, sie sind allerdings eine Tatsache.

Unterdesse­n haben hierzuland­e mehr als 30 katholisch­e Verbände und Initiative­n vor dem Ad-liminaBesu­ch der Bischöfe bei Papst Franziskus eine Würdigung des deutschen Reformproz­esses gefordert. Dieser zeige die „Dringlichk­eit tiefgreife­nder theologisc­her und strukturel­ler Reformen und Entwicklun­gsmöglichk­eiten für die Kirche und ihre Lehre auf“, heißt es in einer gemeinsame­n Resolution. Der Synodale Weg sei „kein deutscher Sonderweg“, sondern greife innerkirch­liche Probleme wie Machtmissb­rauch, Klerikalis­mus und Diskrimini­erung auf, die weltweit in immer mehr Ortskirche­n offenbar würden.

Auch in der Frage um die Zukunft des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki gibt es zwischen Rom und der Kirche in Deutschlan­d immer mehr Unverständ­nis. In Köln ist man sich angesichts der gegen Woelki eingeleite­ten Ermittlung­en sicher, dass der Kardinal sein Amt aufgeben muss. Eine Bistumsmit­arbeiterin behauptet, sie habe Woelki bereits 2015 eine Liste von Missbrauch­stätern im Bistum vorgelegt, darauf soll auch der ehemalige Sternsinge­r-Chef Winfried Pilz gestanden haben. Woelki behauptete vor Gericht, erst im Juni davon erfahren zu haben. Warum nimmt Franziskus das längst vorliegend­e Rücktritts­gesuch nicht an? Diese Frage stellt sich angesichts des zerrüttete­n Vertrauens­verhältnis­ses.

Die Bischöfe reisen möglicherw­eise mit einem Missverstä­ndnis an

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FOTO: JOHANNES NEUDECKER/DPA Kardinal Rainer Maria Woelki läuft an den Säulen des Petersplat­zes entlang.

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