In der Ruhe liegt der Frieden
Wie gefährlich ist die Lage? Diese Frage stellt sich in den fast neun Monaten seit der Großinvasion Russlands in der Ukraine immer wieder neu. Die Nato-Staaten liefern Waffen, aber wollen auf keinen Fall Kriegspartei werden. Ein Atomkrieg muss vermieden werden. Aber was, wenn Wladimir Putin Polen angriffe, wie es das Nato-Land im Osten schon lange befürchtet? Dann wäre es der Bündnisfall, bei dem alle anderen für den einen Partner einstehen.
Die Berichte von den zwei russischen Raketen, die angeblich auf polnischem Gebiet eingeschlagen sind, lösen daher naturgemäß weitreichende Ängste aus. Dass sowohl Polen als auch die USA mit Bedacht reagieren, ist ein wichtiges Signal. Es spricht viel dafür, dass es fehlgeleitete Raketen waren, die eigentlich auf dem Territorium der Ukraine niedergehen sollten. Das Horror-Szenario des Kalten Krieges, dass ein Versehen, ein Irrtum zum atomaren Schlagabtausch führt, der sich nicht stoppen lässt, scheint vorerst abgewendet zu sein.
Aber selbst, wenn sich diesmal Entwarnung andeutet, ist die Gefahr nicht gebannt. Der Krieg in der Ukraine könnte sich aus vergleichsweise nichtigen Anlässen ausweiten, wie die aktuelle Nachrichtenlage eben nur zu deutlich zeigt. Hinzu kommt aber: Wer rote Linien überschreitet, wie es Russland mit dem Ukraine-Feldzug getan hat, wer diese roten Linien offensichtlich auch bewusst testet, drängt sich nicht als Verhandlungspartner auf.
Es ist also zum einen die Ruhe, in der die Kraft liegt, die es für den Frieden braucht. Zum anderen muss der Westen wie bisher beherzt an der Seite der Ukraine stehen und auch andere Nationen überzeugen. Dafür war der G20-Gipfel auf Bali ein gutes Signal: Das Abschlussdokument verurteilt den russischen Angriffskrieg und soll mit großer Mehrheit verabschiedet werden.