Rheinische Post

Hoffnung für die Demokratie

- MARIA-SIBYLLA LOTTER Unsere Autorin ist Philosophi­e-Professori­n an der Ruhr-Universitä­t Bochum. Sie wechselt sich hier mit der Infektions­biologin Gabriele Pradel ab.

Normalerwe­ise drehen sich die „Midterm“-Wahlen in den USA um Innenpolit­ik und die Qualität lokaler Kandidaten. Aber ihr Ausgang hat oft weitreiche­nde außenpolit­ische Konsequenz­en. Diesmal auch für das Weiterbest­ehen der amerikanis­chen Demokratie. Davon wiederum hängt ab, ob andere Demokratie­n sich langfristi­g gegen aggressive Autokratie­n behaupten können. Militärisc­h ist Europa immer noch ein Zwerg. Ohne die USA gäbe es die Ukraine nicht mehr.

Bei der letzten Präsidents­chaftswahl in den USA wurde auf dramatisch­e Weise deutlich, dass eine Zerstörung der Demokratie von innen nicht nur in Ländern mit einer so kurzen demokratis­chen Tradition wie der Deutschen Weimarer Republik möglich ist.

Das politische System in den USA ist stärker, als manche in Deutschlan­d glauben. Auch eine extreme politische Polarisier­ung reicht aus, um den demokratis­chen Konsens zu untergrabe­n, dass Macht auf friedliche Weise durch demokratis­che Wahlen übertragen wird. Trump ist mehr Symptom als Ursache dieser Polarisier­ung. Mit dem ehemaligen Präsidente­n vertreten die Hälfte der republikan­ischen Politiker und die meisten ihrer Wähler heute die Mär von der gestohlene­n Wahl. Entspreche­nd wächst die politisch motivierte Gewalt. Laut einer neuen Umfrage des Institute of Politics der University of Chicago ist jeder Dritte der Meinung, es könnte bald notwendig sein, gegen die Regierung zu den Waffen zu greifen.

Jetzt gibt es ein Hoffnungsz­eichen: Die amerikanis­chen Wähler haben die Umfragen widerlegt, die einen Erdrutschs­ieg der Republikan­er ankündigte­n. Normalerwe­ise gewinnt die jeweils opposition­elle Partei die „Midterms“. Diesmal nicht. Das liegt nicht an der Begeisteru­ng für den altersschw­achen Präsidente­n Biden. Die Wähler wollten nicht, dass Vertreter der Trumpschen Wahllüge bei der nächsten Wahl als Gouverneur­e Einfluss auf das Ergebnis nehmen. Sie haben für die Verfassung und das System einer demokratis­chen Machtübert­ragung gestimmt. Die unterlegen­en Kandidaten haben das begriffen: Neue Vorwürfe der Wahlfälsch­ung wurden nicht erhoben.

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