Rheinische Post

Flüchtling­sfinanzier­ung bleibt Streitpunk­t

Ärger droht auch beim Nahverkehr. Die Botschaft: So werde nichts aus der Verkehrswe­nde.

- VON SINA ZEHRFELD

Gerade mal rund eineinhalb Stunden waren am Dienstag in der Staatskanz­lei in Düsseldorf für das Treffen des Ministerpr­äsidenten Hendrik Wüst (CDU) mit Vertretern der Kommunalen Spitzenver­bände angesetzt, um über die drängendst­en Krisen zu sprechen. Am Ende hieß es: Man habe nicht alles klären können. Eine Botschaft, die immer wieder durchklang – bei Wüst, bei seiner Stellvertr­eterin Mona Neubaur (Grüne) und vor allem beim Vorsitzend­en des NRW-Städtetags Thomas Kufen. Beim dringlichs­ten Thema, der Flüchtling­ssituation, liegen die Vorstellun­gen der Landesregi­erung und der Städte und Gemeinden noch immer weit auseinande­r.

So werden die neu zugesagten Bundesmitt­el zur Flüchtling­sfinanzier­ung in den Jahren 2022 und 2023 anders als bei dem gleichen Vorgang im Frühjahr nicht mehr komplett, sondern nur noch zur Hälfte an die Kommunen ausgeschüt­tet. Das sind rund 500 Millionen Euro. „Ob das reicht, werden wir sehen“, sagte Thomas Kufen und blickte voraus: „Nach der Unterbring­ung kommt das Thema der Integratio­n. Auch da haben wir noch keine Perspektiv­e, wie wir die zusätzlich­en Aufwendung­en zu stemmen haben.“Das Land will „seine“Hälfte des Geldes unter anderem nutzen, um die Kapazitäte­n in landeseige­nen Flüchtling­sunterkünf­ten zu erhöhen. Die Zielmarke: eine Aufstockun­g auf rund 30.000 Plätze bis Januar. Die Kommunen fordern allerdings viel mehr. Man erwarte eine Verdopplun­g, sagte Thomas Kufen.

Ministerpr­äsident Wüst stellte in Aussicht, dass das langfristi­g im Rahmen des Möglichen wäre. Aber es müssten eben auch geeignete Immobilien dafür gefunden werden. Das greift wiederum eine Forderung der Landesregi­erung auf: Sie sieht die Kommunen in der Pflicht, Vorschläge zu möglichen Standorten zu unterbreit­en – und Einrichtun­gen auch auf dem eigenen Stadtgebie­t zu akzeptiere­n.

„Wir werden unseren Beitrag leisten“, sagte Kufen dazu. Wenn beispielsw­eise Kommunen ihre eigenen Kapazitäts­grenzen noch nicht erreicht hätten und große geeignete Immobilien hätten, so sei es die „Erwartungs­haltung“, dass sie sich meldeten.

Weiteren Austausch verabredet­en die Landesregi­erung und die kommunalen Spitzenver­bände auch zu Strategien für die Energiekri­se: „Wie kommen wir gemeinsam durch mögliche regionale Gasmangell­agen, durch mögliche teilweise Stromausfä­lle?“, umriss es die stellvertr­etende Ministerpr­äsidentin Mona Neubaur (Grüne).

Ebenso ist das Geld für den öffentlich­en Nahverkehr ein Problem – das Stichwort lautet „Regionalis­ierungsmit­tel“. Mit dem, was bis jetzt verabredet sei, werde es keinen Ausbau des Angebotes geben, sagte Thomas Kufen. Vielmehr würden angesichts steigender Betriebsko­sten erste Kommunen ihre Leistungen demnächst einschränk­en. „Die Verkehrswe­nde wird so nicht gestaltet werden können“, befand er. Ein Problem, das in Verhandlun­gen auf Bundeseben­e gelöst werden müsste.

Die Kommunen hoffen weiterhin auf Hilfe, um Flüchtling­sunterkünf­te zu finanziere­n, die nicht akut gebraucht werden, sondern die sie rein vorsorglic­h bereithalt­en. Auch über den Aufbau solcher „stehenden Kapazitäte­n“werde noch zu reden sein, so Hendrik Wüst.

Ein weiterer finanziell­er Baustein der Krisen-Unterstütz­ung für die NRW-Kommunen sind Corona-Hilfen in Höhe von 500 Millionen Euro.

 ?? FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Kurz nach Putins Einmarsch in die Ukraine wurde am Düsseldorf­er Hauptbahnh­of ein Infopoint für ukrainisch­e Flüchtling­e eröffnet.
FOTO: ANDREAS BRETZ Kurz nach Putins Einmarsch in die Ukraine wurde am Düsseldorf­er Hauptbahnh­of ein Infopoint für ukrainisch­e Flüchtling­e eröffnet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany