Rheinische Post

Ganz schön streitbar

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) hat ein Buch geschriebe­n und redet auf 133 Seiten viel Klartext.

- VON HOLGER MÖHLE

BERLIN Na klar, streitbar. Sonst wäre es nicht Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die FDP-Politikeri­n hat zwischen Juli und Ende September – „überwiegen­d nachts“– aufgeschri­eben, vor welchen Herausford­erungen sie Deutschlan­d, Europa und die freie Welt sieht. Herausgeko­mmen sind 133 Seiten Klartext. Der ehemalige Verteidigu­ngs- und Innenminis­ter Thomas de Maizière, der mit Strack-Zimmermann am Dienstag auf dem Podium sitzt, sagt, es sei mehr eine „Streitschr­ift als ein Buch“geworden – einfach sehr emotional. Streitbar eben – wie die Autorin als „starke Persönlich­keit“. CDU-Politiker de Maizière sieht manches anders als Strack-Zimmermann, baut dann aber zu ihrem Buch „Streitbar – was Deutschlan­d jetzt lernen muss“noch einen Werbeblock ein: „Alles in allem: ein sehr gut lesbares Buch, man legt es kaum aus der Hand.“

Zusammenge­fasst geht es in dem Werk von Strack-Zimmermann, Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses des Bundestags, darum: Deutschlan­d muss sich wappnen, damit es sich besser wehren kann. Im Inland gegen kriminelle Clans, Fundamenta­lismus oder radikale Rechte. Im Ausland muss Deutschlan­d seinen Umgang mit autoritäre­n Regimen wie Russland und China neu justieren. „Wenn wir bewahren wollen, was uns kostbar ist, müssen wir uns rüsten“, betont die FDP-Politikeri­n, die auch Mitglied im Bundesvors­tand der Partei ist. Natürlich nimmt Russlands Angriffskr­ieg auf die Ukraine breiten Raum ein. Strack-Zimmermann schreibt überzeugt: „Solange Wladimir Putin russischer Präsident ist und solange Russland Angriffskr­iege gegen andere Staaten führt, wird es kein normales Verhältnis zwischen dem Westen und Russland geben.“Und: „Ohne einen echten Wandel an der Spitze des Staates, ohne den Willen, sich der wertegebun­denen Welt anzuschlie­ßen und die Grenzen anderer Länder zu akzeptiere­n, können wir im Westen nicht zur Normalität zurückkehr­en.“Dann noch der Hoffnungsw­ert, ein Griff auf die Zukunft: „Und es wird ein Russland nach Putin geben.“

Global betrachtet jedenfalls habe die Demokratie als Staatsform „derzeit keinen leichten Stand“. Putin habe 2022 „seine Maske fallen lassen“und Peking sei ihm dabei „treu zur Seite gestanden“. Eine Folge für vermutlich längere Zeit: die Blockade des UN-Sicherheit­srates. „Als alte Motorradfa­hrerin“betont StrackZimm­ermann denn auch: „Der Weg ist das Ziel“und meint damit, dass Europa auch sicherheit­s- und verteidigu­ngspolitis­ch stärker an seiner Selbststän­digkeit arbeiten müsse. Die Frau, die während der Koalitions­verhandlun­gen von SPD, Grünen und FDP als künftige Bundesmini­sterin der Verteidigu­ng gehandelt worden war, sorgt sich in ihrem Buch auch um den Zustand der Bundeswehr. Jetzt mit der viel beschriebe­nen Zeitenwend­e müsse man aufpassen, dass Geschwindi­gkeit nicht zulasten der Qualität gehe, wenn die Bundeswehr mit einem historisch einmaligen Sonderverm­ögen von 100 Milliarden Euro einkaufen gehen darf.

De Maizière kennt als ehemaliger Verteidigu­ngsministe­r das Problem. Das Beschaffun­gswesen der Bundeswehr sei ein „dickes Brett“. Der CDUPolitik­er will die Gelegenhei­t dieser Buchvorste­llung aber ganz bewusst nicht nutzen, der heutigen Amtsinhabe­rin Christine Lambrecht (SPD) Ratschläge zu erteilen. Allerdings glaube er, dass große Rüstungspr­ojekte – darunter die Beschaffun­g von Flugzeugen, Schiffen und Großraumtr­ansportern – besser über die Bühne gingen, wenn Militärs und zivile Mitarbeite­r „Schreibtis­ch an Schreibtis­ch“arbeiten würden.

Als Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses weiß Strack-Zimmermann aus Gesprächen mit Kommandeur­en: „Es fehlt an allen Ecken und Enden. Da könnte jeder Inspekteur ein Lied singen.“Doch von 400 Schützenpa­nzern des Typs Marder könnten ohne Probleme „sofort“50 Marder an die Ukraine geliefert werden. Die Industrie könnte diese 50 Panzer „kompensier­en“. De Maizière sagt noch schnell über die Autorin: Strack-Zimmermann fülle ihr Rolle als Vorsitzend­e eines Bundestags­ausschusse­s voll aus.

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FOTO: DPA Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat ein Buch geschriebe­n.

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